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Einkommen-/Lohnsteuer
   

Anwendungsfragen zur Lizenzschranke (§ 4j EStG)

Dr. Hans-Jürgen Hillmer

BMF-Schreiben vom 5.1.2022, IV C 2 – S 2144-g/20/10002 :007

 

Aufwendungen für Rechteüberlassungen sind beim Schuldner nach Maßgabe des § 4j Abs. 3 EStG nicht oder nur anteilig abziehbar, wenn die Einnahmen des Gläubigers einer von der Regelbesteuerung abweichenden, niedrigen Besteuerung unterliegen (Präferenzregelung) und der Gläubiger eine dem Schuldner nahestehende Person im Sinne des § 1 Abs. 2 AStG ist (§ 4j Abs. 1 S. 1 EStG). Hierzu gibt es Ausnahmeregelungen, zu denen die Finanzverwaltung ausführlich Stellung genommen und dabei u.a. definiert hat, welche Unterlagen aus der Buchführung bzw. Gewinnermittlung einzureichen sind, um den Nachweis der Regelbesteuerung zu führen.

 

 

Praxis-Info!

 

Hintergrund

Mit dem Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen vom 27.6.2017 (BGBl. I 2017, 2074; BStBl. I 2017, 1202) wurde § 4j EStG eingeführt. Die Regelung sieht nach Maßgabe des § 4j Abs. 3 EStG ein (anteiliges) Abzugsverbot für Aufwendungen aus der Rechteüberlassung vor, soweit die korrespondierenden Einnahmen des Gläubigers einer niedrigen Besteuerung im Rahmen einer Präferenzregelung unterliegen.

In die Buchführungs- und Besteuerungspraxis übersetzt heißt das, dass die sog. Lizenzschranke nach § 4j EStG verhindern soll, dass unter Ausnutzung eines Steuergefälles Lizenzgebühren ins Ausland als Betriebsausgaben abgezogen werden können. Beispielsweise könnten Unternehmen auf ausländische Konzerntöchter immaterielle Wirtschaftsgüter wie Marken, Patente und Urheberrechte übertragen und anschließend von der ausländischen Lizenzgesellschaft diese Rechte wieder an die deutsche operative Gesellschaft zurückübertragen – gegen entsprechende Lizenzgebühren, die im Ausland nur sehr niedrig oder teils gar nicht besteuert werden. Deshalb ist dies nur unter sehr eingegrenzten Voraussetzungen zulässig.

 

Das BMF befasst sich nun im Scheiben vom 5.1.2022 damit, dass die Abzugsbeschränkung keine Anwendung findet, soweit die auf die entsprechenden Einnahmen beim Gläubiger angewandte Präferenzregelung dem sog. Nexus-Ansatz der OECD entspricht (§ 4j Abs. 1 S. 4 EStG). Dieser wurde in Kapitel 4 des Abschlussberichts 2015 zu OECD-BEPS Aktionspunkt 5 definiert und ist unter https://www.oecd.org/publications/wirksamere-bekampfung-schadlicher-steuerpraktiken-unter-berucksichtigung-von-transparenz-und-substanz-aktionspunkt-5-abschlussbericht-9789264258037-de.htm verfügbar.

 

 

 

Lösung

Das BMF hat die Problemlage mit den obersten Finanzbehörden der Länder erörtert und in vier Abschnitten Folgendes behandelt:

I. Präferenzregelung im Sinne des § 4j Abs. 1 S. 1 EStG: Voraussetzung der Abzugsbeschränkung für Aufwendungen für Rechteüberlassungen (sog. Lizenzschranke) ist die Besteuerung der korrespondierenden Einnahmen des Gläubigers im Rahmen einer Präferenzregelung im Sinne des § 4j Abs. 1 S. 1 EStG. Eine solche Präferenzregelung im Sinne der Lizenzschranke liegt vor, wenn

  • die Einnahmen des Gläubigers aus der Rechteüberlassung einer von der Regelbesteuerung abweichenden Besteuerung unterliegen und
  • die auf diese Einnahmen entfallende Ertragsteuerbelastung weniger als 25% beträgt.

In Abschn. I.1 des BMF-Schreibens erörtert die Finanzverwaltung, wann ein Abweichen von der Regelbesteuerung beim Vergleich der tatsächlichen Besteuerung der Einnahmen des Gläubigers aus der Rechteüberlassung mit der Regelbesteuerung anderer Einkünfte in demselben Staat anzunehmen ist. In Abschn. I.2 wird näher behandelt, dass eine niedrige Besteuerung im Sinne des § 4j Abs. 1 S. 1 EStG unter den Voraussetzungen des § 4j Abs. 2 S. 1 EStG vorliegt: Die Einnahmen aus Rechteüberlassungen unterliegen demnach entweder keiner Besteuerung oder einer Ertragsteuerbelastung von unter 25%. Ob der niedrigen Besteuerung auch weitere Einnahmen oder Einkünfte des Gläubigers der Einnahmen aus Rechteüberlassungen unterliegen, ist unbeachtlich.

 

II. Nexus-Konformität im Sinne des § 4j Abs. 1 S. 4 EStG: In diesem zweiten Hauptkapitel erörtert das BMF, dass § 4j Abs. 1 S. 4 EStG eine Ausnahme von der Abzugsbeschränkung für den Fall enthält, dass die angewandte Präferenzregelung dem in Kapitel 4 des Abschlussberichts 2015 zu OECD-BEPS Aktionspunkt 5 definierten Nexus-Ansatz entspricht. Entspricht die Präferenzregelung nicht dem Nexus-Ansatz, ist die Anwendung der Ausnahmeregelung des § 4j Abs. 1 S. 4 EStG auch dann ausgeschlossen, wenn der Gläubiger selbst die Kriterien für eine substanzielle Geschäftstätigkeit erfüllt. Im Weiteren äußert sich das BMF detailliert zur Prüfung der Nexus-Konformität durch die OECD (dort unter Rückgriff auf das Forum on Harmful Tax Practises (FHTP)) bzw. auf nationaler Ebene. Denn soweit Präferenzregelungen nicht vom FHTP auf ihre Nexus-Konformität geprüft wurden, muss diese Prüfung im Rahmen des inländischen Besteuerungsverfahrens vorgenommen werden. Dies kann nach den Vorgaben des BMF insbesondere der Fall sein, wenn

  • das FHTP das als Präferenzregelung im Sinne der Lizenzschranke anzusehende Präferenzregime als „Sonstige Regelung“ eingestuft hat und deshalb keine Prüfung der Nexus-Konformität erfolgt,
  • das Präferenzregime im Übergangszeitraum bis zum 30.6.2021 aufgehoben oder Nexus-konform angepasst wurde, sodass sich eine Prüfung durch das FHTP erübrigt hat oder eingestellt wurde, oder
  • individuelle „Tax Rulings“ vorliegen, die die Voraussetzungen einer Präferenzregelung im Sinne der Lizenzschranke erfüllen.

 

III. Beweislastverteilung: Für die Beweislastverteilung gelten bei Anwendung der Lizenzschranke die allgemeinen Grundsätze. Danach trägt die Finanzverwaltung grundsätzlich die Beweislast für steuererhöhende und der Steuerpflichtige die Beweislast für steuermindernde Tatsachen. Die objektive Beweislast für die Höhe und betriebliche Veranlassung der Lizenzaufwendungen trägt der Steuerpflichtige. Bei der Prüfung der Abzugsbeschränkung hat der Steuerpflichtige wegen des Vorliegens eines Auslandssachverhalts den erhöhten Mitwirkungs- und Beweisvorsorgepflichten des § 90 Abs. 2 AO nachzukommen und die für die Prüfung im Einzelfall erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Anderenfalls kann die Finanzbehörde ggf. nachteilige Schlüsse für den Steuerpflichtigen auch hinsichtlich solcher Tatsachen ziehen, für welche die Finanzverwaltung grundsätzlich die Beweislast trägt. Der Nachweis, dass eine Lizenzzahlung an einen ausländischen Empfänger keiner Präferenzregelung unterlegen hat, kann grundsätzlich nur durch Vorlage von Unterlagen aus der Buchführung des Gläubigers der Lizenzaufwendungen sowie dem für den Veranlagungszeitraum ergangenen ausländischen Steuerbescheid nebst Berechnungsgrundlagen geführt werden.

Im Einzelnen muss sich aus den einzureichenden Unterlagen insbesondere ergeben, dass

  • die Lizenzeinnahme in der Gewinnermittlung des Empfängers erfasst wurde,
  • die Einnahme nicht durch einen fiktiven Betriebsausgabenabzug oder ähnlich begünstigende Regelungen verringert wurde, die an die Lizenzeinnahme anknüpfen,
  • der Lizenzertrag in voller Höhe in die Steuerberechnung einbezogen wurde,
  • kein ermäßigter Steuersatz/keine gänzliche Steuerbefreiung auf die Lizenzerträge angewendet wurde,
  • das zur Nutzung überlassene Recht sich im zivilrechtlichen Eigentum bzw. im wirtschaftlichen Eigentum nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO des Empfängers der Lizenzzahlungen befindet oder in Fällen der Unterlizenzierung, wer zivilrechtlicher bzw. wirtschaftlicher Eigentümer des überlassenen Rechts ist und aus welcher Rechtsposition heraus die Unterlizenzierung an den deutschen Steuerpflichtigen erfolgt.

Die Nexus-Konformität als Voraussetzung der Ausnahme in § 4j Abs. 1 S. 4 EStG ist als begünstigende, steuermindernde Tatsache grundsätzlich vom Steuerpflichtigen nachzuweisen.

 

 

 

Praxishinweise:

  • Ergänzend ist bei den Anwendungsregelungen zu § 4j EStG das BMF-Schreiben vom 6.1.2022 (Az.: IV C 2 – S 2144-g/20/10002 :005) zu beachten. Es behandelt spezifisch nicht Nexus-konforme Präferenzregelungen in den Veranlagungszeiträumen (VZ) 2018, 2019 und 2020.
  • Auf der Grundlage der von der OECD abgegebenen Einschätzungen einzelner ausländischer Präferenzregelungen wurde eine Liste zur Anwendung des § 4j EStG erstellt, die ab S. 3 des oben genannten BMF-Schreibens vom 6.1.2022 aufgeführt ist. Insoweit ist § 4j Abs. 1 S. 4 EStG nicht anwendbar, da die aufgeführten Regelungen nicht dem Substanzerfordernis des Nexus-Ansatzes entsprechen.
  • Es handelt sich aber um eine nicht abschließende Aufzählung schädlicher Regelungen. Das BMF weist darauf hin, dass die Regelungen der in dieser Tabelle aufgeführten Länder zum größten Teil bis 2021 „ausgelaufen“ sind. Die betroffenen Staaten haben demnach entweder Nexus-konforme Neuregelungen geschaffen oder ihre als nicht Nexus-konform eingestuften Regelungen aufgehoben. In der Tabellenspalte „Anwendungszeitraum“ wird berücksichtigt, dass die Staaten gemäß den BEPS-Vereinbarungen (Base Erosion and Profit Shifting) für die nicht Nexus-konformen Regelungen bis zum 30.6.2021 Bestandsschutz gewähren konnten.

 

 

Dr. Hans-Jürgen Hillmer, BuS-Netzwerk Betriebswirtschaft und Steuern, Coesfeld

 

BC 2/2022

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