BFH-Urteil vom 16.4.2013, IX R 5/12
Strafverteidigungskosten können erhebliche Ausmaße annehmen. Von daher ist der Versuch vieler Steuerpflichtiger verständlich, diese Kosten steuermindernd geltend zu machen. Doch nicht in allen Fällen ist dies möglich, wie ein aktuelles Urteil des BFH zeigt:
„Die einem wegen einer vorsätzlichen Tat verurteilten Steuerpflichtigen entstandenen Kosten seiner Strafverteidigung sind nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehbar.“
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Problemstellung
Ein Steuerpflichtiger wurde wegen Beihilfe zur Untreue zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Ursächlich für die Verurteilung war die unrechtmäßige Erlangung eines Bankdarlehens, welches zum Großteil zu Förderungen von gehaltenen Beteiligungen verwendet wurde. Die im Rahmen des Prozesses angefallenen Anwaltskosten machte der Steuerpflichtige in seiner Einkommensteuererklärung als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend. Er argumentierte u.a., die unrechtmäßig erworbenen Darlehen hätten die erzielten Einkünfte aus Kapitalvermögen überhaupt erst ermöglicht. Die Anwaltskosten stehen somit in einem Zusammenhang mit diesen Einkünften und sind daher als Werbungskosten abziehbar. Alternativ beantragte der Steuerpflichtige den Ansatz der Strafverteidungskosten als außergewöhnliche Belastung.
Finanzamt und Finanzgericht lehnten die Sichtweise des Steuerpflichtigen ab.
Lösung
In seinem Urteil folgt der BFH der Auffassung des Finanzamts und des Finanzgerichts, indem er sowohl den Werbungskostenabzug als auch die Erfassung als außergewöhnliche Belastung versagt. Hierzu führt der BFH folgende Gründe an:
- Strafverteidigungskosten sind nur dann als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar, wenn die dem Steuerpflichtigen zur Last gelegte Tat ausschließlich und unmittelbar in Ausübung der beruflichen Tätigkeit begangen worden ist.
- Da das Darlehen im vorliegenden Fall nur zum überwiegenden Teil zur Fortführung der Einkunftserzielung verwendet wurde, fehlt es an der geforderten Ausschließlichkeit.
- Ein Abzug als außergewöhnliche Belastung kommt ebenfalls nicht in Betracht. Die Rechtsprechung des BFH zum Zivilprozess ist nicht auf den Strafprozess übertragbar. Zivilrechtlich fallen dem Steuerpflichtigen unausweichlich Kosten an, wenn er sein Recht gerichtlich durchsetzen muss. Im Strafrecht ist diese Unausweichlichkeit nicht gegeben. Der Kläger hat die angefallenen Kosten allein durch sein rechtswidriges Verhalten verursacht. Des Weiteren muss nur der verurteilte Straftäter die Strafverteidigungskosten tragen. Die Kosten sind also durch rechtlich korrektes Verhalten vermeidbar und mithin nicht unausweichlich.
Mit dem vorliegenden Urteil ergänzt der BFH seine Rechtsprechung zur steuerlichen Behandlung von Strafverteidungskosten. Hierzu ist bereits kürzlich ein Urteil zur Behandlung der Vorsteuer ergangen (siehe Kaiser, Kein Vorsteuerabzug aus Strafverteidungskosten, BC 2013, 379, Heft 9). Durch den vom BFH für den Steuerabzug geforderten ausschließlichen und unmittelbaren Zusammenhang zwischen Tat und beruflicher Tätigkeit werden sämtliche kriminellen Handlungen ausgeschlossen, die zu einer persönlichen Bereicherung führen. Einen Graubereich stellen hier Einzelkaufleute und Personengesellschaften dar, bei denen betriebliche und private Sphäre eng verwoben sind.
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Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Operational Risk Manager Corporate Finance, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)
BC 10/2013
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