Dr. Hans-Jürgen Hillmer
BFH-Beschluss vom 13.11.2013, VI B 40/13
Aufwendungen für bürgerliche Kleidung sind zwar regelmäßig auch nicht anteilig als Werbungskosten ansetzbar; dennoch kann in Ausnahmefällen für zivile Kleidung ein Steuerabzug in Betracht kommen.
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Problemstellung
In einem zum BFH gelangten Verfahren hatte der Kläger begehrt, die Aufwendungen für die von ihm als „Business-Kleidung“ bezeichneten Kleidungsstücke bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit zu berücksichtigen. Der BFH entschied zwar, die geltend gemachten Aufwendungen seien solche für bürgerliche Kleidung und daher nicht als Werbungskosten ansetzbar. Es gibt jedoch durchaus für nichtselbstständig Tätige wie auch für Selbstständige Möglichkeiten, Kleidungsaufwendungen als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben anzusetzen. Dies gilt insbesondere in Berufen bzw. Branchen, in denen feste Kleidervorschriften zu beachten sind.
Schwierig ist wieder einmal die Einzelfallabgrenzung: Ob Aufwendungen der beruflichen Sphäre oder der privaten Lebensführung zuzurechnen sind, entscheidet sich unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls. Da eine solche Einzelfallanalyse letztlich entscheidend ist, eröffnet dies aber auch Gestaltungsspielräume.
Lösung
Ein allgemeines Aufteilungs- und Abzugsverbot ist in § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG nicht enthalten, weshalb die Vorschrift einer Aufteilung von gemischt veranlassten, aber anhand ihrer beruflichen bzw. privaten Anteile trennbaren Aufwendungen nicht entgegensteht. Hier hilft allerdings der z.B. für Reisekosten anwendbare Beschluss des Großen Senats des BFH vom 21.9.2009 (GrS 1/06, BStBl. II 2010, 672) in Bezug auf Kleidungsaufwendungen nicht weiter, da derartige Aufwendungen nach den Vorschriften über das steuerliche Existenzminimum grundsätzlich dem Anwendungsbereich des § 9 EStG (Werbungskosten) entzogen seien, so auch das tragende Ergebnis im oben genannten Beschluss vom 13.11.2013.
Inwieweit gleichwohl ein beruflicher Mehraufwand zu berücksichtigen ist, bleibt dem BFH zufolge in erster Linie der Entscheidung des Gesetzgebers überlassen; die Richter verweisen daher insoweit auf § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG und die darin geregelte „typische Berufskleidung“. Laut bisheriger Rechtsprechung fallen weiße Kleidung für Personen in klassischen Heilberufen (Arztkittel etc.) und schwarze Hosen oder Röcke für Servicekräfte in der Gastronomie darunter. Auch Richterroben, Werkanzüge eines Handwerkers, spezifische Schutzkleidung, uniformähnliche Kleidung oder Einheitskleidung des Personals finden Anerkennung.
Generell schwieriger wird es bei Kleidungsstücken, die sowohl beruflich als auch privat getragen werden. Abgelehnt werden deshalb regelmäßig etwa Anzüge für Manager oder Blusen für Empfangsdamen, da davon ausgegangen wird, dass viele Business-Outfits auch privat zum Einsatz kommen. Deshalb wurden in der Rechtsprechung beispielsweise gleichermaßen der Trachtenanzug oder das Dirndl des Bedienungspersonals (BFH vom 20.11.1979, VI R 143/77, BStBl. II 1980, 73) sowie der Lodenmantel eines Försters nicht anerkannt. Diesen Beschränkungen werden in aller Regel auch Controller und Bilanzbuchhalter unterliegen.
Da die Finanzbehörden aber z.B. Leichenbestattern und Geistlichen die Aufwendungen für einen schwarzen Anzug anerkennen, sollte insoweit ein gewisser Ermessensspielraum nicht vorschnell übersehen werden. Hier wird es auf eine glaubwürdige Argumentation ankommen. Dies kann z.B. im Falle einer Kleidung mit dauerhaft angebrachtem Firmenemblem erreicht werden: Wenn angenommen werden kann, dass eine private Nutzung so gut wie ausgeschlossen ist, erfüllen Kleidungsstücke objektiv eine berufliche Funktion (Beispiele: eine Jacke oder ein Blazer in Firmenfarbe mit deutlich sichtbar aufgenähtem Logo). Letztlich muss immer ein konkreter objektiver Bezug zur Berufstätigkeit vorliegen und der Eindruck vermieden werden, dass die Privatnutzung naheliegt.
Praxishinweise:
- Handelt es sich um typische Berufskleidung, beteiligt sich der Fiskus nicht nur an den Anschaffungs-, sondern auch an den Reinigungskosten. Unerheblich ist es, ob etwa der „Blaumann“ in der Textilreinigung oder zu Hause gewaschen wird. Lässt man professionell reinigen, sollte das Kleidungsstück auf dem Quittungsbeleg vermerkt sein.
- Wird Berufskleidung beschädigt oder geht sie verloren, erkennen die Finanzbehörden auch die Kosten für eine Ersatzbeschaffung an. Selbst bei Alltagskleidung können Steuerzahler im Schadensfall auf Anerkennung hoffen: Wird Kleidung während der Arbeit beschädigt und der Arbeitgeber leistet dafür keinen Schadensersatz, können Steuerzahler den Restwert der zerstörten Kleidung als Werbungskostenabzug ansetzen.
- Wer häufiger kleckert, ist insoweit also hinsichtlich der Reinigungsmaßnahmen und der Ersatzbeschaffungen ausnahmsweise mal im Vorteil. Das gilt selbstverständlich auch für „Rotwein-Unglücke“ z.B. auf Kongressmessen wie der ReWeCo. Im Gegensatz zur typischen Berufskleidung ist aber die Neubeschaffung in der Regel nicht steuerlich abziehbar. Ob etwas anderes für die Anschaffung von Ärmelschonern gelten könnte, kann hier dahingestellt bleiben, da das den Buchführenden ehemals anhaftende Ärmelschoner-Image den heutigen Anforderungen an das Berufsbild von Bilanzbuchhaltern und Controllern nicht mehr gerecht wird.
- Während insgesamt gesehen die Anschaffung berufsbezogener Kleidung durch den Steuerzahler meist nicht zum Steuerabzug führt, gilt umgekehrt: Die Überlassung von bürgerlicher Kleidung als Arbeitskleidung wird stets als steuerpflichtiger Sachbezug (§ 8 Abs. 2 Satz 1 EStG) anzusetzen sein (vgl. Wirfler, Beck'sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon). Dies gilt erst recht bei Überlassung hochwertiger Markenbekleidung und auch für Beiträge und Zuschüsse für die Anschaffung klimabedingter Kleidung und die umzugsbedingte Neuanschaffung bürgerlicher Kleidung.
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Dipl.-Kfm. Dr. Hans-Jürgen Hillmer, Coesfeld
BC 4/2014
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