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Rechnungslegung/Jahresabschluss
   

Doppelte AfA bei Bebauung des Ehegattengrundstücks

Dr. Hans-Jürgen Hillmer

BFH-Urteil vom 9.3.2016, X R 46/14

 

Bebaut der Unternehmer ein betrieblich genutztes Grundstück, das ihm zusammen mit seinem Ehegatten gehört, sind Wertsteigerungen der dem Ehegatten gehörenden Grundstückshälfte nicht einkommensteuerpflichtig. Hieraus können sich erhebliche steuerliche Vorteile mit Blick auf die Absetzungen für Abnutzung (AfA) ergeben. Übertragen die Ehegatten z.B. später das gemeinsame Grundstück auf ihren Sohn, der den Betrieb des Vaters fortführt, kann für nur einmal angefallene Baukosten die AfA im Ergebnis zweimal in Anspruch genommen werden.

 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Im zugrunde liegenden Fall hatte der Vater des Klägers schon in den 1960er Jahren mehrere Betriebsgebäude auf Grundstücken errichtet, die zur Hälfte auch der Mutter des Klägers gehörten. Er nahm AfA auf seine Baukosten vor.

Im Jahr 1993 übertrug der Vater den Betrieb unentgeltlich auf den gemeinsamen Sohn (den Kläger). Gleichzeitig übertrugen der Vater und die Mutter die betrieblich genutzten Grundstücke ebenfalls unentgeltlich auf den Kläger. Soweit es um die Übertragung von Wirtschaftsgütern ging, die dem Vater gehörten, muss der Kläger unzweifelhaft die Buchwerte aus den Bilanzen des Vaters fortführen (heute § 6 Abs. 3 EStG).

Umstritten war hingegen die Behandlung der Gebäudeteile, die zivilrechtlich der Mutter gehörten. Der Kläger sah in der Schenkung dieser Gebäudeteile eine Einlage in seinen Betrieb. Diese Einlage bewertete er mit dem aktuellen Teilwert der Gebäudeteile. Da der Teilwert erheblich höher war als der Restbuchwert des Bilanzpostens, der in den Bilanzen des Vaters verblieben war, eröffnete dies dem Kläger die Möglichkeit zur Vornahme erneuter hoher AfA-Beträge auf die von seinem Vater in der Vergangenheit bereits nahezu abgeschriebenen Gebäudeteile.

 

 

Lösung

Diese rechtliche Beurteilung hat der BFH nunmehr bestätigt. Demzufolge ist in derartigen Fällen im Ergebnis eine doppelte Abschreibung möglich, obwohl die Baukosten nur einmal anfallen. Dieses Ergebnis unterstreicht der BFH mit seinen drei wie folgt gebildeten Leitsätzen:

(1) Errichtet der Unternehmer-Ehegatte mit eigenen Mitteln ein Gebäude auf einem auch dem Nichtunternehmer-Ehegatten gehörenden Grundstück, wird der Nichtunternehmer-Ehegatte – sofern keine abweichenden Vereinbarungen zwischen den Eheleuten getroffen werden – sowohl zivilrechtlicher als auch wirtschaftlicher Eigentümer des auf seinen Miteigentumsanteil entfallenden Gebäudeteils. Dieser Gebäudeteil gehört zu seinem Privatvermögen.

(2) Der vom Unternehmer-Ehegatten für die typisierte Verteilung seines eigenen Aufwands gebildete Bilanzposten kann nicht Sitz stiller Reserven sein. Daraus folgt einerseits: Dem Unternehmer-Ehegatten können Wertsteigerungen, die bei dem im Privatvermögen des Nichtunternehmer-Ehegatten befindlichen Gebäudeteil eingetreten sind, ertragsteuerrechtlich nicht zugerechnet werden. Auf der anderen Seite kann der Unternehmer-Ehegatte in diesem Bilanzposten nicht dadurch stille Reserven bilden, dass er hierauf ertragsteuerrechtliche Subventionsvorschriften anwendet, die der Gesetzgeber nur für Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens, nicht aber für Wirtschaftsgüter des Privatvermögens vorgesehen hat (Fortführung des BFH-Urteils vom 19.12.2012, IV R 29/09, BStBl. II 2013, 387).

(3) Übertragen in derartigen Fällen sowohl der Unternehmer-Ehegatte den Betrieb als auch beide Eheleute ihre Miteigentumsanteile an dem Grundstück samt Gebäude unentgeltlich auf einen Dritten, kann dieser den Miteigentumsanteil des Nichtunternehmer-Ehegatten zum Teilwert in seinen Betrieb einlegen und von diesem Wert AfA vornehmen.

 

 

Praxishinweise:

  • Damit hat der BFH also AfA-Potenzial geschaffen, aber einschränkend auch klargestellt, dass für den Bilanzposten, der den eigenen Bauaufwand des Unternehmers für die Gebäudeteile des anderen Ehegatten verkörpert, keine Steuersubventionen in Anspruch genommen werden können, die vom Gesetzgeber nur für Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens gewährt werden. Dies wurde in der Praxis bislang anders gehandhabt, wodurch die Buchwerte dieser Bilanzposten zusätzlich gemindert werden konnten.
  • Das dem Verfahren beigetretene BMF hatte die Auffassung vertreten, dass die Einlage beim Kläger zwar mit dem Teilwert zu bewerten sei; jedoch sei die vom Vater begonnene AfA-Reihe auf den Aufwandsverteilungsposten auch vom Kläger fortzuführen.
  • Soweit das BMF im Ergebnis darauf hinweist, dass es nicht dem Leistungsfähigkeitsprinzip entspreche, wenn derselbe Aufwand doppelt abgeschrieben werden könne, ist diese Aussage auch für den BFH abstrakt gesehen zutreffend. Im geltenden Gesetzesrecht sei aber keine Rechtsgrundlage zu finden, aufgrund derer in der im Streitfall gegebenen Konstellation der Einlagewert (unstreitig der Teilwert) nicht auch als AfA-Bemessungsgrundlage anzusehen wäre.
  • Was also grundprinzipiell eigentlich nicht sein darf, ist rechtlich offenbar doch haltbar. Ob es auf Dauer auch durchsetzbar sein wird oder aber der Gesetzgeber eine zu schließende Lücke sieht, bleibt abzuwarten. Hier dürfte wohl auch eine Rolle spielen, wie oft solche Konstellationen in der Praxis auftreten.
  • Für die Praxis jedenfalls häufig wichtig ist der Umstand, dass sich Teilwerte – im Zeitablauf gesehen – als zu hoch angesetzt erweisen. Im Streitfall vom Finanzamt vorgetragene Einwände dieser Art lässt der BFH jedoch nicht zu, „weil Umstände, die erst mehrere Jahre nach dem für die Bewertung einer Einlage maßgebenden Stichtag eintreten, grundsätzlich nicht geeignet sind, die zum Stichtag – und nach Maßgabe der auf diesen Stichtag bezogenen Informationen – vorzunehmende Bewertung zu beeinflussen". Gut so, denn das Sprichwort „Hinterher sind die Offiziere schlauer“ gilt erst recht für Finanzbeamte, die bekanntlich fast immer das retrospektiv würdigen, was andere prospektiv erahnen müssen. Den Steuerpflichtigen springt immerhin Kurt Tucholsky zur Seite: „Der Vorteil der Klugheit besteht darin, dass man sich dumm stellen kann. Das Gegenteil ist schon schwieriger.“
 

Dipl.-Kfm. Dr. Hans-Jürgen Hillmer, Coesfeld

 

 

BC 6/2016

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