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Rechnungslegung/Jahresabschluss
   

Bilanzierung eines langfristigen Fremdwährungsdarlehens

BC-Redaktion

FG Schleswig-Holstein, Urteil vom 9.3.2016, 2 K 84/15 (Revision zugelassen)

 

Ein langfristiges Fremdwährungsdarlehen ist auch bei höherem Teilwert mit den Anschaffungskosten zu bilanzieren, wenn am Bilanzstichtag die Restlaufzeit mehr als 10 Jahre beträgt und noch von einer Üblichkeit der Wechselkursschwankungen ausgegangen werden kann.

 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Eine Personenhandelsgesellschaft schloss am 17.4.2007 mit der Sparkasse einen „Rahmenvertrag für ein Fremdwährungsdarlehen“ zur Finanzierung der Errichtung eines neuen Betriebsgebäudes (Darlehensrahmen von zunächst 300.000 €, der sich jährlich um 6.000 € minderte). Es bestand die Möglichkeit, einzelne Darlehenstranchen in Euro, Schweizer Franken (CHF) oder YEN (JPY) in Anspruch zu nehmen. Die Einräumung des Darlehensrahmens ist bis zum 28.2.2026 befristet.

Am 23.4.2007 zog das Unternehmen hierzu eine Tranche in Höhe von 491.670,00 CHF im Gegenwert von 300.000 € (Kurs: 1,6389). Zinsbindungsfrist: 12 Monate; Rückzahlungstermin: 28.2.2026. In den Jahren 2008, 2009, 2010 und 2012 sind jeweils neue Zinsvereinbarungen getroffen worden.

Die Personenhandelsgesellschaft ordnete das von der Sparkasse ausgereichte Fremdwährungsdarlehen als kurzfristiges Darlehen ein (u.a. da keine langfristige Zinsbindung bestand) und passivierte es in den Bilanzen für die Jahre 2008 bis 2011 jeweils mit dem zum Bilanzstichtag festgestellten Umrechnungskurs:

  • 31.12.2008: 315.675,33 €,
  • 31.12.2009: 311.399,38 €,
  • 31.12.2010: 364.488,98 € und
  • 31.12.2011: 367.719,64 €.

Die eingetretenen Kursverluste erfasste das Unternehmen als sonstigen Aufwand.

Das Finanzamt ging demgegenüber bei dem gewährten Fremdwährungsdarlehen von einer langfristigen Darlehensverbindlichkeit aus. Denn es handle sich um die Finanzierung einer langfristigen Investition (Anschaffung eines Betriebsgrundstücks); die Zinsvereinbarungen stellen keine neuen Darlehensvereinbarungen dar. Das Darlehen sei deshalb in der Steuerbilanz mit seinem nominellen Restwert anzusetzen. Der Abzug der Kursdifferenzen als Betriebsausgaben sei unzulässig, da sich die Wechselkursschwankungen bei einem Darlehen mit einer Restlaufzeit von über zehn Jahren über die lange Laufzeit wieder ausgleichen.

Nach Ansicht der Personenhandelsgesellschaft können jedoch fundamentale Veränderungen der wirtschaftlichen und finanzpolitischen Daten (hier: Umstellung der Währungspolitik der Schweizerischen Notenbank) die für eine Teilwerterhöhung erforderliche Dauerhaftigkeit eines Kursanstiegs der Fremdwährung begründen.

 

 

Lösung

Das Finanzamt hat zu Recht den Abzug der Kursverluste aus dem Fremdwährungsdarlehen als Betriebsausgaben versagt. Die Voraussetzungen für den Ansatz eines höheren Teilwerts des Fremdwährungsdarlehens lagen zu keinem Bilanzstichtag der Streitjahre vor. Grund: Bei dem Fremdwährungsdarlehen handelte es sich um ein langfristiges Darlehen (Befristung des Darlehensrahmens und der Tranchen bis zum 28.2.2026, keine Kündigungsmöglichkeit aufgrund des voll ausgeschöpften Darlehensrahmens). An den streitigen Bilanzstichtagen hatte das Darlehen jeweils noch eine Restlaufzeit von mehr als 10 Jahren. Die zwölfmonatigen Zinsvereinbarungen führen nicht zu einer Klassifizierung als kurzfristiges Darlehen. Die reine Möglichkeit zur vorzeitigen Lösung von einem Darlehensvertrag hat bei seiner Einordnung als lang- oder kurzfristig außer Betracht zu bleiben, wenn zum Bilanzstichtag aufgrund der tatsächlichen Umstände der Schluss gerechtfertigt ist, dass das Darlehen nicht vorzeitig zurückgezahlt werden wird. Kündigungsfristen sind somit bei der Bestimmung der Laufzeit unbeachtlich. Auch konnte von einer Üblichkeit der Wechselkursschwankungen ausgegangen werden.

Fremdwährungsverbindlichkeiten sind regelmäßig mit demjenigen Rückzahlungsbetrag anzusetzen, der sich aus dem Wechselkurs im Zeitpunkt der Darlehensaufnahme ergibt. Sinkt der Wechselkurs der (ausländischen) Währung, in der ein Darlehen aufgenommen wurde, erhöht dies den Betrag, den der Darlehensnehmer in heimischer Währung zur Rückzahlung des Darlehens aufwenden muss, und damit den Teilwert der Darlehensverbindlichkeit. Allerdings muss eine Teilwerterhöhung auch die für den Ansatz des höheren Teilwerts (gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2, Nr. 3 EStG) erforderliche Dauerhaftigkeit aufweisen. Dies hängt maßgeblich von der Laufzeit der Darlehensverbindlichkeit und der Frage der Üblichkeit der Wechselkursschwankungen ab, die im Rahmen der Prognoseentscheidung zu berücksichtigen sind.

Bei Fremdwährungsverbindlichkeiten, die eine Restlaufzeit von jedenfalls 10 Jahren haben, begründet ein Kursanstieg der Fremdwährung grundsätzlich keine voraussichtlich dauernde Teilwerterhöhung; die Währungsschwankungen werden in der Regel ausgeglichen. Bezogen auf die Verhältnisse zum Bilanzstichtag können nur wertaufhellende, aber nicht später eingetretene und damit unbeachtliche Umstände berücksichtigt werden.

Die eingetretenen Kursverluste zum 31.12.2008, 31.12.2009, 31.12.2010 und 31.12.2011 sind demnach nicht als sonstige Aufwendungen abziehbar, weil die Restlaufzeit des Darlehens jeweils noch mehr als 10 Jahre betrug und davon ausgegangen werden kann, dass die Währungsschwankungen sich noch ausgleichen.

 

 

Bilanzierungshinweise:

  • Währungspolitische Maßnahmen (wie die der Schweizerischen Notenbank) stellen in der Regel ein wertbegründendes Ereignis im Jahr ihres Eintritts dar. Dies zeigte sich z.B. Mitte Januar 2015, als die Koppelung des CHF an den Euro aufgegeben wurde. In der Folge verlor der Euro gegenüber dem CHF um fast 20%. Nach Auffassung des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) handelte es sich hierbei nicht um ein wertaufhellendes Ereignis bis zum Zeitpunkt der Aufstellung des (deutschen) HGB-Jahresabschlusses. Deshalb hatte diese Entscheidung der Schweizerischen Nationalbank keine Folgen für die Bewertung zum 31.12.2014 (siehe ausführlich Zwirner, BC 2015, 109 ff., Heft 3).
  • Das BMF-Schreiben vom 16.7.2014 (IV C 6 – S 2171-b/09/10002, BStBl. I 2014, 1162) geht auch auf die Frage der Änderung des Teilwerts bei Verbindlichkeiten in Fremdwährungen ein. Sofern eine dauerhafte Erhöhung des Kurswerts der Fremdwährung anhand objektiver Kriterien vom Steuerpflichtigen nachgewiesen werden kann, darf eine steuerwirksame Teilwerterhöhung der Verbindlichkeit vorgenommen werden (Rn. 31 des BMF-Schreibens). Unter Hinweis auf die BFH-Rechtsprechung versagt die Finanzverwaltung eine Teilwertanpassung jedoch bei bloßen Wechselkursschwankungen und bei Restlaufzeiten der Verbindlichkeiten von wenigstens 10 Jahren. Hier würden die Marktschwankungen den Wechselkurs wieder ausgleichen.
    Das BMF-Schreiben gibt jedoch keine Hinweise darauf, wie der Steuerpflichtige den Nachweis über das Nichtvorliegen einer bloßen Marktschwankung führen soll. Hier könnten sich Prognosen über künftige Währungskursentwicklungen von sachverständiger dritter Seite anbieten, z.B. Prognosen von Wirtschaftsforschungsinstituten.
    Sofern Verbindlichkeiten des laufenden Geschäftsbetriebs vorliegen, sind diese nicht dauerhaft für den Geschäftsbetrieb bestimmt. Hält eine Wechselkurserhöhung bei solchen Verbindlichkeiten bis zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung bzw. zum Tilgungszeitpunkt an, so ist nach Rn. 35 des BMF-Schreibens von einer dauerhaften Teilwertänderung auszugehen. Diese Verwaltungsauffassung steht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung und ist analog zur Bilanzierung von Wertpapieren im Anlage- bzw. Umlaufvermögen geregelt (vgl. Oblau, BC 2014, 454 f., Heft 11).

 

[Anm. d. Red.]     

 

 

BC 7/2016

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