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Rechnungslegung/Jahresabschluss
   

„Sale-and-lease-back“-Geschäfte: Zur wirtschaftlichen Zurechnung des Leasinggegenstands

Christian Thurow

FG Münster, Urteil vom 11.12.2014, 5 K 3068/13 F (Revision zugelassen)

 

Das Sale-and-lease-back-Verfahren ist ein beliebtes Mittel zur Verbesserung der kurzfristigen Liquiditätslage und diverser Bilanzkennzahlen. Doch wie bei allen Leasinggeschäften ist auch hier genau auf die Vertragsgestaltung zu achten. Ansonsten müssen die Wirtschaftsgüter weiterhin beim Leasingnehmer bilanziert werden. Auch beim Leasing gilt: pacta sunt servanda – Verträge müssen eingehalten werden.

 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Die Q-GmbH (Leasingnehmer) verkaufte mehrere elektronische Informationssysteme – bestehend aus Plasmabildschirmen, Medienrechnern und Wandhalterungen – an die A-KG (Leasinggeber) und mietete sie anschließend zurück (Sale-and-lease-back-Verfahren). Der Vertrag sah eine Leasinglaufzeit von 48 Monaten (vier Jahre) vor. Des Weiteren beinhaltete der Vertrag folgende Punkte:

  • Eine Standortveränderung des Leasinggegenstands war nur mit schriftlicher Genehmigung des Leasinggebers gestattet.
  • Der Leasinggeber kann den Leasinggegenstand nach Absprache mit dem Leasingnehmer besichtigen.
  • Der Leasingnehmer allein trägt die Gefahr des Untergangs, Verlusts etc.
  • Der Leasinggeber kann den Leasinggegenstand nach der Laufzeit dem Leasingnehmer zu festgesetzten Konditionen andienen.

Die A-KG bilanzierte die Informationssysteme in ihrem Anlagevermögen und unterwarf sie der AfA. In späteren Jahren mussten sowohl Leasinggeber als auch Leasingnehmer Insolvenz anmelden.

Bei den in der Insolvenzphase eingereichten Steuererklärungen der A-KG erkannte das Finanzamt den AfA-Abzug nicht an, da aus Sicht der Behörde der Leasinggegenstand beim Leasingnehmer zu bilanzieren sei. Die Gründe hierfür sind u.a.:

  • Die Leasinggegenstände sind technisch schnell überholt.
  • Die Leasingdauer übersteigt die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer für Computer und Monitore laut AfA-Tabelle.
  • Auch ist die Rückkaufverpflichtung so gestaltet, dass ein Verkauf an den Leasingnehmer nach Ablauf der Mietzeit als wahrscheinlich erscheint.
  • Ferner trägt der Leasingnehmer zudem das Risiko der Wertminderung.

In ihrem Einspruch wirft die A-KG dem Finanzamt vor, sich nur auf die Frage nach dem wirtschaftlichen Eigentümer zu konzentrieren. Die Wirtschaftsgüter hätten nach Ablauf der Mietzeit auch anderweitig verwendet werden können. Durch die Insolvenz der Q-GmbH sei die Rückgabeverpflichtung ohnehin gegenstandslos. Auch liege die tatsächliche Nutzungsdauer von Plasmabildschirmen über der in der AfA-Tabelle genannten Nutzungsdauer. Ferner sollte die Insolvenz der Q-GmbH dahingehend beachtet werden, dass eine Umqualifizierung von Anlagevermögen in Forderungen zu einer wertlosen Forderung führen würde.

 

 

Lösung

Das Finanzgericht (FG) Münster schließt sich in seinem Urteil der Auffassung des Finanzamts an. Der Leasinggegenstand ist wirtschaftlich nicht dem Leasinggeber, sondern dem Leasingnehmer zuzurechnen, wofür u.a. die folgenden Argumente sprechen:

  • Entscheidend für die Erlangung des wirtschaftlichen Eigentums ist nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO, dass die tatsächliche Herrschaft über das Wirtschaftsgut ausgeübt werden kann. Maßgeblich bei der Beurteilung ist der bei Vertragsabschluss zu erwartende normale Verlauf der Vertragsabwicklung. Außergewöhnliche Ereignisse wie die Insolvenz des Leasingnehmers sind nicht mit zu berücksichtigen.
  • Im Ausgangsfall ist das wirtschaftliche Eigentum bei der Q-GmbH verblieben. Die Q-GmbH konnte das Wirtschaftsgut vollumfänglich und uneingeschränkt nutzen. Der A-KG stand lediglich das Recht zur Inspektion des Leasinggegenstands zu – und auch dies erst nach vorheriger Absprache mit der Q-GmbH.
  • Auch wenn die Q-GmbH den Standort des Leasinggegenstands nur nach vorheriger Zustimmung der A-KG verändern durfte, führt dies noch nicht zur Möglichkeit einer Einwirkung auf das Wirtschaftsgut im Sinne des § 39 AO. Hierdurch kann die A-KG nämlich weiterhin nicht über das Wirtschaftsgut verfügen.
  • Die Q-GmbH trägt das Risiko des Wertverlusts. Bei normalem Vertragsverlauf ist auch davon auszugehen, dass der Leasinggeber von seinem Andienungsrecht Gebrauch macht und der Leasinggegenstand nach dem Ende der Grundmietzeit beim Leasingnehmer verbleibt.
  • Dass die A-KG kein wirtschaftlicher Eigentümer war, zeigt sich auch an der Tatsache, dass sie nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens keinen Zugriff auf die Leasinggegenstände erhielt. Sie weiß noch nicht einmal, wo sich die Leasinggegenstände befinden. Denn trotz ihrer Rechte bezüglich der Einschränkung der Standortwahl hat es die A-KG versäumt nachzuhalten, wo die Leasinggegenstände aufgestellt wurden. Sie hat sich nach Eröffnung der Insolvenz noch nicht einmal darum bemüht, wieder in den Besitz der Leasinggegenstände zu kommen.

Unter Beurteilung der genannten Punkte ist der Leasinggegenstand weiterhin beim Leasingnehmer zu bilanzieren. Es liegt somit ein Kreditgeschäft vor. Daher muss die A-KG die erhaltenen Leasingraten in einen Zins- und Tilgungsanteil aufteilen und die AfA stornieren.

 

 

Praxishinweise:

  • Das Sale-and-lease-back-Verfahren dient normalerweise der Liquiditätssteuerung. Eine dauerhafte, tatsächliche Übereignung des Wirtschaftsguts an den Leasinggeber ist dabei in der Regel gar nicht beabsichtigt. So hat der Leasinggeber häufig kein eigenes Interesse an dem Leasinggegenstand, was dazu führt, dass der Leasinggegenstand nach Ablauf des Sale-and-lease-back-Verfahrens beim Leasingnehmer verbleibt. Das Urteil des FG Münster (Revision zugelassen) könnte hier zu neueren, strengeren Maßstäben bei der Vertragsgestaltung führen.
  • Aus dem Urteil wird deutlich, dass der Leasinggeber seine vertraglichen Rechte auch tatsächlich wahrnehmen muss. Im Ausgangsfall hat die A-KG weder die Standorte der Leasinggegenstände nachgehalten, noch von ihren Inspektionsrechten Gebrauch gemacht.
  • Aus einem weiteren aktuellen Urteil des FG Münster vom 11.12.2014 (5 K 79/14 U) geht hervor, dass bei Vorliegen eines Kreditgeschäfts – also wenn der Leasinggegenstand weiterhin beim Leasingnehmer bilanziert wird – die Leasingraten als Entgelte für steuerfreie Kreditgewährungen anzusehen sind. Ein Vorsteuerabzug ist hier ausgeschlossen.

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Lead Auditor Europe in der Internen Revision, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)

 

 

BC 4/2015

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