CHB_RSW_Logo_mit_Welle_trans
JuS_Logobasis_Linsenreflex
Menü

Rechnungslegung/Jahresabschluss
   

Bewertungsfragen bei Restrukturierungsrückstellungen

Christian Thurow

FG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.9.2017, 6 K 1472/16 (Revision zugelassen)

 

Kommt es im Rahmen einer Restrukturierung zu Entlassungen, werden in der Regel Abfindungszahlungen an die ausscheidenden Arbeitnehmer geleistet. Strittig ist, ob für diesen Aufwand eine Rückstellung gebildet werden kann. Schließlich profitiert der Arbeitgeber durch die Entlassungen in Form von niedrigeren Personalkosten.


 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Eine GmbH führte eine Restrukturierung ihres Logistikbereichs durch, bei der es zur Entlassung von 22 Arbeitnehmern kam. Die Höhe der Abfindungsbeträge richtete sich nach dem mit dem Betriebsrat vereinbarten Sozialplan. Darauf basierend bildete die GmbH eine Rückstellung für offene Abfindungszahlungen in Höhe von 524.577 €.

Das Finanzamt erkannte die Rückstellung nicht an, da aus Sicht der Behörde die jährliche Reduzierung des Personalaufwands als künftiger Vorteil rückstellungsmindernd zu berücksichtigen sei. Aus Sicht des Finanzamts stellen nicht nur Einnahmen einen künftigen Vorteil dar, sondern auch ersparte Aufwendungen.

In Einspruch und Klage führte die GmbH u.a. an, nach der Begründung des Finanzamts könne eine Restrukturierungsrückstellung praktisch nicht mehr gebildet werden. Außerdem sei der Wegfall von eigenbetrieblichem Aufwand kein künftiger Vorteil, da es sich hierbei um eine Innen- und nicht um eine Außenverpflichtung handelt.

 

 

Lösung

Aus Sicht des Finanzgerichts (FG) Baden-Württemberg hat das Finanzamt die Passivierung der Restrukturierungsrückstellung zu Unrecht verneint. Unstreitig sind im Ausgangsfall die Voraussetzungen für die Bildung einer Restrukturierungsrückstellung gegeben. Entgegen der Auffassung des Finanzamts ist die Reduzierung des künftigen Personalaufwands dabei nicht rückstellungsmindernd zu berücksichtigen. Zwar ist der Begriff des „künftigen Vorteils“ im Gesetz nicht näher definiert, doch legt der Wortsinn nahe, dass es sich dabei um positive Zuflüsse handelt. Ersparte Aufwendungen fallen dagegen nicht unter den Begriff des Vorteils.

Auch bewertungstechnisch wäre es schwierig, den Zeitraum der ersparten Aufwendungen und damit den bei der Rückstellungsbewertung zu berücksichtigenden Vorteil sachgerecht abzugrenzen. Da Rückstellungen lediglich für Außenverpflichtungen gebildet werden können, scheint es geboten, auch nur Vorteile gegenzurechnen, die aus einem Außenverhältnis resultieren. Eigenbetriebliche Aufwandsersparnisse sind dagegen rein innerbetriebliche Vorteile. Des Weiteren besteht zwischen den zu erfüllenden Abfindungsverpflichtungen und der künftigen Ersparnis des Personalaufwands kein sachlicher (finaler) Zusammenhang. Der Wegfall des Personalaufwands ergibt sich aus der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und nicht aus der Erfüllung der Abfindungszahlung.

Aus Sicht des FG Baden-Württemberg ist daher die Abfindungsrückstellung in voller Höhe zu passivieren. Die Revision ist zur höchstrichterlichen Klärung des Vorteilsbegriffs zugelassen.

 

 

 

Bilanzierungshinweis:

Auch handelsbilanziell begründet eine (faktische und/oder rechtliche) Verpflichtungsentstehung gegenüber unternehmensexternen Dritten den Ansatz von Restrukturierungsrückstellungen (Außenverpflichtung).

Neben dem Entstehen der Drittverpflichtung (rechtliche Vollentstehung) ist für den Rückstellungsansatz die wirtschaftliche Verursachung der fraglichen Aufwendungen zum Bilanzstichtag zu prüfen. Der Grundsatz der wirtschaftlichen Verursachung bereitet in der praktischen Anwendung gerade im Bereich der Personalrestrukturierungsmaßnahmen häufig Schwierigkeiten. Von den rückstellungsfähigen Aufwendungen, die im direkten Zusammenhang mit den Personalmaßnahmen stehen, sind Aufwendungen, wie beispielsweise stay boni (d.h. Vergütungen für fortgesetzte Übergangsbeschäftigung), abzugrenzen. Letztere werden aufgrund des innewohnenden Zukunftsbezugs mit Blick auf die künftige Geschäftstätigkeit geleistet, weshalb sie zum Bilanzstichtag noch nicht wirtschaftlich verursacht und insofern nicht rückstellungsfähig sind (u.a. bei künftigem operativem Aufwand oder Verlust).

 

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Business Audit Manager, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)

 

 

BC 8/2018

becklink406874

Rubriken

Menü

Anzeigen

BC Newsletter

beck-online Bilanzrecht PLUS

wiwicareer-vahlen

Teilen

Menü