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Rechnungslegung/Jahresabschluss
   

Bilanzsteuerliche Behandlung von ERP-Software

BC-Redaktion

BMF-Schreiben vom 17.10.2005, IV B 2 – S 2172 – 34/05 (Zusammenfassung der Red.)

 

  • Ein betriebswirtschaftliches Softwaresystem (ERP-Software) ist nach diesem Schreiben regelmäßig Standardsoftware und bei entgeltlichem Erwerb ein aktivierungspflichtiges immaterielles Wirtschaftsgut des Anlagevermögens.
  • Kosten für die Anpassung an die betrieblichen Anforderungen (sog. Customizing) sind dabei in der Regel als Anschaffungsnebenkosten zu behandeln – auch wenn die Software ganz oder teilweise mit eigenem Personal implementiert wird.
  • Hinsichtlich der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von ERP-Software, die nur linear abgeschrieben werden kann, wird ein Zeitraum von 5 Jahren festgelegt. Bei nachträglichen Anschaffungskosten bemisst sich die Abschreibung nach der Restnutzungsdauer.

Im Einzelnen:

 

 

Anschaffungsnebenkosten

 

  • Planungskosten (zur Geschäftsprozessanalyse), sofern sie nach der Kaufentscheidung entstehen.
  • Implementierungskosten:
    – Aufwendungen für Customizing (u.a. branchen- und unternehmensspezifische Einstellungen in Tabellen),
    – Programmänderungen (Modifications),
    – Programmerweiterungen (Extensions),
    – Eigenleistungen (z.B. Personal- und Raumkosten für Installation und Parametrisierung sowie für Customizing-Schulungen),
    – Anpassungsvorgänge über das Customizing hinaus (z.B. Einstellung aufwändiger Reports oder Schnittstellen-Programmierung), soweit keine Erweiterung oder wesentliche Verbesserung der ausgelieferten Funktionen erfolgt (z.B. keine wesentlichen Änderungen am Quellcode).

Später angeschaffte Module zur Erweiterung des Softwaresystems stellen hingegen nachträgliche Anschaffungskosten dar. Bei einer völligen Neukonzeption der betriebswirtschaftlichen Soft- und Hardware, die auch im Rahmen einer Wartung erfolgen kann (z.B. Generationswechsel), sind die Anschaffungskosten als neues Wirtschaftsgut zu aktivieren. Das ist insbesondere der Fall bei

  • Vergabe einer neuen Lizenz,
  • Funktionserweiterung der Software,
  • Notwendigkeit einer Datenmigration auf die neue Programmversion.

Tritt dagegen eine neue Lizenz an die Stelle der alten Lizenz, kommen Teilwertabschreibungen in Höhe des im Restbuchwert des Softwaresystems enthaltenen rechnerischen Anteils der Ursprungslizenz in Betracht:

 

 

Buchwert der alten Lizenz

+ neue Anschaffungskosten

./. Teilwert                                                     

= Differenz (Betrag der Teilwertabschreibung)

 

 

Die verbleibenden Customizingkosten sind dem neuen zu aktivierenden Wirtschaftsgut hinzuzurechnen, da sie wirtschaftlich noch nicht verbraucht sind.

 

 

Sofort abziehbare Betriebsausgaben

 

  • Vorkosten: Aufwendungen, die vor der Kaufentscheidung anfallen,
  • Schulungskosten für Anwenderschulungen,
  • Wartungskosten (z.B. Zurverfügungstellung von Weiterentwicklungen und Softwareverbesserungen im Rahmen von Updates, Releasewechseln) – Ausnahmen beachten!
  • Piloteinsätze: Überwiegender Einsatz für Zwecke der betrieblichen Leistungserstellung,
  • Datenmigration (z.B. Übernahme von Kunden- oder Lieferantenstammdaten aus Alt- oder Vorgängersystemen).

 

 

Beginn der AfA

 

 

Die Abschreibung beginnt mit der Betriebsbereitschaft des Softwaresystems, die mit Abschluss der Implementierung vorliegt. Indizien sind:

 

  • Ende des Zeitraums der Entstehung von Implementierungskosten,
  • erfolgreicher Testlauf des kompletten Systems,
  • bei stufenweiser Einführung der Module: Betriebsbereitschaft des ersten Moduls,
  • bei Beauftragung eines Dritten für die Implementierung: Übergang der Verfügungsgewalt.

 

 

Praxis-Info!

 

Das BMF-Schreiben versucht das Kernproblem für die Aktivierungsfähigkeit von ERP-Software ausreichend differenziert darzustellen:

  • Danach liegt beispielsweise ein nicht aktivierbarer Herstellungsvorgang vor (kein entgeltlicher Erwerb bzw. nicht bilanzierungsfähige Selbsterstellung), wenn für die Implementierung ein Dienstvertrag geschlossen wurde.
  • Umgekehrt führt ein Werkvertrag, bei dem der Softwareanbieter das Herstellungsrisiko trägt, zu Anschaffungskosten (entgeltlicher Erwerb).

Allerdings weicht das BMF-Schreiben in einigen Punkten von der bisherigen handelsrechtlichen Bilanzierungspraxis (u.a. der HFA-Stellungnahme des IDW, RS HFA 11 vom 30.6.2004) ab:

  • Eigenleistungen (z.B. innerbetriebliche Personalkosten) sollen laut dem BMF-Schreiben zu den Anschaffungsnebenkosten gehören. Die Kosten der Implementierung entgeltlich erworbener Software gehören jedoch nur dann zu den Anschaffungskosten, soweit sie durch den Veräußerer und nicht vom Unternehmer selbst durchgeführt werden. Personalkosten, die für die interne Bereitstellung oder Durchführung anfallen, wären – mangels fehlender Wertbeständigkeit am Markt – eigentlich sofort abziehbare Betriebsausgaben.
  • Gültigkeit hat auch nicht mehr die Faustregel des HFA: Wenn die Customizing-Kosten im Verhältnis zu den Anschaffungskosten der Softwarelizenz gering sind, liegt eine Versetzung in den betriebsbereiten Zustand (Anschaffungskosten) vor. Daraus konnte die Praxis umgekehrt bei regelmäßig sehr umfangreichen Customizing-Kosten schließen: Es liegt ein nicht aktivierbarer Herstellungsvorgang vor.

 

 

 

Vertiefungshinweise:

  • Hoffmann, Neuere Entwicklungen im Bilanzrecht, BC 11/2005 (S. 245 f.),
  • Spohn/Peter: ERP-Software: Bilanzielle Behandlung der Implementierungskosten (Customizing), BC 5/2005 (S. 97 ff.), 
  • IHK-Steuerinfo vom Juli 2005, BStBK KammerReport 08/2005: Bilanzsteuerliche Beurteilung von ERP-Software (siehe hier).

 

 

 [Anm. d. Red.]

 

BC 12/2005

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