BFH-Beschlüsse vom 18.5.2021, I B 75/20 (AdV) und I B 76/20 (AdV)
Durch die Globalisierung kommt es weltweit zu einer Internationalisierung der Rechtsformen. Somit hat sich auch das deutsche Steuerrecht mit ausländischen Rechtsformen wie der Limited (Ltd.) oder der Limited Liability Company (LLC) auseinanderzusetzen. Der BFH hat in zwei Beschlüssen zur LLC nochmals auf die Bedeutung des Typenvergleichs hingewiesen.
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Problemstellung
Für die Besteuerung der Einkünfte aus diesen Gesellschaften kommt es darauf an, ob die ausländische Gesellschaft als Kapital- oder Personengesellschaft zu klassifizieren ist. Doch dies ist nicht immer einfach, da es auf die genaue Konstellation im Einzelfall ankommt. Eine amerikanische Ltd. ist nicht automatisch mit einer britischen Ltd. gleichzusetzen. Und selbst innerhalb der USA unterscheiden sich die Rechtsformen in ihrer Ausgestaltung von Bundesstaat zu Bundesstaat.
In zwei Beschlüssen hat sich der BFH nun mit einer LLC nach dem Recht des Staates Colorado auseinandergesetzt. Da es sich hier um einen sehr spezifischen Sachverhalt handelt, ist für den Leser der Einzelfahl wahrscheinlich weniger von Bedeutung als die Vorgehensweise des BFH, welche im Folgenden dargestellt wird.
Lösung
Ob eine Gesellschaft nach deutschem Steuerrecht als Personen- oder Kapitalgesellschaft behandelt wird, bestimmt sich nach dem sog. Typenvergleich. Der Typenvergleich ist „eine rechtliche und wirtschaftliche Gesamtwürdigung der maßgebenden ausländischen Bestimmungen über die Organisation und Struktur der Gesellschaft sowie deren konkrete Ausformung in der Satzung dieser Gesellschaft“. Dabei sind vor allem die folgenden Kriterien zu beachten:
- Zentralisierte Geschäftsführung und Vertretung
- Beschränkte Haftung
- Freie Übertragbarkeit der Anteile
- Gewinnzuteilung durch Ausschüttungsbeschluss
- Kapitalaufbringung
- Unbegrenzte Lebensdauer der Gesellschaft
- Gewinnverteilung
- Formale Gründungsvoraussetzungen.
Für jeden dieser Punkte ist zu vergleichen, ob die Ausgestaltung im Einzelfall eher einer Personen- oder einer Kapitalgesellschaft im Sinne des deutschen Rechts entspricht. Häufig kommt es dabei nicht zu einem klaren Bild, da einige Merkmale der ausländischen Gesellschaft eher der Kapitalgesellschaft, andere eher der Personengesellschaft entsprechen. Im Ergebnis ist die Gesamtwürdigung ausschlaggebend. Auch sind einige Kriterien, wie z.B. Haftungsbeschränkung und Gründungsvoraussetzungen, stärker zu gewichten. Der BFH schlussfolgert:
„Im Streitfall reicht es aus, dass die besonders bedeutsamen Merkmale Geschäftsführung und Vertretung, beschränkte Haftung und Gewinnzuteilung sowie zusätzlich das Merkmal der formalen Gründungsvoraussetzungen für eine Gleichstellung mit einer inländischen Kapitalgesellschaft sprechen. Das Merkmal der Gewinnverteilung ist zumindest neutral zu werten. Die Merkmale der Übertragbarkeit der Anteile, der Kapitalaufbringung und der Lebensdauer können deshalb nicht dazu führen, die Gleichstellung mit einer inländischen Kapitalgesellschaft in Zweifel zu ziehen, zumal die Merkmale Übertragbarkeit der Anteile und Lebensdauer zumindest im Streitfall eine nur beschränkte Aussagekraft haben.“
Fazit
Ein generelles „Kochrezept“ zur Einteilung einer ausländischen Gesellschaft in eine Kapital- oder Personengesellschaft gibt es nicht. Vielmehr ist im Einzelfall – unter Gewichtung der verschiedenen vom BFH genannten Kriterien – zu entscheiden, wie eine ausländische Gesellschaft jeweils zu klassifizieren ist.
Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Business Audit Manager, London (E-Mail: c.thurow@thurow.co.uk)
BC 11/2021
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