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Rechnungslegung/Jahresabschluss
   

Steuerbilanzielle Zweifelsfragen bei Ausgleichsmaßnahmen für Forstschäden

Dr. Hans-Jürgen Hillmer

BMF-Schreiben vom 27.7.2021, IV C 7 – S 1916/20/10003 :002; DOK 2021/0848044

 

Da die steuerlichen Regelungen des Forstschäden-Ausgleichsgesetzes in der Praxis viele steuerbilanzielle Zweifelsfragen aufgeworfen haben, hat die Finanzverwaltung in einem BMF-Schreiben umfangreiche Erläuterungen herausgegeben. Dies betrifft insbesondere die steuerfreie Rücklage für die Bildung eines betrieblichen Ausgleichsfonds, erhöhte Betriebsausgabenpauschsätze und ein Aktivierungswahlrecht gemäß § 4a ForstSchAusglG.


 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Rohholzmärkte durchlaufen derzeit Turbulenzen: Von entsprechender Rohstoffknappheit berichten Handwerker ebenso wie sonstige Unternehmer und Bauherren, obwohl durch biologische und klimabedingte Schäden eigentlich ein Überfluss an Material vorhanden sein müsste. Vor diesem Hintergrund ist das sog. Forstschäden-Ausgleichsgesetz (ForstSchAusglG) entstanden, nach dem der sog. „ordentliche“ Holzeinschlag der Forstwirtschaft für einzelne Holzartengruppen oder Holzsorten durch Rechtsverordnung beschränkt werden kann, wenn und soweit dies bei besonderen Schadensereignissen erforderlich ist, um erhebliche und überregionale Störungen des Rohholzmarkts zu vermeiden.

Hierzu wurde die Verordnung über die Beschränkung des ordentlichen Holzeinschlags in dem Forstwirtschaftsjahr 2021 (BGBl. I 2021, 808, nachfolgend kurz VO) vom 14.4.2021 erlassen, die am 23.4.2021 in Kraft getreten ist. Da die Einhaltung der verordneten Einschlagsbeschränkung Voraussetzung für die Inanspruchnahme von steuerrechtlichen Vergünstigungen ist, werden zu dieser VO im BMF-Schreiben als Schwerpunkte die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Einhaltung der Einschlagsbeschränkung, Ausnahmen von der Einschlagsbeschränkung sowie die Regelungen zum Nachweis und zur Prüfung der Einhaltung der Einschlagsbeschränkung erläutert.

Für mit Forstbetrieben befasste Bilanzierungsexperten sind die steuerrechtlichen Maßnahmen wichtig, die als Ausgleich für wirtschaftliche Nachteile infolge der Holzeinschlagsbeschränkungen geschaffen wurden. Um die Anwendung dieser Vergünstigungen zu gewährleisten, sind viele Details zu beachten.

 

 

Lösung

Die steuerrechtlichen Vergünstigungen erstrecken sich auf folgende Bereiche:

  • Verwendung des betrieblichen Ausgleichsfonds zur Ergänzung der durch eine Einschlagsbeschränkung geminderten Erlöse für buchführende Betriebe
  • Erhöhter Pauschsatz für Betriebsausgaben bei nicht buchführenden Betrieben
  • Aktivierungswahlrecht von Holzvorräten aus Kalamitätsnutzungen für buchführende Betriebe
  • Steuersatz nach § 34b Abs. 3 Nr. 2 EStG (Viertel-Steuersatz) einheitlich für alle Kalamitätsnutzungen (d.h. entstanden aufgrund höherer Gewalt) im Wirtschaftsjahr (Zeitraum) der Einschlagsbeschränkung und gegebenenfalls in Folgejahren
  • Ermäßigte Bewertung von Übervorräten in der gewerblichen Holzwirtschaft für buchführende Betriebe.

Den dabei zu beachtenden steuerrechtlichen Zweifelsfragen widmet das BMF im vielseitigen Abschnitt B seines Schreibens vom 27.7.2021 die Rdn. 17–58. Einen zusammenfassenden Überblick über die jeweiligen Problembereiche vermittelt die nachfolgende Tabelle. Zu den hier aus Platzgründen nicht darstellbaren Einzelproblemen wird auf das BMF-Schreiben verwiesen, wobei in der 3. Spalte der Tabelle die jeweils weiter ausführenden Rdn. beziffert werden.

 

 

 

Tabelle: Steuerrechtliche Vergünstigungen gemäß Forstschäden-Ausgleichsgesetz

Vergünstigung gemäß ForstSchAusglG

Gegenstand

Rdn. des BMF mit weiteren Details

 

Steuerfreie Rücklage für die Bildung eines betrieblichen Ausgleichsfonds gemäß § 3 ForstSchAusglG

Steuerpflichtige, die Einkünfte aus dem Betrieb von Forstwirtschaft erzielen und bei denen der nach §§ 4 Abs. 1, 5 EStG ermittelte Gewinn der Besteuerung zugrunde gelegt wird, können unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 ForstSchAusglG in der Bilanz eine den steuerlichen Gewinn mindernde Rücklagebilden. Dies gilt entsprechend für natürliche Personen, Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, bei denen Einkünfte aus dem Betrieb der Forstwirtschaft steuerlich als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln sind. In diesem Fall müssen die gesamten Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben des forstwirtschaftlichen Betriebsteils von den übrigen gewerblichen Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben klar abgrenzbar sein.

Eine Rücklage nach § 3 ForstSchAusglG kann auch in Wirtschaftsjahren gebildet werden, in denen keine Einschlagsbeschränkung angeordnet wurde. Die Rücklage darf 100%, die jährliche Zuführung zur Rücklage 25% der im Durchschnitt der vorangegangenen drei Wirtschaftsjahre erzielten nutzungssatzmäßigen Einnahmen nicht übersteigen.

 

17–30

 

Erhöhte Betriebsausgabenpauschsätze gemäß § 4 ForstSchAusglG

Der Pauschsatz für Betriebsausgaben nicht buchführungspflichtiger und nicht buchführender Betriebe beträgt im Zeitraum der Einschlagsbeschränkung 90% der Einnahmen aus der Verwertung des eingeschlagenen Holzes bzw. beim Verkauf des Holzes auf dem Stamm 65% der Einnahmen aus der Verwertung des stehenden Holzes. Die Grenze des § 51 EStDV von 50 Hektar (ha) forstwirtschaftlich genutzter Fläche ist nicht zu berücksichtigen. Die Vergünstigung wird sachbezogen gewährt und gilt daher auch für Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

 

Die erhöhten Pauschsätze stehen auch Betrieben zu, die gemäß § 1 Abs. 5 ForstSchAusglG von der Einschlagsbeschränkung ausgenommen sind, jedoch freiwillig die Einschlagsbeschränkung befolgen (§ 4 Abs. 2 ForstSchAusglG). Sie stehen aber nicht jenen Betrieben zu, die der Anordnung der Einschlagsbeschränkung nicht nachkommen.

 

31–35

 

Aktivierungswahlrecht gemäß § 4a ForstSchAusglG

Steuerpflichtige mit Einkünften aus Forstwirtschaft, bei denen der nach §§ 4 Abs. 1, 5 EStG ermittelte Gewinn der Besteuerung zugrunde gelegt wird, können im Fall einer Einschlagsbeschränkung von einer Aktivierung des eingeschlagenen und unverkauften Kalamitätsholzes ganz oder teilweise absehen, wenn der Bilanzstichtag im Zeitraum der Einschlagsbeschränkung liegt oder mit dem Wirtschaftsjahr der Einschlagsbeschränkung endet. Voraussetzung hierfür ist, dass der Steuerpflichtige die Einschlagsbeschränkung eingehalten hat. Die Vergünstigung wird sachbezogen gewährt und gilt daher auch für Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

 

36–38 (siehe Praxishinweis unten)

 

Ermäßigter Steuersatz gemäß § 5 ForstSchAusglG

Nach § 5 Abs. 1 ForstSchAusglG gilt für jegliche Kalamitätsnutzungen im Zeitraum der Einschlagsbeschränkung einheitlich der Steuersatz nach § 34b Abs. 3 Nr. 2 EStG (ein Viertel des durchschnittlichen Steuersatzes). Einschlagsbeschränkungen werden generell für das Forstwirtschaftsjahr (1.10. bis 30.9.) ausgesprochen. Maßgebend für die Anwendung des § 5 Abs. 1 ForstSchAusglG ist, ob die Kalamitätsnutzung während des Zeitraums einer Einschlagsbeschränkung erfolgt. Der Zeitpunkt der Kalamitätsnutzung bestimmt sich anhand der Trennung des Holzes vom Grund und Boden. Entsprechendes gilt, wenn Holz auf dem Stamm verkauft wird.

 

39–52 (mit Beispiel für abweichende Verrechnungsfolge)

 

Übervorräte bei der Holzwirtschaft gemäß § 7 ForstSchAusglG

§ 7 ForstSchAusglG erlaubt den Inhabern von Gewerbebetrieben, die ihren Gewinn nach § 5 EStG ermitteln, die zu erfassenden Holzvorräte mit einem niedrigeren Wert anzusetzen. Insbesondere Unternehmen, die mit Holz handeln oder dieses verarbeiten, können überdurchschnittliche Vorräte an Holz und Holzwaren mit 50% des Werts bilanzieren.

 

Der Mehrbestand an bestimmten Holzvorräten kann an Bilanzstichtagen, die in einen Zeitraum fallen, für den eine Einschlagsbeschränkung angeordnet ist, oder am ersten Bilanzstichtag nach Ablauf der Einschlagsbeschränkung statt mit dem sich nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG ergebenden Wert (Anschaffungs-/Herstellungskosten oder dauerhaft niedrigerer Teilwert) mit einem um 50% niedrigeren Wert angesetzt werden.

 

53–58

 

 

 

Praxishinweise:

  • In Forstbetrieben dürfte insbesondere die Ausübung des Aktivierungswahlrechts nach § 4a ForstSchAusglG von großer Tragweite sein, weil sich da nicht unerhebliches Gestaltungspotenzial auftut: Denn hiernach sind Buchwertminderungen und Buchwertabgänge beim Wirtschaftsgut Baumbestand sowie die übrigen Herstellungskosten des eingeschlagenen Holzes im Wirtschaftsjahr des Einschlags als Betriebsausgaben sofort abziehbar. Damit wirken sich im Wirtschaftsjahr des Holzeinschlags die wesentlichen mit der Kalamitätsnutzung zusammenhängenden Betriebsausgaben gewinnmindernd aus, während die Gewinnerhöhung aus der Veräußerung des Holzes erst im Wirtschaftsjahr des Verkaufs des Kalamitätsholzes eintritt.
    Allerdings sind Forstbetriebe dabei aus Gründen der Bewertungsstetigkeit an die einmal vorgenommene Wahl zur Bewertung, Teilbewertung oder Nichtbewertung des angefallenen Kalamitätsholzes auch in künftigen Wirtschaftsjahren gebunden. Das schließt jedoch nicht aus, dass bei einer neuen Kalamitätsnutzung für das neu angefallene Holz eine andere Wahl ausgeübt wird.
  • Mit dieser Materie wird ein weiteres Mal deutlich, dass es in den Bundesministerien für Finanzen bzw. für Justiz an Kommunikationsexpertise mangelt. Denn sonst würde man den Anwendern (also den Steuer- und Normalbürgern) wohl kaum Abkürzungs-Ungetüme wie ForstSchAusglG (für Forstschäden-Ausgleichsgesetz) oder – noch schlimmer – HolzEinschlBeschrV2021 zumuten. Dass sich hinter Letzterem die Verordnung über die Beschränkung des ordentlichen Holzeinschlags im Forstwirtschaftsjahr 2021 verbirgt, ist wirklich nicht mehr ohne Insider-Brille erkennbar.
  • Mit dieser Insider-Brille ausgestattet, versteht man auch besser, warum von einem „ordentlichen“ Holzeinschlag die Rede ist. Abgegrenzt wird nicht etwa der unordentliche Holzeinschlag, wenn Baumstämme nach dem Fällen von in Eile ins Wochenende geflüchteten Forstarbeitern bunt durcheinander gewürfelt liegengelassen worden sein sollten, sondern abgegrenzt werden insoweit außerordentliche Holzeinschlagsmengen, die ungeplant durch Waldschäden wie Stürme oder aufgrund von Befall mit Borkenkäfern entstanden sind bzw. entstehen. Derlei Differenzierungen zwischen ordentlich und unordentlich sind ja auch bei anderen Berufen nicht angebracht, wenn z.B. beim „ordentlichen Professor“ nicht etwa der zerstreute Kollege abgegrenzt werden soll und beim „ordentlichen Studenten“ nicht etwa auf die mehr oder weniger aufgeräumte Studentenbude, sondern auf Immatrikulationserfordernisse abgestellt wird. Weniger gebräuchlich ist bislang der Begriff eines „ordentlichen Bilanzbuchhalters“, obwohl hier die sich häufenden Bilanzskandale nahelegen, mehr Wert als bisher auf die ordentliche Buchführung (d.h. gemäß GoB ausgeführt und nicht zu kreativ) zu legen und letztlich wie ein ordentlicher Kaufmann – dies wiederum ist ein ebenso wichtiger wie gefestigter Rechtsbegriff, z.B. § 347 HGB – zu handeln.
  • Dieser kleine Ausflug in die Abgrenzungsfragen der Ordentlichkeit hält für Forstbetriebe und deren Berater noch ein besonderes Schlaglicht bereit: Ordentliche Kaufleute sollten ja – in aller Regel jedenfalls – keine Ordnungswidrigkeiten begehen. Eine solche wäre auch die Verletzung der Holzeinschlagsbeschränkung aus forsthoheitlicher Sicht. Interessanterweise weist das BMF in seinem oben genannten Schreiben vom 27.7.2021 auch darauf hin, dass Kenntnisse der Finanzbehörden aus einem Veranlagungs-, Außenprüfungs- oder Vollstreckungsverfahren grundsätzlich vom Steuergeheimnis im Sinne des § 30 AO gedeckt sind und „zur Durchführung eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens wegen Verletzung der Einschlagsbeschränkung nicht offenbart werden“ dürfen. Da müssen dann also die forsthoheitlichen Amtsträger ohne finanzbehördliche Schützenhilfe auskommen.

 

 

Dipl.-Kfm. Dr. Hans-Jürgen Hillmer, BuS-Netzwerk Betriebswirtschaft und Steuern, Coesfeld

BC 8/2021

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