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Die aktuelle Ausgabe | Juni 2024

Mehr tun für den Rechtsstaat

Liebe Leserinnen und Leser,

die Justizministerkonferenz hat einen umfangreichen Bericht mit Vorschlägen vorgelegt, wie sich der Rechtsstaat wehrhafter aufstellen lässt. Neben Gesetzesänderungen für einen besseren Schutz des Bundesverfassungsgerichts fordern die Länder die überfällige Neuauflage des Bund-Länder-Rechtsstaatspakts von der Ampel-Koalition. Gerade „in einer Zeit multipler Krisen und wachsender Aufgaben“ sei es erforderlich, dass der Bund sich an den Kosten für einen wehrhaften Rechtsstaat beteilige, so der Report. Eine fehlende Handlungsfähigkeit der Justiz sei geeignet, „das Vertrauen in den Staat zu unterminieren und verfassungsfeindliche Tendenzen zu fördern“. Insbesondere für die konsequente und rasche Verfolgung von Straftaten seien angemessene Ressourcen der Justiz essenziell. Nur ein gut ausgestatteter Rechtsstaat könne wehrhaft sein, warnen die Länder. Das gelte auch in einem „haushaltspolitisch schwierigen Umfeld“.

Anlässlich des Jubiläums des Grundgesetzes spricht die Bundesregierung zwar viel über die Resilienz des Rechtsstaats, sie tut bislang aber zu wenig dafür. So sinnvoll die 2023 beschlossene Bund-Länder-Digitalisierungsinitiative ist, so wenig hilft sie gegen die akuten Personalprobleme einer unterbesetzten Strafjustiz, die einer stark steigenden Zahl von Verfahren hinterherläuft. Extremismus und Antisemitismus, Hasskriminalität und Gewaltdelikte sowie andere Straftaten nehmen leider zu. Der zweite Baustein des Bund-Länder-Pakts, mit dem die Ampel die Justiz personell verstärken wollte, ist heute notwendiger denn je. Bund und Länder stehen gemeinsam dafür in der Verantwortung, dass der Rechtsstaat sich bewähren kann und nicht an Vertrauen und Akzeptanz verliert.

Ein Blick über die Grenzen Deutschlands zeigt, wie schnell selbst vermeintlich stabile Rechtsstaaten ins Rutschen geraten können, sofern illiberale Kräfte es darauf anlegen. Das Beispiel Polens verdeutlicht zudem, wie schwer es ist, Vertrauen zurückzugewinnen und einen stark erodierten Rechtsstaat wieder zu stabilisieren. Ein halbes Jahr nach dem Regierungswechsel gibt es zwar große Hoffnung, aber noch keine großen Fortschritte, wie die polnische Richterkollegin Dorota Zabłudowska in ihrem Beitrag schildert.

Viel Spaß beim Lesen wünscht

Sven Rebehn,
Chefredakteur

 

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