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Rechnungslegung/Jahresabschluss
   

E-Bilanz: Wann ist der Aufwand zur elektronischen Übermittlung unzumutbar?

BC-Redaktion

BFH-Urteil vom 21.4.2021, XI R 29/20

 

Eine „unbillige Härte“ im Sinne des § 5b Abs. 2 EStG liegt nicht bereits deshalb vor, weil die Einkünfte des bilanzierenden Steuerpflichtigen im Wirtschaftsjahr gering oder negativ sind. Vielmehr ist zu beurteilen, ob angesichts des Umfangs der Bilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung die vom Steuerpflichtigen zu tragenden Kosten unverhältnismäßig sind. Nur wenn dies der Fall ist, liegt ein erheblicher finanzieller Aufwand im Sinne des § 150 Abs. 8 S. 2 Hs. 1 AO vor.

Ein finanzieller Aufwand in Höhe von 40,54 € für die durch § 5b Abs. 1 EStG vorgeschriebene elektronische Übermittlung der Bilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz ist auch für einen „Kleinstbetrieb“ (wirtschaftlich) zumutbar.


 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Ein Betreiber von sog. Internetplattformen in der Rechtsform der haftungsbeschränkten Unternehmergesellschaft (UG) (Stammkapital: 2.500 €) reichte die Steuererklärungen und Bilanzen für die Jahre 2011 bis 2016 in Papierform ein. Für die Jahre 2017 und 2018 wurden die Steuererklärungenelektronisch übermittelt, die Bilanzen sowie die Gewinn- und Verlustrechnungen hingegen weiterhin in Papierform eingereicht. Begründung: Die UG erwirtschafte nur geringe Umsätze bzw. Gewinne, und eine Infrastruktur zur elektronischen Einreichung der Bilanz sei nur mit unverhältnismäßigem Aufwand zu errichten. Ein Programm für die Erstellung einer E-Bilanz sei nicht vorhanden.

Das Finanzamt verlangte dennoch eine elektronische Übermittlung der Bilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung nach dem amtlich vorgeschriebenen Datensatz. Zum einen setze der Betrieb von Internetplattformen entsprechende technische Fähigkeiten voraus sowie das Vorhandensein einer tauglichen Hardware. Zum anderen sei der Erwerb einer entsprechenden Software wirtschaftlich zumutbar, da es sich um eine anteilige Investition in die Folgejahre handle, in denen die Bilanzen ebenfalls elektronisch einzureichen seien. Überdies werden allein auf der ELSTER-Website bereits neun Anbieter aufgelistet, die mit ihrer Software ELSTER unterstützen würden und kostenfrei erhältlich seien.

Das Finanzgericht Schleswig-Holstein (Vorinstanz) benennt hierzu beispielsweise die kostenfreie Basisversion des Programms „myebilanz“. Die „PLUS-Lizenz“ wird für 40,54 € pro Jahr angeboten. Weitere Softwarelösungen bewegen sich in einer Preisspanne zwischen 10 € und 25 €.

Außer im Jahr 2017, in dem ein Verlust erzielt wurde, sind zumeist Gewinne im unteren vierstelligen Bereich bei der UG erwirtschaftet worden. Mit Blick auf die Umsatzerlöse seien Kosten für eine entsprechende Softwarelösung zur elektronischen Übermittlung der E-Bilanz nicht unverhältnismäßig.

 

 

Lösung

Die elektronische Übermittlung der Bilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz ist für den Steuerpflichtigen (Gesellschafter-Geschäftsführer der UG) weder wirtschaftlich noch persönlich unzumutbar:

  • Persönlich zumutbar ist die elektronische Übermittlung des Inhalts der E-Bilanz bereits deshalb, weil die UG ihre Steuererklärungen elektronisch übermittelt hat.
  • Wirtschaftlichzumutbar ist die Anschaffung der erforderlichen Technik (u.a. der dazu notwendige Internetanschluss, die Hardware sowie die Software), da hierzu kein erheblicher finanzieller Aufwand erforderlich ist. Denn die Schaffung der technischen Voraussetzungen steht im Streitfall in einem wirtschaftlich sinnvollen Verhältnis zu den Einkünften. Entsprechende technische Geräte (Hardware) sowie ein Internetanschluss für die elektronische Übermittlung der Steuererklärung an das Finanzamt seien bereits vorhanden. Die Anschaffung einer kommerziellen Version/Software (zur Übermittlung der E-Bilanz), deren Kosten zwischen 10 € und 40 € liegen, sind auch für ein Kleinstunternehmen wirtschaftlich vertretbar. Vor allem dann, wenn im maßgeblichen Wirtschaftsjahr ein Gewinn im vierstelligen Bereich erzielt wurde. Außerdem kann dieser Betrag steuerlich in Abzug gebracht werden. Überdies besteht sogar die Möglichkeit, eine frei zugängliche kostenfreie Software zu nutzen.

 

Praxishinweis:

Bis zum Veranlagungszeitraum 2016 wurde bei Betriebseinnahmen von weniger als 17.500 € im Wirtschaftsjahr nicht beanstandet, wenn der Steuererklärung eine formlose Gewinnermittlung beigefügt wurde. Auf die elektronische Übermittlung der Einnahmen-Überschussrechnung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung (§ 60 Abs. 4 EStDV) wurde verzichtet (vgl. BMF-Schreiben vom 29.9.2016, BStBl. I 2016, 1019). Seit dem Veranlagungszeitraum 2017 besteht diese Regelung jedoch nicht mehr fort (vgl. BMF-Schreiben vom 9.10.2017, BStBl. I 2017, 1381).

 

 

Generell ist bei der Frage der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit nicht allein der Umsatz und Gewinn eines Gewerbebetriebs maßgebend. Eine „unbillige Härte“ (gemäß § 5b Abs. 2 EStG) liegt nicht schon dann vor, wenn die Einkünfte des bilanzierenden Steuerpflichtigen im Wirtschaftsjahr gering oder negativ sind. Vielmehr ist zu beurteilen, ob angesichts des Umfangs der Bilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung die vom Steuerpflichtigen zu tragenden Kosten unverhältnismäßig sind (Umfang des Jahresabschlusses). Nur wenn dies der Fall ist, liegt ein nicht unerheblicher finanzieller Aufwand im Sinne des § 150 Abs. 8 S. 2 Hs. 1 AO vor.

 

Praxishinweis:

Widersinnig wäre es beispielsweise, wenn ein börsennotiertes Unternehmen aufgrund einer isolierten Betrachtung seiner Einkünfte in einem Verlustjahr nicht verpflichtet sein könnte, seine Bilanz elektronisch an das Finanzamt zu übermitteln. Dies allein schon mit Blick auf den Bilanzenzusammenhang.

Auch bei Kleinstbetrieben besteht kein voraussetzungsloser, „automatischer“ Anspruch auf eine Befreiung von der Pflicht zur elektronischen Übermittlung der Bilanz.

 

 

[Anm. d. Red.] 

 

 

BC 9/2021

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