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Rechnungslegung/Jahresabschluss
   

Keine Abführungssperre bei der Abzinsung von Pensionsrückstellungen

Prof. Dr. Christian Zwirner und Dr. Michael Tippelhofer

BMF-Schreiben vom 23.12.2016, IV C 2 - S 2770/16/10002; DOK 2016/1157209

 

 

Ausgangspunkt: Handelsrechtliche Neuregelung

Im Frühjahr 2016 hat der Gesetzgeber die Bewertung von Pensionsrückstellungen neu geregelt (vgl. Zwirner, BC 2016, 198 ff., Heft 5). Erstmals für das Geschäftsjahr 2016 sind Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen nicht mehr mit dem durchschnittlichen Marktzinssatz, der sich aus den vergangenen sieben Geschäftsjahren ergibt, sondern mit dem Marktzinssatz, der sich aus den vergangenen zehn Geschäftsjahren ergibt, abzuzinsen. Die in § 253 Abs. 2 Satz 1 HGB erfolgte Änderung ist nach Art. 75 Abs. 6 EGHGB verpflichtend erstmals auf Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2015 enden, anzuwenden. Eine freiwillige Anwendung auf Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2014 enden, war möglich (Art. 75 Abs. 7 EGHGB).

Die veränderte Bewertung der Pensionsrückstellungen geht mit einem deutlich geringeren Aufwand oder sogar Ertrag aus der Bewertung der Pensionsrückstellungen einher. In den kommenden Jahren ergeben sich nach § 253 Abs. 2 Satz 1 HGB zunächst geringere Rückstellungswerte und damit höhere Gewinne. Dieser Effekt wird sich voraussichtlich erst in den Jahren 2019 ff. umkehren.

Die höheren Gewinne des Jahres 2016 sowie der Folgejahre werden mit einer Ausschüttungssperre belegt, die in § 253 Abs. 6 HGB geregelt ist. Demnach darf der Unterschied aus der Bewertung auf Basis des Sieben-Jahres-Durchschnittszinssatzes und auf Basis des Zehn-Jahres-Durchschnittszinssatzes nicht ausgeschüttet werden, sofern die frei verfügbaren Rücklagen zuzüglich Gewinnvortrag und abzüglich Verlustvortrag dem Unterschiedsbetrag nicht mindestens entsprechen.

 

 

Ungeklärte Abführungssperre

Der Gesetzgeber hat die Ausschüttungssperre im Zusammenhang mit der Neubewertung der Pensionsrückstellungen – abweichend von der ansonsten in § 268 Abs. 8 HGB befindlichen Regelung – gesondert in § 253 Abs. 6 HGB geregelt. Hieraus ergeben sich Folgefragen im Zusammenhang mit den Verweisungen von § 172 Abs. 4 HGB (Wiederaufleben der Kommanditistenhaftung bei bestimmten Entnahmen) sowie § 301 AktG (Höchstbetrag der Gewinnabführung bei Vorliegen eines Gewinnabführungsvertrags); denn beide vorgenannten Regelungen nehmen derzeit allein Bezug auf § 268 Abs. 8 HGB. Damit war bislang unklar, ob neben der verpflichtenden handelsrechtlichen Ausschüttungssperre auch eine Abführung des Differenzbetrags aus der Bewertung der Pensionsrückstellungen unterbleiben muss oder zumindest kann.

Nachdem keine gesetzliche Grundlage für eine Abführungssperre aus dem Gesetz ersichtlich ist, stellte sich die Frage, ob eine unterlassene Abführung der Beträge – um möglichst einen Gleichklang zwischen Ausschüttungs- und Abführungsbeträgen zu erhalten – die Anerkennung einer steuerlichen Organschaft gefährdet.

 

 

Stellungnahme des BMF

In seinem Schreiben vom 23.12.2016 (IV C 2 – S 2770/16/10002) nimmt das Bundesfinanzministerium (BMF) nun Stellung zu der Frage nach einer bestehenden Abführungssperre. Das BMF weist darauf hin, dass eine mit der handelsrechtlichen Ausschüttungssperre nach § 253 Abs. 6 HGB korrespondierende Abführungssperre bei Gewinnabführungsverträgen in § 301 AktG ausdrücklich nicht geregelt wurde.

Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG i.V.m. § 301 AktG ist, so das BMF, für die Anerkennung der steuerlichen Organschaft eine vollständige Abführung des Gewinns notwendig. Damit sind nach Ansicht des BMF auch Gewinne, die auf der Anwendung des § 253 HGB beruhen, vollständig an den Organträger abzuführen. Eine analoge Anwendung der Ausschüttungssperre auf die Regelungen nach § 301 AktG als Abführungssperre kommt nicht in Betracht.

Nach Ansicht des BMF rechtfertigt auch die geänderte Regelung des § 253 HGB für sich allein nicht die pauschale Einstellung des Abstockungsgewinns in eine Rücklage. Dies schließt nach Auffassung des BMF indes im Einzelfall eine Einstellung des Differenzbetrags in eine Rücklage unter den Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 KStG nicht aus, wenn dies bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung wirtschaftlich begründbar ist. In diesem Zusammenhang regelt § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 KStG Folgendes:

„Die Organgesellschaft darf Beträge aus dem Jahresüberschuss nur insoweit in die Gewinnrücklagen (§ 272 Abs. 3 des Handelsgesetzbuchs) mit Ausnahme der gesetzlichen Rücklagen einstellen, als dies bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung wirtschaftlich begründet ist.“

Sofern auf Ebene der Organgesellschaft für ein Ergebnis des Jahres 2015 – bei freiwilliger vorzeitiger Anwendung der Neuregelung des § 253 HGB – eine Rücklagenbildung erfolgt ist, ohne dass die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 KStG vorlagen, gilt Folgendes: Es wird für eine vor dem 23.12.2016 unterlassene Abführung nicht beanstandet, wenn die Abführung des entsprechenden Abstockungsgewinns spätestens in dem nach dem 31.12.2016 aufzustellenden Jahresabschluss nachgeholt wird.

 

 

Auswirkungen für die Praxis

Im Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2016 ist der Unterschiedsbetrag aus der Neubewertung der Pensionsrückstellungen ausschüttungsgesperrt. Bei Bestehen eines Gewinnabführungsvertrags muss ungeachtet dessen eine vollständige Abführung des Unterschiedsbetrags an den Organträger erfolgen.

Eine generelle Abführungssperre für den Unterschiedsbetrag aus der Bewertung der Pensionen auf Basis des Sieben-Jahres-Durchschnittszinssatzes und auf Basis des Zehn-Jahres-Durchschnittszinssatzes lehnt das BMF ab. Allenfalls eine Einstellung des Differenzbetrags in eine Rücklage unter den Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 KStG kann zu einer Abführungssperre führen. Die Zulässigkeit der Bildung einer solchen Rücklage ist im jeweiligen Einzelfall zu würdigen.

Die auf Ebene der Organgesellschaft unmittelbar bestehende Ausschüttungssperre wirft bei voller Abführung des Ergebnisses an den Organträger auf dessen Ebene Fragen auf. Auch wenn das Gesetz keine mittelbare Ausschüttungssperre auf Ebene des Organträgers vorsieht, sollte dieser Sachverhalt zur Vermeidung gesellschaftsrechtlicher Risiken stets im Blick behalten werden.

WP/StB Prof. Dr. Christian Zwirner,

StB Dr. Michael Tippelhofer,

beide Dr. Kleeberg & Partner GmbH WPG StBG, München (www.kleeberg.de)

 

BC 1/2017

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