FG Münster, Urteil vom 24.10.2014, 4 K 4048/12 E (Revision zugelassen)
§ 35 EStG sieht eine Steuerermäßigung bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb bis maximal zum sog. Ermäßigungshöchstbetrag vor. Fraglich ist, ob dieser Höchstbetrag auf Ebene des einzelnen Betriebs oder auf Ebene des Unternehmers zu ermitteln ist.
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Problemstellung
Der Kläger erzielte aus der Beteiligung an verschiedenen Kommanditgesellschaften gewerbliche Einkünfte. Gemäß § 35 EStG ermittelt sich der Ermäßigungshöchstbetrag durch Multiplikation des anteiligen Messbetrags mit dem Faktor 3,8.
Wie in der nachstehenden Tabelle zu sehen ist, übersteigt die anteilige Gewerbesteuer bei einigen Gesellschaften den Ermäßigungshöchstbetrag (Gesellschaften A, B und D). In Summe über alle Gesellschaften liegt der Ermäßigungshöchstbetrag (4.356.679 €) jedoch über der anteiligen Gewerbesteuer (4.084.814 €).
Gesellschaft | Anteiliger Messbetrag | Faktor 3,8 (Ermäßigungs-höchstbetrag) | Anteilige GewSt | Steuerermäßigung |
A | 802.684,00 | 3.050.200 | 3.217.824 | 3.050.200 |
B | 2.265,48 | 8.607 | 9.376 | 8.607 |
C | 332.755,65 | 1.264.471 | 825.240 | 825.240 |
D | 1.888,00 | 7.174 | 7.798 | 7.174 |
E | 2.282,00 | 8.672 | 7.531 | 7.531 |
F | 4.590,95 | 17.446 | 16.951 | 16.952 |
G | 28,59 | 109 | 94 | 94 |
Summe | | 4.356.679 | 4.084.814 | 3.915.798 |
Aus Sicht des Klägers hat die Ermittlung der Steuerermäßigung personenbezogen auf Ebene des (Mit)Unternehmers zu erfolgen, also auf Basis der Summen über alle Gewerbebetriebe.
Das Finanzamt vertrat jedoch die Auffassung, dass die Steuermäßigung auf Ebene des einzelnen Betriebs zu ermitteln sei, und begrenzte daher die Steuerermäßigung bei den Gesellschaften A, B und D.
Lösung
Das Finanzgericht Münster folgt der Auffassung des Finanzamts. Laut der Urteilsbegründung ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt, ob die Ermittlung der Steuerermäßigung betriebs- oder personenbezogen zu erfolgen hat. In der Literatur wird die Frage unterschiedlich beantwortet. Eine Auslegung der Vorschrift führt zu keinem eindeutigen Ergebnis.
In der Begründung des Gesetzentwurfs zur Einführung des § 35 EStG im Jahr 2001 lautet es aber: „Die Ermäßigung wird für jeden Gewerbebetrieb getrennt ermittelt“ (BT-Drs. 14/2683, 116). Auch bei der Änderung der Vorschrift im Rahmen der Unternehmensteuerreform 2008 heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs: „Den Höchstbetrag bildet die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer des Unternehmens“ (BT-Drs. 16/4841, 65, l. Sp.).
Hieraus ist die Absicht des Gesetzgebers zu erkennen, die Steuermäßigung im Sinne des § 35 EStG betriebsbezogen zu ermitteln. Das FG Münster folgt in seinem Urteil dem Willen des Gesetzgebers und weist die Klage ab.
Das Finanzgericht hat den Fall zur Revision beim BFH zugelassen, um höchstrichterlich klären zu lassen, ob die Steuerermäßigung nach § 35 EStG betriebs- oder personenbezogen zu ermitteln ist. |
Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Lead Auditor Europe in der Internen Revision, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)
BC 12/2014
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