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Einkommen-/Lohnsteuer
   

Steuerbegünstigung für dauerdefizitäre Tätigkeiten von der öffentlichen Hand beherrschter Kapitalgesellschaften als staatliche Beihilfe?

Christian Thurow

BFH-Beschluss (EuGH-Vorlage) vom 13.2.2019, I R 18/19

 

Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit“, wusste schon der dänische Philosoph Søren Kierkegaard. Dennoch stellt sich der BFH die Frage, ob die Bevorzugung kommunaler Eigengesellschaften im Vergleich zu privaten Gesellschaften mit dem Europarecht vereinbar ist. Vergleicht man da vielleicht Äpfel mit Birnen? Zur Sicherheit fragen die Münchner Richter beim EuGH nach.

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Die Klägerin ist ein kommunales Energieversorgungsunternehmen in der Rechtsform einer GmbH, welches auch ein Schwimmbad im Eigenbetrieb betreibt. Der Schwimmbadbetrieb war dauerdefizitär.

Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dass die Verluste aus dem Eigenbetrieb der Schwimmhalle als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) zugunsten der Gesellschafterin der Klägerin, der Stadt A, anzusehen seien. Einspruch und Klage blieben erfolglos.

 

 

Lösung

Laut bisheriger BFH-Rechtsprechung stellt die Hinnahme von Dauerverlusten im Interesse von Städten und Gemeinden bei kommunalen Eigengesellschaften regelmäßig eine vGA dar. Diese Rechtsprechung aus dem Jahr 2007 steht aber im Widerspruch zum Jahressteuergesetz 2009. Hiernach sind die Rechtsfolgen einer vGA bei kommunalen Eigengesellschaften nicht zu ziehen, soweit aus verkehrs-, umwelt-, sozial-, kultur-, bildungs- oder gesundheitspolitischen Gründen eine wirtschaftliche Betätigung ohne kostendeckendes Entgelt unterhalten wird.

Im Ausgangsfall liegt durch die Hinnahme von Dauerverlusten aus dem Betrieb der Schwimmhalle zwar grundsätzlich eine vGA vor. Doch dient der Betrieb der Schwimmhalle gesundheitspolitischen Gründen, so dass eigentlich die Befreiung des Jahressteuergesetzes 2009 greift. Die Klägerin kann daher ihre Verluste aus dem Betrieb der Schwimmhalle mit den Gewinnen aus anderen Sparten (u.a. Energie- und Wasserversorgung) verrechnen.

Dies könnte aus Sicht des BFH eine staatliche Beihilfe darstellen. Staatliche Beihilfen liegen vor, wenn begünstigte Unternehmen einen wirtschaftlichen Vorteil erhalten, den sie unter normalen Marktbedingungen nicht erhalten hätten. Sofern durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige der Wettbewerb verfälscht wird oder zu verfälschen droht, sind diese Maßnahmen nicht mit den EU-Binnenmarktregelungen vereinbar. Steuervergünstigungen stellen einen solchen wirtschaftlichen Vorteil dar; denn die Begünstigten werden dadurch bessergestellt als die übrigen Steuerpflichtigen. Potenziellen Mitbewerbern aus anderen EU-Mitgliedstaaten wird im Ausgangsfall dadurch die Möglichkeit des Betriebs einer Schwimmhalle ähnlicher Art, wie sie die Klägerin betreibt, deutlich erschwert. Ausführlich stellt der BFH dar, warum dieser Vorteil als verbotene staatliche Beihilfe erscheinen kann.

Zur endgültigen Klärung des Sachverhalts ruft der BFH den EuGH an. Sollte eine verbotene staatliche Beihilfe vorliegen, so wäre zu Recht eine vgA des kommunalen Eigenbetriebs an die Stadt gegeben. Handelt es ich bei den Regelungen des Jahressteuergesetzes 2009 dagegen nicht um eine Beihilfe, so wäre die Entscheidung des Finanzgerichts aufzuheben und der Klage stattzugeben. Die Klägerin könnte die Steuervergünstigung dann in Anspruch nehmen.

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Business Audit Manager, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)

 

 

BC 11/2019 

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