BFH-Urteil vom 12.1.2012, IV R 4/09
FG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.3.2012, 3 V 279/12 (Revision zugelassen)
Investitionen werden unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich gefördert. Bei Inanspruchnahme dieser Förderung ist es wichtig, die Voraussetzungen und Bedingungen genau einzuhalten. Andernfalls können die steuerlichen Vorteile nicht nur wegfallen, sondern sich unter Umständen auch in einen steuerlicher Mehraufwand verkehren.
Zwei aktuell veröffentlichte Urteile befassen sich mit der Thematik.
Praxis-Info!
a) Rücklage für Ersatzbeschaffung: Reinvestitionsfrist und Anforderungen an die Investitionsabsicht (BFH-Urteil)
Im Ausgangsfall ging es um zwei wesentliche Fragestellungen:
- Innerhalb welcher Frist muss eine Ersatzbeschaffung, für die eine Rücklage nach § 6 EStG gebildet wurde, erfolgen?
- Welche Anforderungen bestehen bezüglich des Nachweises der Investitionsabsicht.
Mit Bezug auf die Reinvestitionsfrist widerspricht der BFH in seiner Urteilsbegründung den Regelungen der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR). Nach seinen Feststellungen muss eine Rücklage für Ersatzbeschaffung gewinnerhöhend aufgelöst werden, wenn die Absicht der Ersatzbeschaffung aufgegeben wurde oder die Ersatzbeschaffung nicht innerhalb einer bestimmten Frist durchgeführt wurde. Gemäß R 35 EStR a.F. (R 6.6 Abs. 4 EStR 2008) beträgt diese Frist ein Jahr und verdoppelt sich bei einer Rücklage, die aufgrund des Ausscheidens eines Grundstücks oder Gebäudes gebildet wurde.
Nach Ansicht des BFH dienen jedoch die Regelungen zur Reinvestitionsrücklage in § 6b EStG einem der Rücklage für Ersatzbeschaffung vergleichbaren Zweck. Insofern ist nicht ersichtlich, warum die geltenden Fristen in § 6b Abs. 3 EStG,
– vier Jahre für bewegliche Wirtschaftsgüter und
– sechs Jahre für Grundstücke und Gebäude,
nicht auch auf die Rücklage für Ersatzbeschaffung (nach § 6 EStG) anwendbar sein sollen. Dies um so mehr, als die Rücklage für Ersatzbeschaffung in der Regel unvorhersehbar infolge höherer Gewalt (z.B. Brand, Sturm, Diebstahl) anfällt, während sich die Regelungen des § 6b EStG auf die geplante Veräußerung bestimmter Wirtschaftsgüter (siehe oben) beziehen. Insofern sind die Fristen des § 6b EStG auch auf die Rücklage für Ersatzbeschaffung anwendbar. Der Ausgangsfall basierte noch auf R 35 EStR a.F. Die Altregelung entspricht aber bezüglich der eingeräumten Fristen der neuen Vorschrift in R 6.6 Abs. 4 EStR 2008, weshalb das Urteil auch für aktuelle Sachverhalte von Bedeutung ist.
Während der (nun erweiterten) Reinvestitionsfrist bedarf es keiner ständigen Überprüfung, ob die ursprüngliche Investitionsabsicht noch weiterhin besteht. Vielmehr wird von einem Fortbestand der Investitionsabsicht – als widerlegbare Vermutung – ausgegangen, wobei das Finanzamt die Aufgabe der Investitionsabsicht darzulegen bzw. nachzuweisen hat. Sollte festgestellt werden, dass die Investitionsabsicht aufgegeben wurde, ist die Rücklage für Ersatzbeschaffung im Zeitpunkt der Aufgabe der Absicht aufzulösen.
b) Zulässigkeit einer Erhöhung der Gewerbesteuerrückstellung im Jahr der Rückgängigmachung des Investitionsabzugsbetrags (Urteil des FG Baden-Württemberg)
Im Ausgangsfall wurde bei der Berechnung des zu versteuernden Einkommens für die Körperschaftsteuererklärung 2007 ein Investitionsabzugsbetrag nach § 7g Abs. 1 EStG in Höhe von 30.000 € in Abzug gebracht. Die Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuerbescheide 2007 erlangten Bestandskraft.
Da die Investition nicht innerhalb des vorgeschriebenen dreijährigen Investitionszeitraums vorgenommen wurde, machte das Finanzamt den Abzug des Investitionsabzugsbetrags wieder rückgängig. Gemäß § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG erfolgte die Rückgängigmachung im Jahr 2007 (keine Wirkung der Bestandskraft). Entsprechend erhöhte sich die zu zahlende Körperschaftsteuer. Der Steuerpflichtige begehrte daraufhin, auch die Gewerbesteuerrückstellung im Jahr 2007 an den gestiegenen Gewinn anzupassen, da in diesem Jahr die Gewerbesteuer noch als Betriebsausgabe abzugsfähig war.
Das FG Baden-Württemberg schließt sich in seiner Urteilsbegründung jedoch der ablehnenden Auffassung des Finanzamtes an. Die ursprüngliche Gewerbesteuerrückstellung sei 2007 korrekt gebildet worden. Eine Änderung nach Eintreten der Bestandskraft ist nicht möglich, da hierfür keine Ausnahmeregelung – wie sie § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG für die Rückgängigmachung des Investitionsabzugsbetrags vorsieht – existiert.
Insofern kann die höhere Gewerbesteuer nicht mehr bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens in Abzug gebracht werden. Der Steuerpflichtige steht somit schlechter da, als wenn er von vornherein auf die Berücksichtigung eines Investitionsabzugsbetrags verzichtet hätte. Dies zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, die Inanspruchnahme steuerlicher Vergünstigungen sorgfältig zu planen. |
Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Operational Risk Manager Corporate Finance, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)