FG Düsseldorf, Urteil vom 23.2.2016, 10 K 2708/15 F (rkr.)
Ist der Abbruch eines Gebäudes bei Erwerb bereits beabsichtigt gewesen, handelt es sich bei den Abbruchkosten und den Restbuchwerten der abgebrochenen Gebäude um Herstellungskosten des an dieser Stelle neu errichteten Gebäudes. Die angefallenen Abbruchkosten dürfen nicht als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben behandelt werden.
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Problemstellung
Eine GmbH & Co. KG verwaltet ihren eigenen Grundbesitz. Eine ihrer Kommanditistinnen hatte ihre Gesellschaftereinlage dadurch erbracht, dass sie Grundstücke als Sonderbetriebsvermögen zu Buchwerten auf die Gesellschaft übertrug (tauschähnlicher Vorgang). Bereits bei Erwerb der Grundstücke hatte die GmbH & Co. KG die Absicht, die aufstehenden Gebäude abzureißen und zwei neue Einkaufsmärkte zu errichten.
Für die durch den Abbruch untergegangene Bausubstanz nahm sie sodann Absetzungen für außergewöhnliche Abnutzung (AfaA) vor. Diese und die Abbruchkosten (81.500 €) machte sie als sofort abziehbare Betriebsausgaben geltend. Begründung: Es handle sich nicht um einen Anschaffungsvorgang. Ein Erwerb liege nur bei einem entgeltlichen Rechtsgeschäft vor. Auch ein unentgeltlicher Vorgang oder eine Einlage in das Betriebsvermögen sei nicht gegeben. Die Grundstücke seien lediglich von einem Sonderbetriebsvermögen in ein Gesamthandsvermögen übergegangen (§ 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG).
Das Finanzamt folgte dem nicht. Es behandelte die Restbuchwerte der abgebrochenen Gebäude und die Abbruchkosten als Herstellungskosten der neuen Gebäude. Die aktivierten Restbuchwerte der Gebäude und die Abbruchkosten dürften nur im Umfang der insoweit zu gewährenden Absetzung für Abnutzung (AfA) berücksichtigt werden.
Lösung
Nach Auffassung des Finanzgerichts liegen Herstellungskosten der neuen Gebäude vor, die über deren Nutzungsdauer linear abgeschrieben werden könnten. Die AfA ist in gleichen Jahresbeträgen vorzunehmen (lineare AfA gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 EStG); die liegt bei zum Betriebsvermögen gehörenden Gebäuden (Stellung des Bauantrags nach dem 31.3.1985) bei 3% jährlich.
Wenn der Steuerpflichtige ein technisch oder wirtschaftlich noch nicht verbrauchtes Gebäude in der Absicht erwirbt, es abzubrechen und an dieser Stelle ein neues Gebäude zu errichten, dann ist die Vernichtung des alten Gebäudes Voraussetzung für die Errichtung des neuen Gebäudes. Damit besteht zwischen dem Abbruch des Gebäudes und der Herstellung des neuen Wirtschaftsgutes ein enger wirtschaftlicher Zusammenhang. Dieser rechtfertigt es, die mit dem Abbruch verbundenen Aufwendungen als Herstellungskosten des neuen Wirtschaftsguts zu behandeln. Der Abbruch ist gleichsam der Beginn der Herstellung.
Für den Restbuchwert des abgebrochenen Gebäudes dürfe der Steuerpflichtige dann keine Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung (AfaA) in Anspruch nehmen. Die Abbruchkosten dürfen nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgesetzt werden.
Diese Rechtsgrundsätze gelten auch bei einer als anschaffungsähnlicher Vorgang zu wertenden Einlage eines bebauten Grundstücks in ein Betriebsvermögen – mit Abbruchabsicht. Sie griffen auch dann, wenn die Einlage zu Buchwerten erfolgt sei. Aufgrund des Rechtsträgerwechsels stellt der tauschähnliche Vorgang einen entgeltlichen Erwerb der Grundstücke dar.
- Der Herstellungskostenprozess beginnt, wenn erstmals Aufwendungen entstehen, die unmittelbar mit der Herstellung des Vermögensgegenstands in Verbindung stehen. Dies ist nicht mit dem Beginn des technischen Herstellungsprozesses gleichzusetzen. Das heißt: Der Herstellungsprozess beginnt dann, wenn erstmals in sachlichem Zusammenhang mit der Leistungserstellung stehende Aufwendungen anfallen; somit können auch schon Kosten für vorbereitende Maßnahmen (z.B. Architektenhonorare für Baupläne oder Abbruchkosten für ein in Abbruchabsicht erworbenes Gebäude) zu den Herstellungskosten gehören.
- Wird ein technisch oder wirtschaftlich noch nicht verbrauchtes Gebäude in der Absicht erworben, es ganz oder teilweise abzureißen, ohne dass das Grundstück neu bebaut wird, sind der Restbuchwert des Gebäudes und die Abbruchkosten nachträgliche Anschaffungskosten des Grund und Bodens.
- Bei einem Abbruch von Gebäuden innerhalb von drei Jahren nach Anschaffung spricht bereits der Beweis des ersten Anscheins für einen Erwerb in Abbruchabsicht (vgl. BFH-Beschluss vom 12.6.1978, GrS 1/77, BStBl. II 1978, 620).
- Dagegen besteht handelsrechtlich keine Aktivierungsmöglichkeit der Abbruchkosten, wenn sich nach Erwerb des Gebäudes herausstellt, dass die beim Erwerb beabsichtigte Nutzung unmöglich ist, es sich also um eine Fehlmaßnahme handelt.
- Besteht eine vertragliche Verpflichtung zum Abbruch von Gebäuden auf fremdem Grund und Boden, ist eine Rückstellung für die voraussichtlichen Abbruchkosten zu bilden (vgl. BFH-Urteil vom 19.2.1975, BStBl. II 1975, 480). Für öffentlich-rechtliche Verpflichtungen gilt dies ebenso. Die jährliche Zuführung zur Rückstellung errechnet sich wie folgt:
Abbruchkosten nach den Preisverhältnissen des Bilanzstichtags ./. Stand der Rückstellung am vorangegangenen Bilanzstichtag = Differenz, die durch die Anzahl der Jahre bis zur Erfüllung der Verpflichtung zu teilen ist (R 6.11 Abs. 2 EStR).
- Nach allgemeinen Gewinnermittlungsgrundsätzen sind die stillen Reserven, die in dem übertragenen Wirtschaftsgut enthalten sind, aufzudecken; der gemeine Wert des hingegebenen Wirtschaftsguts (hier: der Grundstücke) wäre Bemessungsgrundlage für die Anschaffungskosten des Erwerbers. Diese Rechtsfolge schließt allerdings § 6 Abs. 6 Satz 4 EStG für die in § 6 Abs. 5 EStG geregelten Fallgestaltungen aus, um die dort geregelten Umstrukturierungen nicht durch steuerlich nachteilige Folgen zu behindern. Aufgrund der Fortsetzung des (mit-)unternehmerischen Engagements sind solche Umstrukturierungen steuerlich begünstigt (durch § 6 Abs. 5 EStG). Voraussetzung: Die Besteuerung der durch die Buchwertverknüpfung nicht aufgedeckten stillen Reserven ist sichergestellt.
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[Anm. d. Red.]
BC 5/2016
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