OFD Koblenz, Pressemitteilung vom 1.2.2011
Nach der Neuregelung durch das Jahressteuergesetz 2010 gibt es für die Absetzbarkeit des häuslichen Arbeitszimmers nunmehr zwei Fallgestaltungen:
- Zum einen die Fälle, in denen das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. Hier können die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer, wie schon bisher, in vollem Umfang abgezogen werden.
- Neu sind die Fälle, in denen für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesen Fällen ist der Abzugsbetrag auf 1.250 € begrenzt.
Von der neuen Regelung profitieren insbesondere Lehrer, die in der Schule keinen angemessenen Arbeitsplatz für Unterrichtsvorbereitungen und Korrekturarbeiten haben, sowie nebenberuflich im häuslichen Arbeitszimmer selbstständig Tätige.
Wie verfahren die Finanzämter mit den Altfällen?
Seit Mitte April 2009 wurden sämtliche Steuerbescheide für die Jahre ab 2007 hinsichtlich der Abziehbarkeit der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer für vorläufig erklärt.
Die Finanzämter werden diese Steuerbescheide soweit wie möglich von Amts wegen ändern. Falls die bisher mit der Steuererklärung vorgelegten Nachweise für eine Anerkennung der Aufwendungen nicht ausreichen, wird das Finanzamt die Betroffenen anschreiben.
Nachfolgende Fälle sind allerdings für die Finanzämter maschinell nicht erkennbar:
- Steuerpflichtige, die bisher keine Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer in der Steuererklärung (Anlage N, Anlage EÜR, Gewinnermittlung) geltend gemacht haben,
- Arbeitnehmer, die ihre Angaben zum häuslichen Arbeitszimmer nicht in der dafür vorgesehenen Eintragungszeile der Anlage N, sondern an anderer Stelle in der Steuererklärung oder auf einem besonderen Blatt gemacht haben, und
- Selbstständige (z.B. mit einer schriftstellerischen Nebentätigkeit), deren in der Gewinnermittlung enthaltene Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer aufgrund der bisherigen Rechtslage vom Finanzamt nicht berücksichtigt wurden.
In diesen Fällen sollten Bürger daher den Finanzämtern alle Angaben übermitteln, die für die Berücksichtigung der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer erforderlich sind, und zugleich die Aufwendungen nachweisen oder glaubhaft machen. Die Finanzämter werden dann im Einzelfall prüfen, ob und inwieweit die vorläufigen Steuerbescheide zu ändern sind. Es wird empfohlen, den Antrag auf Änderung des alten vorläufigen Steuerbescheids mit der Abgabe der aktuellen Steuererklärung zu verbinden.
Soweit Bescheide für die Jahre ab 2007 ohne Vorläufigkeitsvermerk bzw. ohne Nachprüfungsvorbehalt ergangen sind, sind diese endgültig und nicht mehr anfechtbar. Eine nachträgliche Berücksichtigung von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer scheidet in diesen Fällen aus.
Praxis-Info!
Für selbstständige Bilanzbuchhalter/innen und Controller/innen sind folgende Fälle zu unterscheiden (vgl. Plenker, BC 10/2006, S. 259):
- Erledigen sie ihre Kerntätigkeiten (z.B. Verbuchen laufender Geschäftsvorfälle, Lohnabrechnungen, Kundenakquisition per Telefon) ganz überwiegend in ihrem häuslichen Arbeitszimmer, wo sie auch mit der entsprechenden Hard- und Software für diese Aufgaben ausgestattet sind, stellt dies den „Mittelpunkt der betrieblichen Betätigung“ dar. Gelegentliche Kundenbesuche, um beispielsweise Arbeitsaufträge bzw. Unterlagen in Empfang zu nehmen sowie erledigte Arbeiten abzuliefern, würden dann noch nicht zum Kernbereich der beruflichen Betätigung zählen. Generell darf den Tätigkeiten beim Kunden vor Ort lediglich eine untergeordnete Bedeutung gegenüber den im Arbeitszimmer verrichteten Aufgaben zukommen.
Folge: Nach wie vor uneingeschränkte Abzugsmöglichkeit der Aufwendungen für das Arbeitszimmer. - Führen sie hingegen beispielsweise betriebswirtschaftliche Beratungsgespräche vor Ort in den Unternehmen durch, dürfte zwar das Zentrum der beruflichen Betätigung – insbesondere wegen der Art der Tätigkeit und weniger aufgrund des Zeitaufwands – in der Regel nicht mehr das häusliche Arbeitszimmer sein. Aber: Sofern ihnen – nachweislich – kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, sollte zumindest einer eingeschränkten Abziehbarkeit der Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer als Betriebsausgaben nichts im Wege stehen.
Folge: eingeschränkte Abzugsmöglichkeit der Aufwendungen für das Arbeitszimmer (Höchstbetrag: 1.250 €). - Dies dürfte jedoch nicht möglich sein bei Selbstständigen, die wesentliche Teile ihrer Aufgaben (wie Lohnabrechnung, Debitorenmanagement, Kalkulation, Planung) beim Kunden erledigen, um u.a. dessen betriebswirtschaftliche Softwarelösung vor Ort zu nutzen oder strittige Geschäftsvorfälle direkt klären zu können.
Folge: keine Abzugsmöglichkeit der Aufwendungen für das Arbeitszimmer. - Bei nebenberuflich selbstständig tätigen Arbeitnehmern ist entscheidend, ob sie für ihre nebenberufliche Tätigkeit (z.B. als Mitarbeiter eines Lohnsteuerhilfevereins) ausschließlich ihr häusliches Arbeitszimmer nutzen.
Folge: Sofern ihnen für diese Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, besteht auch für sie die eingeschränkte Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer als Betriebsausgabe (Höchstbetrag: 1.250 €).
[Anm. d. Red.]
BC 3/2011
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