BFH-Urteile vom 11.9.2013, I R 28/13, I R 26/12, I R 72/12, vom 23.10.2013, I R 89/12, I R 60/12, sowie vom 27.11.2013, I R 17/13
Immer wieder führen Pensionszusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer zu einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA). In sechs am 26.3.2014 veröffentlichten Urteilen hat der Bundesfinanzhof zu verschiedenen Aspekten bei diesem Thema Stellung genommen.
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Vorzeitige Kapitalabfindung
Bei vorzeitiger Kapitalabfindung ist es wichtig, darauf zu achten, dass bereits Ansprüche entstanden sind und eine solche Abfindung im Vorfeld klar geregelt wurde. So wurde in einem der behandelten Fälle (BFH-Urteil vom 11.9.2013, I R 28/13) dem beherrschenden Geschäftsführer eine Pensionszusage für die Versorgungsfälle „dauernde Arbeitsunfähigkeit“ und „Beendigung des Geschäftsführervertrages mit oder nach Vollendung des 65. Lebensjahres“ erteilt. Im Rahmen der Übertragung von Gesellschafteranteilen auf seinen Sohn verzichtete der Geschäftsführer später gegen Abfindung auf seine Pensionszusage. Da aber bis zum Verzicht keiner der beiden genannten Versorgungsfälle eingetreten war, bestanden auch keine Ansprüche, auf die verzichtet werden konnte. Die Abfindung ist somit als vGA zu werten. Dasselbe gilt, wenn die Gesellschaft ihrem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer „spontan“ die Zahlung einer Kapitalabfindung anstelle der vereinbarten monatlichen Rente zusagt.
Wichtig ist auch, auf den genauen Wortlaut der Pensionszusage zu achten, wie der dem BFH-Urteil vom 23.10.2013 (I R 89/12) zugrunde liegende Fall zeigt. Hier wurde eine einmalige Kapitalzahlung vereinbart, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer nach vollendetem 60. Lebensjahr aus den Diensten der Gesellschaft ausscheidet. Die Zusage wurde durch eine Rückdeckungsversicherung finanziert, deren Auszahlungszeitpunkt auf den 60. Geburtstag des Gesellschafter-Geschäftsführers terminiert war. Die Gesellschaft leitete die erhaltene Auszahlung direkt an den Geschäftsführer weiter. Aus Sicht des Finanzamts und des BFH bestand zu diesem Zeitpunkt aber noch kein Anspruch, da der Geschäftsführer weiterhin in seiner Funktion tätig war. Denn die Zusage wird erst in Kombination von 60. Lebensjahr und Ausscheiden aus der Gesellschaft fällig. Die vorzeitige Zahlung ist durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und stellt eine vGA dar.
In beiden vorgenannten Urteilen steht es (nach Auffassung des BFH) einer vGA nicht entgegen, wenn die entstandene Vermögensminderung zeitgleich durch die Auflösung einer Pensionsrückstellung ausgeglichen wird. Es gilt hier eine geschäftsvorfallbezogene Betrachtungsweise.
Erdienbarkeit
Die Pensionszusage an einen beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer stellt eine vGA dar, wenn die Zusage in der voraussichtlich verbleibenden Arbeitszeit des Geschäftsführers nicht mehr erdient werden kann. In seinen Urteilen vom 11.9.2013 (I R 26/12) und vom 27.11.2013 (I R 17/13) nennt der BFH hierzu zwei starke Indizien (Anzeichen), welche auf eine vGA hindeuten:
- Von einer vGA ist regelmäßig auszugehen, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer zum Zeitpunkt der Pensionszusage das 60. Lebensjahr bereits vollendet hat. Diese Altersgrenze stellt keine Altersdiskriminierung dar, sondern entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung.
- Ein zweites Indiz für eine vGA ist laut dem BFH dann gegeben, wenn zwischen dem Zeitpunkt der Pensionszusage und dem Eintritt in den Ruhestand nicht mindestens zehn Jahre liegen. Diese Zehn-Jahres-Regelung gilt auch für die Hinterbliebenenversorgung. Wird also eine Hinterbliebenenversorgung für einen neuen Lebenspartner abgeschlossen, so muss die zugrunde liegende Pensionszusage noch mindestens 10 Jahre von ihrer Fälligkeit entfernt sein.
Gleichzeitige Zahlung von Rente und Lohn
Aus steuerlicher Sicht ist nicht zu beanstanden, wenn das Ausscheiden des Begünstigten aus der Gesellschaft keine Anspruchsvoraussetzung für die Pensionszusage ist. Allerdings weist der BFH in seinem Urteil vom 23.10.2013 (I R 60/12) darauf hin, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer Kapitalgesellschaft nicht gleichzeitig Rente und Lohn zahlen würde. Erreicht der Gesellschafter-Geschäftsführer also die vereinbarte Altersgrenze und ist er weiterhin als Geschäftsführer tätig, so müsste entweder der Beginn der Rentenzahlung nach hinten verschoben werden oder es muss zu einer Verrechnung von Rente und Gehalt kommen. Andernfalls liegt in Höhe der Rentenzahlung eine vGA vor.
Kein Mindestpensionsalter; Wechsel von Minder- zu Mehrheitsgesellschafter unschädlich
In seinem Urteil vom 11.9.2013 (I R 72/12) macht der BFH deutlich, dass das von der Finanzverwaltung häufig angesetzte Mindestpensionsalter von 65 Jahren nicht aus dem Gesetz ableitbar ist. Es hat daher steuerlich keine Bedeutung. Entscheidend ist das erwartete tatsächliche Pensionsalter. Ferner sind nach Ansicht des BFH die strikten Prüfmaßstäbe für Verträge mit beherrschenden Geschäftsführern nicht anzuwenden, wenn ein ursprünglicher Minderheitsgesellschafter durch Zukauf zu einem beherrschenden Gesellschafter wird, und die zuvor als Minderheitsgesellschafter geschlossenen Verträge und Zusagen unverändert fortbestehen.
Wie die aktuellen Urteile zeigen, sollten Pensionszusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer auch Regelungen über eine vorzeitige Abfindung und für den Fall eines über das Pensionsalter hinaus weiter arbeitenden Geschäftsführers enthalten. Dies gibt der Gesellschaft und dem Geschäftsführer mehr Flexibilität und hilft, negative Steuerkonsequenzen zu vermeiden. |
Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Operational Risk Manager Corporate Finance, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)
BC 4/2014
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