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Rechnungslegung/Jahresabschluss
   

Offenlegung des Jahresabschlusses: Angaben zur Bildung eines Aufsichtsrats und zur Erstellung von Aufsichtsratsberichten

Christian Thurow

BverfG, Entscheidung vom 9.1.2014, 1 BvR 299/13

 

„Wo kein Kläger, da kein Richter.” Diese alte Spruchweisheit wurde vom Bundesverfassungsgericht in einem aktuellen Urteil einmal mehr bestätigt. Zwar schreibt das Drittelbeteiligungsgesetz (DrittelbG) für viele Rechtsformen die Bildung eines Aufsichtsrats vor, wenn eine bestimmte Mitarbeiteranzahl dauerhaft beschäftigt wird. Doch tritt diese Rechtsnorm nur in Kraft, wenn sich u.a. Unternehmensführung oder Belegschaft darauf berufen.

 

 

Praxis-Info!

 

 Problemstellung

Eine GmbH mit mehr als 500 Mitarbeitern wurde mit einem Ordnungsgeld belegt, weil die beim Bundesanzeiger zur Veröffentlichung eingereichten Jahresabschlussunterlagen keinen Bericht des Aufsichtsrats enthielten (siehe § 325 Abs. 1 Satz 3 HGB). Allerdings hatte die GmbH zu diesem Zeitpunkt keinen Aufsichtsrat bestellt, obwohl die in § 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG genannte Mitarbeiterzahl überschritten war. Die Klage der GmbH gegen das Ordnungsgeld beruhte auf zwei zentralen Argumenten:

  • Da kein Aufsichtsrat bestellt war, konnte auch kein Bericht des Aufsichtsrats veröffentlicht werden.
  • Die Einrichtung eines Aufsichtsrats setzt die Durchführung eines sog. Statusverfahrens voraus. Es besteht keine Verpflichtung der Unternehmensführung, von sich aus ein solches Verfahren einzuleiten. Somit bestand auch keine Pflicht, einen Aufsichtsrat einzurichten.

 

 

Lösung

In dem bis zum Bundesverfassungsgericht eskalierten Verfahren haben sich die Verfassungsrichter in den beiden zentralen Punkten der Argumentation des Klägers angeschlossen. Das gemäß § 335 HGB festgesetzte Ordnungsgeld ist sowohl als Beugemittel als auch als repressive strafähnliche Sanktion einzuordnen. Da im betroffenen Zeitraum kein Aufsichtsrat eingerichtet war, kann die GmbH die Einreichung eines Berichts des Aufsichtsrats substanziell nicht mehr nachholen. Die Funktion des Ordnungsgeldes als Beugemittel läuft somit ins Leere. Es verbleibt demnach nur die Funktion des Ordnungsgeldes als strafähnliche Sanktion.

Gemäß Art. 103 Abs. 2 GG (Grundgesetz) kann eine Tat nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit im Vorfeld gesetzlich bestimmt war. Im Ausgangsfall wird durch das Ordnungsgeld aber die Nichtvorlage des Berichts eines nicht existierenden Aufsichtsrats sanktioniert. Hier kommt es zu einer Ausweitung des Ordnungsgeldtatbestands, welche für den Kläger nicht vorhersehbar war. Eine periodenübergreifende Beugewirkung, bei der durch Festsetzung eines Ordnungsgeldes für eine vergangene Jahresabschlussperiode die Einrichtung eines Aufsichtsrats für die Zukunft erzwungen werden soll, scheitert an der Periodenbezogenheit der §§ 325 ff. HGB.

Des Weiteren war die GmbH nicht zur Einrichtung eines Aufsichtsrats verpflichtet. Nach § 27 EGAktG sind bestimmte Vorschriften des AktG auch auf GmbHs anwendbar. Gemäß dem Kontinuitätsprinzip (§ 96 Abs. 2 AktG) kann ein Aufsichtsrat nur eingerichtet werden, wenn das in den §§ 97 bis 99 AktG geregelte Statusverfahren durchgeführt wurde. Es besteht aber keine gesetzliche Verpflichtung, ein solches Statusverfahren einzuleiten. Solange keiner der in § 98 AktG genannten Antragsberechtigten (z.B. Aktionäre, Betriebsrat, mindestens 10% oder 100 Arbeitnehmer) die Einleitung des Statusverfahrens beantragt, kann es nicht zu einer erstmaligen Bildung eines Aufsichtsrats kommen. Oder anders ausgedrückt: § 1 DrittelbG gibt den Mitarbeitern zwar das Recht zur Mitbestimmung; ob von diesem Recht aber Gebrauch gemacht wird, liegt an den Mitarbeitern selbst.

Da im Ausgangsfall kein Antrag auf Einleitung eines Statusverfahrens vorlag, war die GmbH rechtlich nicht zur Bildung eines Aufsichtsrats verpflichtet. Somit kann auch rechtlich keine Pflicht zur Einreichung des Berichts des Aufsichtsrats beim Bundesanzeiger bestehen.

 

 

Praxishinweis:

Durch das DrittelbG können (auf Antrag) auch Rechtsformen wie KGaA, GmbH und VVaG zur Bildung eines Aufsichtsrats verpflichtet werden. Dies hat verschiedene Auswirkungen auf den Jahresabschlusserstellungsprozess: So ist neben der Einreichung des oben genannten Berichts des Aufsichtsrats beim elektronischen Bundesanzeiger auch zu beachten, dass der Aufsichtsrat in der Regel für die Bestellung des Abschlussprüfers verantwortlich ist.

Der Jahresabschluss ist dem Aufsichtsrat zur Prüfung vorzulegen und kann von diesem festgestellt werden.

 

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Operational Risk Manager Corporate Finance, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)

 

 

BC 5/2014

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