BFH-Urteil vom 24.10.2012, I R 43/11
Die auf der Unverzinslichkeit einer im Anlagevermögen gehaltenen Forderung (hier: Darlehensforderung gegen eine Tochtergesellschaft) beruhende Teilwertminderung ist keine voraussichtlich dauernde Wertminderung und rechtfertigt deshalb keine Teilwertabschreibung.
Praxis-Info!
Im Rahmen von Konzernstrukturen werden häufig Darlehen von Mutter- an Tochtergesellschaften gewährt. Langfristige Darlehen werden in diesem Fall bei der Muttergesellschaft im Finanzanlagevermögen bilanziert. Das am 2.1.2013 veröffentlichte Urteil des Bundesfinanzhofs beleuchtet hierzu einige bei der Bewertung der Darlehen auf Ebene von Mutter- und Tochtergesellschaft zu beachtende Gesichtspunkte. Das Urteil bezieht sich auf ein zinsloses Darlehen.
- Der Teilwert unverzinslicher Darlehen ist grundsätzlich durch Abzinsung der künftigen Rückzahlung zu ermitteln. Ausgenommen von diesem Grundsatz sind u.a. Gesellschafterdarlehen. Der BFH stellt in seiner Urteilsbegründung klar, dass die Unverzinslichkeit eines Gesellschafterdarlehens eines Alleingesellschafters einer Kapitalgesellschaft grundsätzlich nicht zu einer Minderung des Teilwerts führt.
- Solange die Rückzahlung des unverzinslichen Darlehens sicher ist, liegt während der Laufzeit keine voraussichtlich dauernde Wertminderung vor. Analog zu der vom BFH entwickelten Rechtsprechung bezüglich gesunkener Wechselkurse von festverzinslichen Wertpapieren ist bei der Ermittlung einer Wertminderung auf die Rückzahlung des Nominalbetrags abzustellen. Eine auf der Unverzinslichkeit einer im Anlagevermögen gehaltenen Forderung beruhende Teilwertminderung stellt somit keine dauernde Wertminderung dar und rechtfertigt keine Teilwertabschreibung.
- Auf Ebene der Tochtergesellschaft ist die Rückzahlungsverpflichtung gegebenenfalls (gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG) mit 5,5% abzuzinsen. Dies führt zu einer Differenz zwischen Darlehensforderung auf Ebene der Muttergesellschaft und Darlehensverbindlichkeit auf Ebene der Tochtergesellschaft. Diese als „umgekehrte Imparität“ bezeichnete Asymmetrie ist im Gesetz so vorgesehen. Ein Anspruch auf bilanzielle Gleichbehandlung von Forderung und Verbindlichkeit besteht nicht.
Aus steuergestalterischer Sicht bleibt eine Abzinsung der Verbindlichkeit des Tochterunternehmens (gegenüber dem Mutterunternehmen) dann ohne nachteilige Auswirkungen, wenn regelmäßig Verlustvorträge vorliegen, die einen Steuereffekt verhindern. Denn häufig werden Darlehen zur Sanierung von Tochterunternehmen und als Liquiditätshilfe in deren Krise in unverzinslicher Form gewährt. Diese müssen dann bei der darlehensempfangenden Schuldnerin (Tochterunternehmen) zugunsten des Ergebnisses abgezinst werden. Und umgekehrt: Sollte die Krise beim Tochterunternehmen beseitigt sein und wieder Gewinne anfallen, kann die Verzinsung (des ursprünglich unverzinslich gewährten Darlehens) mit entsprechendem Zusatzaufwand wieder aufgenommen werden (Hoffmann, BC 2005, S. 248, Heft 11). Die fiskalische Interessenlage bei der Abzinsung kommt eher im Bereich der Rückstellungen zum Erfolg. Angesprochen sind – Sachleistungsverpflichtungen (z.B. interne Kosten der Erstellung des Jahresabschlusses und der Steuererklärungen, Restrukturierungsvorhaben, umweltschutzrechtliche Auflagen) und – Einzel-Gewährleistungsverpflichtungen (z.B. für kostenlose Nacharbeiten, Ersatzlieferungen aufgrund gesetzlicher oder vertraglicher Gewährleistungsverpflichtungen), die in der Regel keinen Zinsanteil enthalten und deshalb unter die Abzinsungspflicht fallen.
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Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Operational Risk Manager Corporate Finance, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)
BC 1/2013
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