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Rechnungslegung/Jahresabschluss
   

Keine Ansparabschreibung für Software

Christian Thurow

BFH-Urteil vom 18.5.2011, X R 26/09

 

Software ist ein immaterielles Wirtschaftsgut. Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn es sich um Standardsoftware handelt, die auf einem Datenträger gespeichert ist.

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

In der Praxis bestand bislang Uneinigkeit darüber, ob es sich bei auf einem Datenträger gespeicherter Standardsoftware um ein materielles oder immaterielles Wirtschaftsgut handelt. Die Einteilung ist u.a. entscheidend dafür, ob eine Rücklage nach § 7g EStG gebildet werden darf.

Das FG Köln hatte in seinem Urteil vom 17.2.2009 (1 K 117/06) festgestellt, es handele sich bei fixen Standardprogrammen generell um materielle Wirtschaftsgüter. Unter fixen Standardprogrammen versteht das Finanzgericht dabei solche Programme, die von einer Vielzahl vorher nicht festgelegter Anwender benutzt werden und die nicht an die betriebsindividuellen Bedürfnisse des Anwenders angepasst werden können. Darüber hinaus seien fixe Standardprogramme in der Regel datenträgergebunden. Aufgrund der Klassifizierung als materielles und somit abnutzbares bewegliches Wirtschaftsgut des Anlagevermögens sei somit die Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrags nach § 7g EStG zulässig.

 

 

Lösung

Der BFH hat nunmehr klargestellt, dass es sich auch bei einer auf einem Datenträger gespeicherten Standardsoftware um ein immaterielles Wirtschaftsgut handelt. Sämtliche Arten von Computerprogrammen sind, so der BFH in seiner Begründung, grundsätzlich unkörperlicher Natur und somit immaterielle Wirtschaftsgüter. Dies gilt auch dann, wenn das Programm auf einem Datenträger gespeichert ist und sich somit aus materiellen und immateriellen Komponenten zusammensetzt.

Im Mittelpunkt der Anschaffung eines Computerprogramms steht das Programm an sich. Der Datenträger dient lediglich dazu, das Programm zu transportieren und auf einen Computer zu übertragen; er hat somit eher einen Verpackungscharakter. Die Bildung einer Rücklage nach § 7g EStG ist somit auch für Standardsoftware nicht möglich.

 

 

Handelsrechtliche Bilanzierung von Software

Für die handelsrechtliche Bilanzierung von Software ist vor allem auf den IDW RS HFA 11 „Bilanzierung entgeltlich erworbener Software beim Anwender“ abzustellen. Hiernach ist bei dem Begriff „Software“ zunächst zwischen Firmware, Systemsoftware und Anwendungssoftware zu unterscheiden:

  • Unter Firmware sind Programmbausteine zu verstehen, wie z.B. BIOS, die fest mit dem Computer verbunden sind und die dazu dienen, die Hard- mit der Software zu verbinden. Eine Trennung von der Hardware ist nicht möglich. Insofern ist Firmware zusammen mit der Hardware im Sachanlagevermögen auszuweisen.
  • Das auf dem Computer laufende Betriebssystem bildet die Systemsoftware. Diese dient der Bedienung des Computers, verfügt aber nicht über praktische Anwendungsfunktionalitäten. Die Systemsoftware stellt in der Regel einen immateriellen Vermögensgegenstand dar. Werden jedoch Hardware und Systemsoftware als Paket, d.h. ohne gesonderte Berechnung, erworben und ist eine Aufteilung des Kaufpreises in Hard- und Systemsoftware nicht möglich oder wirtschaftlich zweckmäßig, ist die Systemsoftware zusammen mit der Hardware im Sachanlagevermögen zu bilanzieren.
  • Anwendungssoftware sind sämtliche Programme, die zur Datenverarbeitung genutzt werden. Sie ist regelmäßig als immaterielles Wirtschaftsgut zu bilanzieren. Die Anwendungssoftware lässt sich noch unterscheiden in:
    Individualsoftware, d.h. auf die betriebsindividuellen Bedürfnisse des Anwenders zugeschnittene Software, und
    Standardsoftware.
    Individualsoftware kann entweder selbst erstellt oder entgeltlich erworben werden. Durch die Änderung des § 248 Abs. 2 HGB im Rahmen des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) besteht für selbst erstellte Individualsoftware ein Bilanzierungswahlrecht. Bei der Bilanzierung von Individualsoftware ist nach folgendem Prüfschema vorzugehen:

 

 

 

Abb.: Prüfschema zur Bilanzierung von Individualsoftware

 

Erfolgt die Erstellung der Individualsoftware unter Einschaltung externer Unternehmen, ist für die Bilanzierung entscheidend, ob mit diesen Firmen ein Dienstvertrag (Herstellungsrisiko verbleibt beim Anwender) oder ein Werkvertrag (Herstellungsrisiko wird vom externen Unternehmen getragen) abgeschlossen wird.

 

 

Resümee

Software ist in der Regel ein immaterielles Wirtschaftsgut. Hieraus ergibt sich steuerlich ein Verbot für die Bildung einer § 7g-Rücklage. Handelsrechtlich ist insbesondere das Aktivierungswahlrecht für selbst erstellte Individualsoftware zu beachten. Wird von dem handelsrechtlichen Aktivierungswahlrecht Gebrauch gemacht, kommt es aufgrund des steuerlich bestehenden Aktivierungsverbots (vgl. § 5 Abs. 2 EStG) zur Bilanzierung passiver latenter Steuern.

 

Praxishinweis:

Computerprogramme, deren Anschaffungskosten nicht mehr als 410 € betragen, werden (gemäß R 5.5 Abs. 1 Sätze 2 und 3 EStR) wie Trivialsoftware behandelt. Der materielle Charakter einer Trivialsoftware steht beim Kauf im Vordergrund; hierauf kommt es dem Erwerber in erster Linie an. Trivialprogramme sind beispielsweise Telefonbücher, Lexika, Vokabulare usw. auf CD oder DVD.

Sämtliche Computerprogramme – und hier zählt jede einzelne Lizenz – bis 150,00 €, die als Trivialprogramme gelten, können steuerbilanziell (Wahlrecht gemäß § 6 Abs. 2 EStG)

– entweder individuell nach Maßgabe der Nutzungsdauer abgeschrieben werden

– oder im maßgebenden Wirtschaftsjahr in voller Höhe als Betriebsausgaben abgezogen werden (lediglich Aufzeichnung des Zugangswerts erforderlich).

Bei Softwarelizenzen zwischen 150,01 € und 410,00 €, die ebenfalls (gemäß R 5.5 Abs. 1 Satz 3 EStR) als Trivialprogramme gelten und somit abnutzbares bewegliches, selbstständig nutzbares Wirtschaftsgut sind, greift das seit 1.1.2010 geltende generelle GWG-Wahlrecht (nach § 6 Abs. 2 EStG) zwischen

– Sofortabschreibung,

– zeitanteiliger Abschreibung und

– Poolabschreibung,

das Hoffmann in BC 12/2010 (S. 537 ff.) und Jüttner in BC 3/2010 (S. 107 f.) näher vorstellen.

Mit Blick auf den Wesentlichkeitsgrundsatz (materiality) wird diese steuerliche Regelung überwiegend unverändert in die handelsrechtliche Rechnungslegungspraxis übernommen.
 

 
Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Operational Risk Manager Corporate Finance, London (E-Mail: Christian.Thurow@sc.com)

 

 

BC 10/2011

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