BFH-Beschluss vom 19.6.2015, III B 2/14
Herstellungskosten für ein Gebäude sind mit den für dieses Gebäude maßgebenden AfA-Sätzen abzusetzen. Die kürzere Laufzeit eines Pachtvertrags ist hierbei unmaßgeblich.
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Problemstellung
Ein sanierungsbedürftiges Gebäude wurde – unter Familienmitgliedern – verpachtet. Im Laufe der Pachtzeit hatte der Pächter (Vater) eine Komplettsanierung des Gebäudes vorgenommen. Mit Ablauf des Pachtvertrags sollten die Pächterum- und -einbauten entsprechend ihrer Restwerte gegen Entgelt an die Verpächterin (Tochter) übergehen. Der Pachtvertrag wurde bereits einmal verlängert.
Die Herstellungskosten erfasste der Pächter in seinem Anlagevermögen und schrieb sie über die kürzere Pachtdauer ab. Begründung: Der Pachtvertrag enthalte kein Optionsrecht zur Verlängerung der Nutzungsdauer. Deshalb könne ein Mieter aufgrund der zeitlichen Beschränkung des zwischen ihm und dem Grundstückseigentümer abgeschlossenen Pachtvertrags eine kürzere AfA entsprechend § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG zugrunde legen.
Das Finanzamt behandelte die Aufwendungen des Pächters für die Komplettsanierung des Gebäudes nach den Grundsätzen der Gebäudeabschreibung und nicht wie zuvor nach der kürzeren Pachtdauer.
Diese Auffassung teilte auch das vorinstanzliche Finanzgericht. Eine besondere betriebstypische Beanspruchung, die zu einer Verkürzung der wirtschaftlichen oder technischen Nutzungsdauer führen könne, sei nicht ersichtlich. Angesichts der flexiblen Vertragsanpassung, die unter fremden Dritten nicht denkbar sei und nur durch das Verwandtschaftsverhältnis der Vertragspartner erklärt werden könne, sei davon auszugehen, dass das Nutzungsverhältnis auch künftig verlängert werde.
Lösung
Nach den Einschätzungen des Finanzgerichts sei davon ausgegangen worden, dass das Nutzungsverhältnis künftig verlängert werde. Demnach ist – wie bei Einräumung einer Verlängerungsoption – von einer längeren als der vereinbarten Pachtzeit auszugehen.
Darüber hinaus ist zu beachten: Herstellungskosten für ein Gebäude sind mit den für dieses Gebäude maßgebenden AfA-Sätzen und nicht nach der mutmaßlichen kürzeren Dauer des Pachtverhältnisses abzusetzen. § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG stellt ausdrücklich auf die (voraussichtliche) tatsächliche Nutzungsdauer des Gebäudes und nicht auf eine davon gegebenenfalls abweichende kürzere Dauer des Miet- oder Pachtverhältnisses ab. Kommt es auf die Pachtdauer aber nicht an, so ist unerheblich, ob sie aufgrund einer Option vom Pächter verlängert werden könnte.
Ein Steuerpflichtiger kann sich (gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG) zudem auf eine die technische Nutzungsdauer unterschreitende wirtschaftliche Nutzungsdauer nur berufen, wenn das Wirtschaftsgut vor Ablauf der technischen Nutzungsdauer objektiv wirtschaftlich verbraucht ist. Ein wirtschaftlicher Verbrauch ist nur anzunehmen, wenn die Möglichkeit einer wirtschaftlich sinnvollen (anderweitigen) Nutzung oder Verwertung endgültig entfallen ist. Daran würde es im Streitfall schon deshalb fehlen, weil die Verpächterin nach der Vertragsänderung den Zeitwert der Mietereinbauten zu vergüten hat; denn die Erzielung eines erheblichen Veräußerungserlöses steht einem wirtschaftlichen Verbrauch entgegen.
Handelt es sich bei Mietereinbauten nicht um Erhaltungsaufwendungen, sondern um anschaffungsnahe Herstellungskosten, liegt ein aktivierungspflichtiges Wirtschaftsgut vor. Entscheidend ist hierbei, ob beim Mieter ein wirtschaftliches Eigentum entsteht. Dies ist in folgenden Fällen gegeben: - Der Mieter erhält (wie im vorliegenden Streitfall) nach Beendigung des Mietverhältnisses einen Ersatz für seine Einbauten in Höhe des Restwerts.
- Die Einbauten sind nach Ablauf des Mietvertrags wirtschaftlich verbraucht.
- Der Mieter muss bei Auszug die von ihm vorgenommenen Einbauten wieder entfernen.
In diesen Fällen sind die AfA-Sätze des Gebäudes maßgebend. Auch unselbstständige Gebäudeteile, wie Fahrstuhlanlagen, Heizungsanlagen, Be- und Entlüftungsanlagen, dürfen gemäß der BFH-Rechtsprechung in der Regel nur noch einheitlich mit dem Gebäude abgeschrieben werden. Lediglich die selbstständigen Gebäudeteile können auch weiterhin gesondert bilanziert und abgeschrieben werden. Zu diesen zählen (nach den bewertungsrechtlichen Grundsätzen) die Betriebsvorrichtungen, welche einkommensteuerrechtlich den beweglichen Anlagegütern gleichzustellen sind (R 4.2 Abs. 3 ff. EStR, H 4.2 (3) EStH und H 7.1 EStH). Hierzu gehören nicht nur Maschinen und maschinenähnliche Vorrichtungen, sondern vielmehr alle Vorrichtungen, mit denen ein Gewerbe unmittelbar betrieben wird. Das können sogar selbstständige Bauwerke oder Teile von Bauwerken sein, die nach den Regeln der Baukunst geschaffen sind, z.B. Schornsteine, Öfen, Kanäle etc. Betriebsvorrichtungen können hinsichtlich der handelsrechtlichen Klassifizierungen (gemäß § 266 HGB) sowohl „Technische Anlagen und Maschinen” als auch „Andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung” sein. Die Abschreibung der Betriebsvorrichtungen richtet sich somit nicht nach den Grundsätzen der Gebäude-AfA (vgl. Jüttner, BC 2010, 99 ff., Heft 3). |
[Anm. d. Red.]
BC 9/2015
becklink371572