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Rechnungslegung/Jahresabschluss
   

Ordnungsmäßige Buchführung und elektronische Aufzeichnungen bei Einnahmen-Überschussrechnung

Christian Thurow

FG München, Urteil vom 18.1.2018, 10 K 3036/16, und FG Hamburg, Beschluss vom 16.1.2018, 2 V 304/17

 

Die Gewinnermittlung mittels Einnahmen-Überschussrechnung (EÜR) soll die buchhalterischen Bürden für kleinere Gewerbetreibende und Selbstständige verringern. Umstritten ist mitunter jedoch, wie viel Vereinfachung mittels EÜR erreichbar ist.


 

 

Praxis-Info!

 

FG München zur Reichweite der Verpflichtung zur Vorlage von elektronischen Aufzeichnungen bei Überschussrechnung

 

Problemstellung

Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung bei einem Malerbetrieb forderte das Finanzamt die Vorlage von elektronischen Aufzeichnungen an. Hierzu war ein Fragebogen zum EDV-System auszufüllen und „der Datenträger“ vorzulegen. Der steuerliche Berater des Betriebs widersprach dem Vorlagegesuch. Der Malerbetrieb sei weder nach dem Handelsrecht noch nach § 141 AO buchführungspflichtig und ermittle seinen Gewinn mittels EÜR (§ 4 Abs. 3 EStG). Die Aufzeichnungen gemäß § 22 UStG sowie diverse andere Aufzeichnungen zu Einnahmen und Ausgaben sind dem Finanzamt in elektronischer Form übergeben worden. Eine weitergehende Verpflichtung zur Aufzeichnung aller Betriebsausgaben mit der Folge einer Aufbewahrungs- und Vorlagepflicht in elektronischer Form bestehe nicht.

Das Finanzamt geht dagegen von einer „faktischen Aufzeichnungspflicht“ aus. Zwar bestehen bei der Gewinnermittlung mittels EÜR keine generellen gesetzlichen Aufzeichnungspflichten; doch setzt die Abgabe einer inhaltlich richtigen Steuererklärung eine Nachprüfbarkeit des erklärten Gewinns auf dessen Vollständigkeit und Richtigkeit hin voraus. Dieses ist nur durch eine entsprechende Dokumentation zu gewährleisten.

 

 

Lösung

Das Finanzgericht (FG) München widerspricht der Auffassung des Finanzamts. Aus der BFH-Rechtsprechung geht hervor, dass eine Vorlagepflicht für gespeicherte Daten nur bei solchen Unterlagen zutrifft, die der Steuerpflichtige nach § 147 Abs. 1 AO aufzubewahren hat. Hierdurch wird der sachliche Umfang der Aufbewahrungspflicht durch die Reichweite der zugrunde liegenden Aufzeichnungspflichten begrenzt. Bei der Gewinnermittlung mittels EÜR erstreckt sich der sachliche Umfang der Zugriffsbefugnisse der Finanzbehörde lediglich auf solche Unterlagen, die zum Verständnis und zur Überprüfung der für sie geltenden steuergesetzlichen Aufzeichnungspflichten von Bedeutung sind. Ausführlich stellt das FG dar, welche Aufzeichnungen im Ausgangsfall verpflichtend sind.

Entscheidend ist hierbei jedoch, dass das Vorlageverlangen des Finanzamts nicht auf diese gesetzlich erforderlichen Aufzeichnungen beschränkt war. Entgegen der Auffassung des Finanzamts ist der Kläger mit Ausnahme der gesetzlich vorgegebenen Fälle nicht zur Vorlage sämtlicher im Betrieb gespeicherter Daten zu den getätigten Betriebsausgaben verpflichtet. Somit geht das Vorlageverlangen über die gesetzlich eingeräumte Befugnis hinaus und ist daher rechtswidrig.

Die Revision ist zugelassen, um den Umfang der Vorlagepflicht und das Datenzugriffsrecht der Finanzverwaltung bei der Gewinnermittlung mittels EÜR höchstrichterlich zu klären.

 

 

FG Hamburg zur ordnungsmäßigen Buchführung bei Einnahmen-Überschussrechnung oder – „Wer eine Kasse hat, muss diese auch benutzen“

 

Problemstellung

Der Kläger war Betreiber einer Eisdiele. Die Eisdiele verfügte über eine moderne PC-Kasse mit Touchscreen und der Möglichkeit zur dauerhaften Datensicherung mittels USB-Ports. In den Streitjahren wurden die Umsätze jedoch nur teilweise bzw. vereinzelt in der Kasse erfasst. Stattdessen ermittelte der Kläger die täglichen Bareinnahmen mittels Auszählen des Geldbestands in der Kasse. Aus Sicht des Klägers sei die einzelne Erfassung aufgrund der Vielzahl von Geschäften mit nur geringen Beträgen gegen Barzahlung unzumutbar.

 

 

Lösung

Das FG Hamburg rekapituliert zunächst die allgemeinen Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten. Basierend auf der relevanten BFH-Rechtsprechung gibt das FG dem Kläger dahingehend recht, dass aus Gründen der Zumutbarkeit und Praktikabilität die Pflicht zur Einzelaufzeichnung der Umsätze nicht für Einzelhändler gilt, die im Allgemeinen Waren an unbekannte Kunden über den Ladentisch gegen Barzahlung verkaufen.

Erwirbt der Steuerpflichtige jedoch ein modernes PC-Kassensystem, welches die entsprechenden Aufzeichnungen und deren Aufbewahrung ermöglicht, so kann er sich nicht mehr auf die Unzumutbarkeit der Aufzeichnungsverpflichtung berufen. Durch die Anschaffung des Kassensystems hat sich der Kläger somit um die vom BFH zugestandene Möglichkeit der vereinfachten Aufzeichnung gebracht. Wie sagte schon Goethe:

„Herr, die Not ist groß!

Die ich rief, die Geister,

werd ich nun nicht los.“

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Business Audit Manager, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)

 

 

BC 5/2018

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