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Die aktuelle Ausgabe | Juli 2024

Verrohung und Respektlosigkeit

Liebe Leserinnen und Leser,

im Europawahlkampf haben sich Beleidigungen, Bedrohungen und Körperverletzungen gegen Politikerinnen und Politiker gehäuft. Damit setzt sich ein alarmierender Trend fort. Die Bundesregierung gibt an, dass es im vergangenen Jahr 2790 verbale oder körperliche Angriffe auf Parteivertreter gegeben hat, während es im Jahr 2019 noch 1420 Fälle waren. Auch die Zahl der Attacken auf Polizistinnen und Polizisten sowie Rettungskräfte erreicht traurige Rekordstände. Die Richterzeitung hat das zum Anlass genommen, eine Bestandsaufnahme für die Justiz zu machen: Schlagen die Verrohung und wachsende Respektlosigkeit gegenüber Vertretern des Staates auch Gerichtsvollzieherinnen und Justizwachtmeistern, Richterinnen und Staatsanwälten entgegen? Sind auch sie bei ihrer Arbeit vermehrt Beleidigungen, Bedrohungen oder tätlichen Angriffen ausgesetzt? Wenngleich drastische Fälle bislang eher die Ausnahme sind, zeigen sich viele in der Justiz doch besorgt darüber, dass der Respekt schwindet, die Akzeptanz für gerichtliche Verfahren sinkt und die Aggressivität zunimmt. Häufig sind es Menschen aus der Szene der Reichsbürger und der Corona-Leugner, die in den Gerichten und gegenüber Gerichtsvollziehern ausfällig werden oder bedrohlich auftreten. 

In einem internationalen Themenschwerpunkt blickt die DRiZ zudem auf die Ergebnisse des EU-Justizbarometers, auf einen drohenden Konflikt der neuen rechtsgerichteten Regierung in den Niederlanden mit der Justiz sowie auf die Lage in Mexiko, wo im Zuge eines großen Justizumbaus künftig alle Richterinnen und Richter vom Volk gewählt werden sollen. Das europäische Justizbarometer zeigt für Deutschland ein gemischtes Bild. So erfreulich der Befund ist, dass die Bevölkerung nach wie vor hohes Vertrauen in die Unabhängigkeit der deutschen Gerichte hat, so ernüchternd ist der Blick auf die finanzielle Ausstattung der Rechtsprechung durch die Politik: Beim Vergleich der Einkommen von Richtern und Staatsanwälten mit dem nationalen Durchschnittseinkommen steht Deutschland in Europa im Tabellenkeller. Die Besoldung der Berufsanfänger in der Justiz ist zum Beispiel in Dänemark, der Slowakei oder in Rumänien im Verhältnis zum Einkommensdurchschnitt im Land dreimal so hoch wie in Deutschland, so Ingo Werner in seinem Beitrag. 

Viel Spaß beim Lesen und eine schöne Sommerzeit wünscht

Sven Rebehn,
Chefredakteur

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