OFD München, Verfügung vom 20.8.2003, S 2176 – 54 St 41/42
Der BFH hat mit Urteil vom 30.1.2002 (I R 71/00, BStBl. II 2003, 279) entgegen der bisherigen Verwaltungsauffassung entschieden, dass für die Verpflichtung, Pensionären und aktiven Mitarbeitern während der Zeit ihres Ruhestands in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen Beihilfen zu gewähren, eine Rückstellung zu bilden ist.
In Anbetracht dessen soll wie folgt verfahren werden:
In der Handels-/Steuerbilanz bereits erfolgte Rückstellungsbildung
Auf noch nicht rechtskräftig veranlagte Steuerfälle, in denen die Rückstellung für die Verpflichtung zu Beihilfen an (künftige) Pensionäre im Krankheits-, Geburts- oder Todesfall während der Zeit ihres Ruhestands sowohl in der Handels- als auch in der Steuerbilanz bereits gebildet, aber auf Grund entgegenstehender Verwaltungsauffassung bisher nicht steuerliche anerkannt worden ist, sind die Urteilsgründe uneingeschränkt anwendbar.
Anhängigen Einspruchsverfahren kann abgeholfen werden.
Bisher keine Rückstellungsbildung in der Handels-/Steuerbilanz
Zur Frage der Bilanzberichtigung haben die Einkommensteuer-Referatsleiter der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder (ESt II/03, TOP 8) auf der Grundlage des BFH-Urteils vom 12.11.1992 (BStBl. II 1993, 392) Folgendes beschlossen:
Wurde die Rückstellung für die Verpflichtung zu Beihilfen an (künftige) Pensionäre im Krankheits-, Geburts- oder Todesfall während der Zeit ihres Ruhestands bisher nicht gebildet, darf sie erstmals in der ersten nach Veröffentlichung des Urteils vom 30.1.2002 (I R 71/00, a.a.O.) aufzustellenden Bilanz gebildet werden.
Zur Bewertung dieser Rückstellungen wiesen die Einkommensteuer-Referatsleiter darauf hin, dass wie im Fall der Vorinstanz (FG Nürnberg vom 18.4.2000, I 156/95, EFG 2000, S. 1306) nicht der Gesamtbetrag der Verpflichtung bei Beginn einzustellen, sondern die Rückstellung ratierlich anzusammeln sei.
Die Frage, ab welchem Zeitpunkt bei bisher unterbliebener Rückstellungsbildung eine Rückstellung gebildet werden darf bzw. ob eine Bilanzberichtigung zulässig ist, soll jedoch nochmals auf Bundesebene erörtert werden.
Derartige Fälle sollen deshalb bis zu einer endgültigen Entscheidung der Einkommensteuer-Referatsleiter offen gehalten werden.
Praxis-Info:
Die wirtschaftliche Verursachung von ungewissen Verbindlichkeiten führt nach wie vor zu Bilanzierungsproblemen in der Praxis. Nach Auffassung des BFH nehmen Pensionäre zugesagte Beihilfeleistungen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen tatsächlich in Anspruch – wie die allgemeine Lebenserfahrung zeigt. Solche Verpflichtungen gegenüber einem Dritten (Außenverpflichtungsprinzip) sind dann in Form einer Rückstellung zu passivieren, wenn sie mit „hinreichender Wahrscheinlichkeit entstanden“ sind und wenn sie vor dem Abschlussstichtag wirtschaftlich verursacht wurden.
Die Verpflichtung, Beihilfe zu leisten, findet (nach Einschätzung des BFH) ihren wesentlichen Bezugspunkt bereits im erfüllten Arbeitsverhältnis (vgl. auch OFD Hannover, Verfügung vom 6.6.2003, S 2176 – 113 – StH 221 / S 2176 – 77 – StO 221). Das Urteil sichert die angemessene Vorsorge für eine künftige Inanspruchnahme aus Beihilfefällen.
[Anm. d. Red.]
BC 10/2003
becklink104213