OFD NRW, Kurzinformation ESt Nr. 01/2020
Auswirkungen des BFH-Urteils vom 10.10.2017, X R 1/16 (BStBl. II 2018, 181)
Gehört eine Garage zu einem Einfamilienhaus, handelt es sich grundsätzlich um einen unselbstständigen Teil des Gebäudes. Es sei denn, der Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit dem ansonsten zu Wohnzwecken genutzten Gebäude wird durch eine artfremde (betriebliche) Nutzung gelöst. In diesem Fall liegt ein sonstiger selbstständiger Gebäudeteil (EStR 4.2 Abs. 4) vor.
Das Einstellen eines betrieblichen Fahrzeugs stellt zwar eine artfremde (betriebliche) Nutzung dar. Die Zugehörigkeit einer Doppelgarage zum notwendigen Betriebsvermögen ist laut BFH-Urteil vom 10.10.2017 (X R 1/16) aber nicht gegeben, sofern die Garage durch das Einstellen des betrieblichen Fahrzeugs höchstens zur Hälfte betrieblich und in mindestens gleichem Maße privat genutzt wird.
Auch wenn ein betriebliches Fahrzeug in eine Einzelgarage eingestellt wird, ergibt sich aus den im Urteilsfall angewandten Grundsätzen keine mehr als hälftige Nutzung zu betrieblichen Zwecken. Es kann typisierend unterstellt werden, dass die Garage eines Einfamilienhauses regelmäßig in einem solchen Umfang privat genutzt wird (zu mehr als 50%), dass eine Zuordnung zum notwendigen Betriebsvermögen ausscheidet. Eine Zuordnung zum gewillkürten Betriebsvermögen ist bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen möglich.
Die Garage stellt in der vorliegenden Konstellation weder ein häusliches Arbeitszimmer dar, noch kommt eine (analoge) Anwendung des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG in Betracht.
Praxis-Info!
Steuerlich finden sich für Wirtschaftsgüter (außer Grundstücken) feste Grenzen in der Richtlinie EStR 4.2 Abs. 1. Hier wird eindeutig klargestellt:
- Bei einer betrieblichen Nutzung von mehr als 50% liegt zwingend notwendiges Betriebsvermögen vor,
- bei einer betrieblichen Nutzung von mindestens 10% bis höchstens 50% ist gewillkürtes Betriebsvermögen gegeben, und
- eine betriebliche Nutzung von weniger als 10% ist zwingend als notwendiges Privatvermögen einzustufen.
Bei gewillkürtem Betriebsvermögen besteht ein Wahlrecht, ob eine Bilanzierung vorgenommen wird oder nicht (EStR 4.2 Abs. 9). Das Wahlrecht wird durch die Einbuchung des Wirtschaftsguts ausgeübt. Eine rückwirkende Behandlung als gewillkürtes Betriebsvermögen ist somit nicht möglich – auch nicht im Rahmen der Bilanzänderung.
- Ändert sich bei einem Wirtschaftsgut die betriebliche Nutzung von bisher unter 50% auf einen Wert von über 50% und erfolgte bislang keine Berücksichtigung als gewillkürtes Betriebsvermögen, führt dies zur Zwangseinlage in das Betriebsvermögen. Wird dies in der Buchführung nicht entsprechend abgebildet, ist die Bilanz fehlerhaft und muss im Wege der Bilanzberichtigung korrigiert werden (§ 4 Abs. 2 EStG).
- Die Überschreitung der Grenze vom Privatvermögen zum gewillkürten Betriebsvermögen (also von < 10% auf ≥ 10%) führt jedoch nicht zur Zwangseinlage, da die Bilanzierung beim gewillkürten Betriebsvermögen im Ermessen der Gewerbetreibenden liegt.
- Selbst wenn keine Bilanzierung erfolgt, können die Kosten trotzdem als Betriebsausgabe abgezogen werden, soweit sie durch die betriebliche Nutzung entstehen (inkl. AfA); EStR 4.7 Abs. 1.
Vgl. ausführlich Anderlik, Beck Steuer-Navi (beck-online-Modul), Stichwort „Gewillkürtes Betriebsvermögen“: https://beck-online.beck.de/Bcid/Y-500-W-BestNavi-SW-GewillkuertesBetriebsvermoegen |
[Anm. d. Red.]
BC 3/2020
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