Die aktuelle Ausgabe |März 2024
Gesetze zulasten Dritter
Liebe Leserinnen und Leser,
Ende Februar hat die Diskussion um einen besseren verfassungsrechtlichen Schutz des Bundesverfassungsgerichts einen herben Rückschlag erlitten. Nachdem die Nachricht die Runde machte, CDU und CSU hätten die Tür für weitere Gespräche
zugeschlagen, brach ein offener Schlagabtausch los. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und andere Ampel-Politiker warfen Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) vor, er betreibe Fundamentalopposition und lasse staatspolitische Verantwortung vermissen. Unionsfraktionsgeschäftsführer Thorsten Frei (CDU) befand, dass Faeser mit ihrer Kritik „Maß und Mitte verloren“ habe. Es sei nicht Aufgabe der Union, den „Ausputzer“ der Regierung zu spielen.
Eine politische Mehrheit für eine Grundgesetzänderung, um das Karlsruher Gericht besser gegen politische Durchgriffe oder gezielte Blockaden abzusichern, schien in unerreichbare Ferne gerückt. Es wäre ein Sieg für die Feinde der Demokratie gewesen und eine kalte Dusche für Millionen Menschen, die in Deutschland seit vielen Wochen engagiert gegen Rechtsextremismus und für die Werte der Verfassung auf die Straße gehen. Inzwischen sieht es aber danach aus, als wollten alle Beteiligten dieses fatale Ergebnis vermeiden. Friedrich Merz hat die weitere Gesprächsbereitschaft der Union versichert, während Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) angeboten hat, demnächst einen Gesetzesvorschlag als Grundlage für eine geordnete Diskussion vorzulegen.
Es ist zu hoffen, dass Regierung und Opposition sich am Ende zusammenraufen und eine gemeinsame Lösung finden. Ein Blick über die Grenzen Deutschlands zeigt, wie schnell selbst vermeintlich stabile Rechtsstaaten kippen können, sofern illiberale Kräfte es darauf anlegen. Ein besserer Schutz des Bundesverfassungsgerichts kann aber nur ein erster Schritt sein, um den Rechtsstaat wehrhafter gegen Extremisten aufzustellen. Es braucht daneben jetzt politische Initiativen in den Ländern, um die Dritte Staatsgewalt insgesamt bestmöglich gegen gezielte Eingriffe in ihre Unabhängigkeit abzusichern und sie als Bollwerk der Demokratie zu stärken.
Viel Spaß beim Lesen wünscht
Sven Rebehn,
Chefredakteur