FG Köln, Urteil vom 29.4.2015, 13 K 2435/09 (Revision zugelassen)
Eine Überversorgung führt dann zur Kürzung der Pensionsrückstellung, wenn die Versorgungsanwartschaft zusammen mit der Rentenanwartschaft aus der gesetzlichen Rentenversicherung 75% der am jeweiligen Bilanzstichtag bezogenen Aktivbezüge übersteigt.
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Problemstellung
Der Geschäftsführeranstellungsvertrag eines Alleingesellschafters einer GmbH wurde im Jahr 1997 um eine Versorgungszusage ergänzt. Nach dieser gewährt die GmbH dem Gesellschafter-Geschäftsführer ein lebenslängliches Ruhegeld in Höhe von monatlich rund 20.000 DM nach vollendetem 65. Lebensjahr. Bei vorzeitigem Ausscheiden vor Eintritt eines Versorgungsfalles bleibt ihm eine sofortige unverfallbare Anwartschaft erhalten. Die GmbH hatte sich allerdings vorbehalten, die zugesagten Leistungen unter bestimmten Voraussetzungen zu kürzen (z.B. wesentliche Veränderung der steuerrechtlichen Behandlung der Aufwendungen, die zu einer unzumutbaren Belastung für das Unternehmen werden könnten).
Für die Pensionszusage ist eine Rückstellung gebildet worden, die jährlich um die erdienten Ansprüche erhöht wurde.
Im Jahr 2000 wurde das Gehalt des Gesellschafter-Geschäftsführers halbiert, u.a. wegen zunehmender Tätigkeiten für ein anderes Unternehmen. Mit Änderungsvertrag vom 23.11.2001 erfolgte eine Herabsetzung des Geschäftsführergehalts zum 1.12.2001 auf 0 DM. Durch Gesellschafterbeschluss vom 7.10.2005 wurde schließlich die Pensionsrückstellung auf den Stand 31.12.2004 eingefroren.
Unter Berücksichtigung des Beschäftigungsgrads auf 0 ab dem 30.11.2001 stellte das Finanzamt eine Überversorgung fest, da die Versorgungsanwartschaft 75% der am Bilanzstichtag bezogenen Aktivbezüge überstieg. Bei Überschreiten dieser Grenze sei die gebildete Rückstellung zu korrigieren. Anhand eines Gutachtens zur Ermittlung der Versorgungsobergrenze nahm daher das Finanzamt eine drastische rechnerische Kürzung der Pensionsrückstellung von über 50% in den Jahren 2003 bis 2005 vor.
Ein Überschreiten der 75%-Versorgungsgrenze ist nur in Ausnahmefällen zulässig, wenn sich der Grad der Beschäftigung ändert (Reduzierung der Arbeitszeit bei Teilzeitbeschäftigung) oder bei einer Barlohnumwandlung. |
Lösung
Das Finanzamt hat zu Recht die von der GmbH gebildeten Pensionsrückstellungen zu den hier betroffenen Bilanzstichtagen entsprechend dem Berechnungsschema in dem BMF-Schreiben vom 3.11.2004 (BStBl. I 2004, 1045) gekürzt. In der nicht an die Gehaltsreduzierung angepassten Pensionszusage ist insoweit eine unzulässige Vorwegnahme künftiger Einkommensentwicklungen im Sinne der Rechtsprechung des BFH zu sehen. Dies entspricht dem Sinn und Zweck des § 6a EStG.
Eine Überversorgung führt dann zur Kürzung der Pensionsrückstellung, wenn die Versorgungsanwartschaft zusammen mit der Rentenanwartschaft aus der gesetzlichen Rentenversicherung 75% der am jeweiligen Bilanzstichtag bezogenen Aktivbezüge übersteigt. Die 75%-Grenze gilt nicht nur für entgeltabhängige Versorgungszusagen (prozentuale Abhängigkeit vom letzten bezogenen Aktivgehalt). Auch für die Zusage einer Versorgung in Festbeträgen ist nur dann eine Rückstellung gemäß § 6a EStG anzuerkennen, wenn diese Grenze eingehalten wird.
Zu den maßgeblichen Bilanzstichtagen vom 31.12.2003 bis 2005 bezog der Geschäftsführer der GmbH keine laufenden Aktivbezüge (mehr). In Bezug auf diese Bilanzstichtage lag damit ein völliger Barlohnverzicht vor; es gab kein Verhältnis von Aktiv- zu Ruhebezügen mehr. Anhaltspunkte für eine nur vorübergehende Verminderung der Arbeitsleistung und des Gehalts (z.B. aufgrund einer Verschlechterung der Wirtschaftslage des Unternehmens) bestanden im Streitfall nicht. Vielmehr ist ausdrücklich die Verlagerung der Arbeitstätigkeit in das Einzelunternehmen des Geschäftsführers als eine von mehreren Ursachen für die (andauernde) Herabsetzung des Arbeitslohns auf null Euro festzustellen.
Im vorliegenden Streitfall war die Bilanz zum 31.12.2003 die erste noch offene Schlussbilanz. Es ist daher gleichgültig, ob die Überversorgung bereits in den Jahren 2001 oder 2002 vorlag, weshalb die Pensionsrückstellung in diesen Bilanzen gewinnerhöhend hätte aufgelöst werden müssen. Wegen Festsetzungsverjährung durften die Jahre 2001 und 2002 nicht mehr geändert werden; folglich konnten auch die den Veranlagungen zugrunde liegenden Bilanzen nicht mehr korrigiert werden.
Steuerrechtlich werden Pensionsrückstellungen für beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer nur unter Zugrundelegung einer angenommenen Pensionsaltersgrenze nach der gesetzlichen Regelaltersgrenze anerkannt. Gerundet auf volle Jahre sind dies: - Alter 65 für Geburtsjahrgänge bis 1952,
- Alter 66 für Geburtsjahrgänge 1953 bis 1961 und
- Alter 67 ab Geburtsjahrgang 1962 (R 6a Abs. 8 EStR).
Die Pensionszusage muss ernsthaft, erdienbar, finanzierbar und angemessen sein. Des Weiteren hat sie das Nachzahlungsverbot zu erfüllen (keine nachträgliche, auf abgeleistete Dienstjahre entfallende Pensionszusage oder -erhöhung). Der Eintritt eines Versorgungsfalls darf nicht die Überschuldung des Unternehmens verursachen (Grottel/Rhiel, Beck´scher Bilanz-Kommentar, § 249 HGB, 9. Auflage 2014, Rn. 241). Darüber hinaus muss die Zusage vor dem 60. Lebensjahr erteilt sein. Die 10-Jahresfrist (10 Jahre vor der festgelegten Altersgrenze) ist auf Zusageerteilungen nach dem 8.7.1995 anzuwenden. Die Zusage einer Nur-Pension – dies gilt für alle Arbeitnehmer – führt zu einer Überversorgung, wenn dem keine (ernsthaft vereinbarte) Entgeltumwandlung zugrunde liegt. Insoweit kommt steuerrechtlich keine (oder nur eine gekürzte) Pensionsrückstellung in Betracht. |
[Anm. d. Red.]
BC 8/2015
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