CHB_RSW_Logo_mit_Welle_trans
JuS_Logobasis_Linsenreflex
Menü

Einkommen-/Lohnsteuer
   

Abweichen des erklärten Arbeitslohns vom elektronisch beigestellten Arbeitslohn: Berichtigungsmöglichkeit?

BC-Redaktion

BFH-Urteile vom 16.1.2018, VI R 41/16; VI R 38/16 (BFH-Pressemitteilung vom 14.3.2018, Nr. 14)

 

Gleicht das Finanzamt bei einer in Papierform abgegebenen Einkommensteuererklärung den vom Arbeitgeber elektronisch übermittelten Arbeitslohn nicht mit den Angaben des Steuerpflichtigen zu seinem Arbeitslohn in der Erklärung ab und werden die Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit im Einkommensteuerbescheid infolgedessen zu niedrig erfasst, kann das Finanzamt den Fehler nicht im Nachhinein berichtigen.


 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Eine Arbeitnehmerin war im Streitjahr (2011) zunächst bei der X-GmbH und später bei der Y-GmbH beschäftigt. Ihren aus diesen beiden Arbeitsverhältnissen bezogenen Arbeitslohn erklärte sie gegenüber dem Finanzamt zutreffend. Die Erklärung wurde in Papierform eingereicht.

Das Finanzamt berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid lediglich den Bruttoarbeitslohn (nebst der einbehaltenen Lohnsteuer und den hierauf entfallenden Sozialversicherungsbeiträgen) aus dem Arbeitsverhältnis mit der Y-GmbH. Nach Bestandskraft des Einkommensteuerbescheids stellte das Finanzamt fest, dass die X-GmbH erst im Nachhinein die richtigen Lohndaten für die Arbeitnehmerin übermittelt hatte und diese deshalb im Bescheid nicht enthalten waren. Das Finanzamt erließ einen Änderungsbescheid, gegen den die Arbeitnehmerin erfolglos Einspruch einlegte. Das Finanzamt sah sich als nach § 129 Satz 1 AO änderungsbefugt an. Nach dieser Vorschrift kann die Finanzbehörde Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit berichtigen.

 

 

Lösung

Nach dem Urteil des BFH liegt keine offenbare Unrichtigkeit (bloßes Übersehen erklärter Daten) vor. Entscheidend war hierfür, dass die Arbeitnehmerin ihren Arbeitslohn zutreffend erklärt hatte. Das Finanzamt hingegen hatte diese Angaben ignoriert, weil es darauf vertraute, dass die vom Arbeitgeber elektronisch übermittelten Daten zutreffend waren. Kommt es bei dieser Vorgehensweise zu einer fehlerhaften Erfassung des Arbeitslohns, liegt nach dem BFH kein mechanisches Versehen, sondern vielmehr ein Ermittlungsfehler des Finanzamts vor. Durch den bewusst unterlassenen Abgleich der Daten, die der Steuererklärung elektronisch beigestellt wurden, mit den vom Steuerpflichtigen erklärten Daten liegt insbesondere kein bloßes Übersehen erklärter Daten vor. Eine spätere Berichtigung nach § 129 AO ist dann nicht möglich.

 

 

 

Praxishinweise:

  • Wird infolge einer fehlerhaften Meldung des Arbeitgebers zu viel Arbeitslohn erfasst, kann sich der Steuerpflichtige in vergleichbaren Fällen ebenfalls nicht im Nachhinein auf § 129 AO berufen, wenn er den Fehler erst nach Ablauf der Einspruchsfrist bemerkt.
  • Nicht zu berücksichtigen waren in beiden Streitfällen (aus den Jahren 2011 und 2013) die seit 1.1.2017 geltende Neuregelung in § 175b AO. Danach ist ein Steuerbescheid aufzuheben oder zu ändern, soweit von der mitteilungspflichtigen Stelle an die Finanzbehörden übermittelte Daten bei der Steuerfestsetzung nicht oder nicht zutreffend berücksichtigt wurden.

Die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufenen Fehler, welche (nach § 129 AO) jederzeit berichtigt werden können, lassen sich wie folgt konkretisieren:

  • Schreibfehler (z.B. Auslassungen, Verwechslungen, Fehler der Wortstellung oder in der Rechtschreibung),
  • Rechenfehler (z.B. bei Anwendung der Grundrechenarten (Addieren, Subtrahieren, Multiplizieren, Dividieren), Zahlendreher, Fehler infolge unrichtiger Ausfüllung des Eingabewertbogens oder fehlerhafter aktenkundiger Berechnung) und
  • ähnliche offenbare Unrichtigkeiten (z.B. Nichtberücksichtigung feststehender Tatsachen aufgrund von Unachtsamkeit oder irrtümlich unterlassene Umrechnung bzw. Verwechslung von Fremdwährungsangaben).

Offenbar ist eine Unrichtigkeit dann, wenn der Fehler (z.B. Eingabe- oder Übertragungsfehler, Verwechslung durch mechanisches Versehen) bei Offenlegung des Sachverhalts für jeden unvoreingenommenen Dritten klar und eindeutig als offenbare Unrichtigkeit erkennbar ist (offen zutage tritt).

Besteht auch nur die ernsthafte Möglichkeit, dass die Nichtbeachtung einer feststehenden Tatsache

  • in einer fehlerhaften Tatsachenwürdigung besteht oder
  • in einem sonstigen sachverhaltsbezogenen Denk- oder Überlegungsfehler (z.B. bei Erstellung einer mathematischen Gleichung) begründet ist oder
  • auf mangelnder Sachverhaltsaufklärung beruht,

so scheidet eine Anwendung des § 129 AO aus.

 

 

[Anm. d. Red.] 

 

 

BC 4/2018

becklink403102

Rubriken

Menü

Anzeigen

BC Newsletter

beck-online Bilanzrecht PLUS

wiwicareer-vahlen

Teilen

Menü