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Einkommen-/Lohnsteuer
   

Steuerfreiheit von Fahrtkostenerstattungen

BC-Redaktion

FG Saarbrücken, Urteil vom 24.5.2017, 2 K 1082/14 (rkr.)

 

Erstattet ein Arbeitgeber die Fahrtkosten seiner Arbeitnehmer steuerfrei, besteht eine Einzelaufzeichnungspflicht. Nachzuweisen sind durch den Arbeitnehmer die Dauer der Reise, der Reiseweg (Start – Ziel der beruflich veranlasste Auswärtstätigkeit) und die Höhe der entstandenen Aufwendungen.

Die Nachweise der Fahrtkostenerstattungen sind dem Lohnkonto beizufügen.

 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Ein EDV-Dienstleistungsunternehmen hat seinen Arbeitnehmern gegenüber Reisekostenerstattungen steuerfrei geleistet. Nach den Feststellungen der Lohnsteuer-Außenprüfung hat das Unternehmen die den erklärten „Fahrtkostenerstattungen“ zugrunde liegenden Unterlagen selbst erstellt. Dabei wurden die Fahrtkosten nicht in dem ausgewiesenen Umfang an die Arbeitnehmer ausgezahlt. Das Unternehmen war bei der Erstellung der Fahrtkostenabrechnungen irrtümlich davon ausgegangen, es könne wie ein privater Arbeitnehmer – unabhängig von den tatsächlich angefallenen Kosten – den gesetzlich geregelten Pauschbetrag für Dienstreisen (0,30 € je Entfernungskilometer) geltend machen. Allerdings seien die pauschalen Kostenerstattungen nicht einfach geschätzt worden. Vielmehr sei jeder Einzelfall nach Monatsende geprüft, die Entfernungen der Einsatzorte mittels Routenplaner ermittelt und die Stundennachweise, Urlaubszettel und Übernachtungsbelege mit den wechselnden Standorten verglichen worden. Die an die Mitarbeiter getätigten Zahlungen seien in bar mittels unterschriebener Quittung oder als Überweisung über das Firmenkonto erfolgt und somit lückenlos nachvollziehbar (separate Fahrtkostenordner mit Zahlungsübersichten je Jahr, Projekt und Mitarbeiter sowie Abrechnungen mit Belegen und deren Zuordnungen zu den jeweiligen Lohnkonten).

Die Voraussetzungen für eine Steuerfreiheit der erstatteten Fahrtkosten waren nach Auffassung des Finanzamts nicht gegeben, da die Nachweise nicht den steuerlichen Vorgaben entsprochen hätten. § 3 Nr. 16 EStG mache die Steuerfreiheit von einer bestimmten Form abhängig. Pauschaler Auslagenersatz sei stets als Arbeitslohn zu behandeln. Eine Einzelabrechnung erfordere den Nachweis der Reisekostenabrechnungen durch den Arbeitnehmer hinsichtlich

  • Dauer der Reise,
  • Reiseweg,
  • Einsatzort und
  • Höhe der entstandenen Aufwendungen.

Zudem bestehe ein Verstoß gegen die Aufzeichnungspflichten des § 4 Abs. 2 Nr. 4 LStDV (Nachweise der Fahrtkostenerstattungen sind dem Lohnkonto beizufügen). Anerkannt wurde deshalb lediglich die Hälfte des Fahrtkostenersatzes als Betriebsausgaben; für diese Beträge wurde eine pauschale Nachversteuerung von 15% nach § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG erhoben (Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag). Der pauschalen Lohnversteuerung unterworfen wurden die Fahrtkosten, die daneben ausgewiesenen Verpflegungsmehraufwendungen, Übernachtungs- und Reisenebenkosten dagegen nicht.

 

 

Lösung

Die Inanspruchnahme des EDV-Dienstleistungsunternehmens durch den Lohnsteuernachforderungsbescheid ist rechtmäßig. Für die vom Unternehmen geleisteten Fahrtkostenerstattungen war (gemäß § 39b Abs. 1, § 38 Abs. 1 EStG) Lohnsteuer einzubehalten.

Der Grund für die Steuerfreiheit des Reisekostenersatzes im Lohnsteuerabzugsverfahren ist: Es handelt sich bei den ersetzten Aufwendungen um Werbungskosten, d.h. um Aufwendungen des Arbeitnehmers, die dieser vom Arbeitslohn abziehen könnte, wenn er dafür nicht steuerfreien Ersatz vom Arbeitgeber erhalten hätte. Deshalb ist die Steuerfreiheit dieser Kosten grundsätzlich nachweisgebunden. Hierzu müssen Nachweise erbracht werden über

  • die Dauer der Reise,
  • den Reiseweg und
  • die Höhe der Aufwendungen.

Entsprechende Unterlagen müssen als Beleg zu den Lohnkonten genommen werden. Hat der Arbeitgeber dieser Nachweis- und Belegnahmepflicht nicht entsprochen, scheidet die Annahme steuerfreien Reisekostenersatzes im Rahmen des Lohnsteuerabzugs aus.

Die § 3 Nr. 16 EStG, § 41 Abs. 1 Satz 3 EStG und § 4 Abs. 2 Nr. 4 LStDV schreiben hinsichtlich des Nachweises keine besondere Form vor.

 

 

Dem Arbeitnehmer erstattete Fahrtkosten sind nur dann nach § 3 Nr. 16 EStG steuerfrei, wenn der Arbeitgeber (zeitnah) Unterlagen erstellt und aufbewahrt hat (Einzelaufzeichnungspflicht), anhand derer die Überprüfung der Steuerfreiheit des ausgezahlten Fahrtkostenersatzes nachgeprüft werden kann. Dies gilt auch dann, wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber übereinstimmend bestätigen, dass Fahrtkosten im Wege der Einzelabrechnung und unterhalb der gesetzlich zulässigen Pauschbeträge erstattet wurden.

Auch wenn es § 4 Abs. 2 Nr. 4 LStDV gestattet, steuerfrei ausgezahlte Beträge im Lohnkonto in einer Summe auszuweisen, muss sich aus den neben dem Lohnkonto zu führenden Unterlagen zweifelsfrei ergeben, für welche konkrete Dienstreise und in welcher Höhe dem Arbeitnehmer jeweils Aufwendungen für

  • Fahrt- und Übernachtungskosten,
  • Verpflegungsmehraufwendungen oder
  • sonstige Nebenkosten erstattet

wurden.

 

 

Zwar konnte das EDV-Dienstleistungsunternehmen anhand von Projektunterlagen, Stundennachweisen, Übernachtungsbelegen, Kilometernachweisen über Routenplaner und sonstigen Belegen dokumentieren, dass die aufgezeichneten Fahrtkosten die steuerfrei erstattbaren Pauschbeträge von 0,30 € je Entfernungskilometer nicht überschritten haben. Die Abrechnungen sind jedoch nicht dazu geeignet, einen Nachweis darüber zu erbringen, in welcher Höhe Fahrtkosten tatsächlich ausgezahlt wurden. Auch können sie keinen Nachweis dafür erbringen, ob und in welcher Höhe Aufwendungen für Fahrtkosten bei dem jeweiligen Arbeitnehmer überhaupt angefallen sind. So lassen die Abrechnungen weder Start noch Ziel der Dienstreise erkennen. Sie enthalten lediglich Angaben zu den Kalenderwochen, aber keine Angaben dazu, an welchen konkreten Tagen die Fahrtkosten angefallen sind.

Der Nachweis kann nicht durch die Versicherung des Unternehmens, dass Fahrtkostenerstattungen nur aufgrund von Einzelabrechnungen und einer vorherigen Prüfung der Voraussetzungen der Steuerfreiheit erfolgt seien, geführt werden.

 

 

Die Besonderheiten des Lohnsteuerabzugsverfahrens schließen eine Schätzung des Anteils des steuerfrei an Arbeitnehmer ausgezahlten Fahrtkostenersatzes selbst dann aus, wenn den Arbeitnehmern unstreitig Reisekostenaufwand entstanden ist und die hierfür geleisteten Zahlungen offensichtlich unterhalb der gesetzlich zulässigen Kilometer-Pauschalen lagen.

Eine einvernehmliche Schätzung über die Höhe der als Betriebsausgaben abziehbaren Erstattungen von Fahrtkosten an Arbeitnehmer ist ohne jedwede Bedeutung für die Frage, ob hiervon Lohnsteuer einzubehalten ist.

 

 

Können die Voraussetzungen der Steuerfreiheit nicht nachgewiesen werden, ist Lohnsteuer nach Maßgabe der §§ 38 ff. EStG zu erheben. Es bleibt dann dem Arbeitnehmer überlassen, die Kosten im späteren Veranlagungsverfahren als Werbungskosten geltend zu machen. Die Erhebung der Lohnsteuer ist allerdings nicht davon abhängig, ob der Arbeitnehmer beabsichtigt, Werbungskosten geltend zu machen, oder ob er sie tatsächlich geltend macht.

 

[Anm. d. Red.]        

 

 

BC 9/2017

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