Bei der Bekämpfung der organisierte Kriminalität (OK), des Terrorismus und anderer schwerer Kriminalitätsformen kommt es entscheidend darauf an, in auf Abschottung und Konspiration angelegte Strukturen der Täter vorzudringen. Die Ermittlungsbehörden stoßen mit anderen verdeckten Ermittlungsmaßnahmen, wie der Telekommunikationsüberwachung, wegen verschlüsselter Kommunikation der Täter immer schneller an ihre Grenzen. Umso bedeutender ist jetzt und in Zukunft der Einsatz von Vertrauenspersonen (VP) oder Verdeckten Ermittlern (VE).
Die Kritik aus der Kriminalpolizei und der Justiz am aktuellen Entwurf ist verheerend. Es ist ein offenes Geheimnis, dass dem Entwurfstext vor allem die Erfahrungen mit der VP zugrunde lagen, die unter anderem in Zusammenhang mit dem schrecklichen Anschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz eine wichtige Rolle spielte. Der spätere Parlamentarische Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags brachte einige Missstände ans Licht. Auch drei SPIEGEL-Autoren berichteten in einem Buch zu diesem Fall über rechtsstaatliche Problemfelder.
Die Strafverfolgungsbehörden nutzen dieses Ermittlungsinstrument jedoch alltäglich in regelkonformer und professioneller Weise. Die Betrachtung eines Falles ist noch keine Evaluation, auf die ein Gesetzesvorhaben gestützt werden darf. So prallen hier Unterstellungen und falsche Schlussfolgerungen auf die kriminalistische Wirklichkeit. Beispiele: Eine Regelung, nach der bei der Vernehmung der VP grundsätzlich ein Wortprotokoll anzufertigen ist, stellt die Praxis vor erhebliche Probleme. Solche Vernehmungen finden nicht in klassischer Büroumgebung der Kriminalpolizei, sondern im Milieu statt. Neben dem zusätzlichen Bürokratieaufwand, der sich durch die reine Länge von Wortprotokollen ergibt, entstehen Gefahren für die VP. Das aktenkundige Wortprotokoll enthält immer eine spezifische Wortwahl mit gegebenenfalls individuell zuzuordnenden Redewendungen oder wesensprägenden Ausdrucksweisen der VP. Dies erhöht die Gefahr der Aufdeckung und gefährdet möglicherweise ihr Leib und Leben. Die im Entwurf formulierte Ausnahme „soweit hierdurch keine Rückschlüsse auf die Identität der Vertrauensperson oder auf geheimhaltungsbedürftige Methoden beim Einsatz von Vertrauenspersonen gezogen werden können“ dürfte dann künftig die Regel sein.
Ein zweites Beispiel sind die Ausschlusskriterien, nach denen eine Zusammenarbeit mit VP nicht zulässig sein soll. Der Regierungsentwurf orientiert sich hierbei nicht etwa – wie die Strafverfolgungsbehörden bislang – an der Frage der Zuverlässigkeit einer VP, sondern am „Leitbild“, das die StPO fortan vorgebe. So sind insbesondere die Soll-Vorschrift, nach der VP nur in begründeten Ausnahmen länger als zehn Jahre (kumuliert!) eingesetzt werden dürften oder das absolute Ausschlusskriterium, wenn „Geld- oder Sachzuwendungen für den Einsatz auf Dauer ihre wirtschaftliche Lebensgrundlage darstellen“ für die Praxis hochproblematisch. Die Möglichkeit der Zusammenarbeit mit Sozialleistungsempfängern wäre dann wohl gänzlich ausgeschlossen. Zudem sind VP, die über viele Jahre immer wieder zuverlässig mit den Strafverfolgungsbehörden kooperierten, häufig besonders wertvoll.
Es werden insoweit im parlamentarischen Verfahren noch viele Diskussionen zu führen sein. Es muss das gemeinsame Ziel sein, rechtsstaatliche Grundsätze für diese Ermittlungsinstrumente zu normieren, ohne überflüssige Bürokratiemonster zu schaffen oder gar die Ermittlungsinstrumente an sich zu gefährden.