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Rechnungslegung/Jahresabschluss
   

Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten

Christian Thurow

BFH-Urteil vom 22.1.2020, XI R 2/19

 

In der Steuerbilanz besteht ein Ansatzverbot von Aufwandsrückstellungen. Doch bedeutet dies im Umkehrschluss, dass jede Außenverpflichtung automatisch eine Rückstellungsbildung rechtfertigt?


 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Die Klägerin betrieb einen Spezialgerüstbau für Großindustrieanlagen. Hierzu ging sie mit ihren Kunden Rahmenverträge mit einer Laufzeit von jeweils drei Jahren ein. Mit den vereinbarten Entgelten waren auch der An- und Abtransport sowie die Montage und die Demontage der Gerüste abgegolten. Die gewinnerhöhende Erfassung der Entgelte erfolgte jeweils nach Abwicklung der Einzelaufträge. Um effizienter operieren zu können, errichtete die Klägerin bei mehreren Kunden vor Ort ein Materiallager. Die Klägerin bildete eine Rückstellung für den beim Abtransport des Materials anfallenden Aufwand.

Das Finanzamt erkannte die Rückstellung nicht an. Aufgrund des Materialwerts bestand aus Sicht der Behörde ein überwiegendes eigenbetriebliches Interesse am Abtransport des Materials. Die Rückstellung stelle daher eine steuerlich nicht zu bilanzierende Aufwandsrückstellung dar. Auch das erstinstanzliche FG (Finanzgericht) Münster kam zu dem Schluss, dass die Außenverpflichtung der Klägerin von eigenbetrieblichen Erfordernissen gleichgerichtet und kongruent überlagert würde.

 

 

Lösung

Der BFH folgt der Auffassung von Finanzamt und erstinstanzlichem Finanzgericht. Aufgrund des steuerlichen Verbots sog. Aufwandsrückstellungen setzt der Ansatz einer Rückstellung als Verbindlichkeitsrückstellung eine Außenverpflichtung voraus. Doch auch bei Vorliegen einer Außenverpflichtung kann es nach ständiger BFH-Rechtsprechung im Einzelfall nötig sein, die wirtschaftlichen Interessen des Leistungsverpflichteten und des Anspruchsberechtigten zu gewichten. Dies kann dazu führen, dass ein eigenbetriebliches Interesse als wirtschaftlich auslösendes Moment der Belastung anzusehen ist. Überlagern die wirtschaftlichen Interessen des Leistungsverpflichteten diejenigen des Anspruchsberechtigten vollständig, liegt de facto eine Aufwandsrückstellung vor, für die das steuerliche Abzugsverbot greift.

Im Ausgangsfall ist dies gegeben, da die in den örtlichen Materiallagern befindlichen Gerüstteile und Materialien für die Klägerin betriebsnotwendig sind. Als Gerüstbauunternehmen ist die Klägerin darauf angewiesen, Gerüstbaumaterialien sowie Betriebs- und Geschäftsausstattung für weitere Aufträge wieder zur Verfügung zu haben. Somit liegt der Abtransport des Materials im überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse der Klägerin, welches die bestehende Außenverpflichtung überlagert. Daher handelt es sich bei der gebildeten Rückstellung für Abbauverpflichtungen um eine steuerlich nicht ansetzbare Aufwandsrückstellung.

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Business Audit Manager, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)

 

 

BC 7/2020

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