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Die aktuelle Ausgabe | November 2024

Jeder kämpft für sich allein

Liebe Leserinnen und Leser,

ein Jahr vor dem regulären Wahltermin für die Bundestagswahl hat die Ampel in den Wahlkampfmodus geschaltet. Anders ist es kaum zu erklären, dass der Bundeskanzler und der Bundesfinanzminister konkurrierende Wirtschaftsgipfel veranstalten, während der Vizekanzler unabgestimmt ein großes Konjunkturpaket ins Schaufenster stellt. Jeder kämpft nur noch für sich allein. Auch der Bundesjustizminister ist offensichtlich schon im Wahlkampf, wenn er in einem Interview das jüngst beschlossene Sicherheitspaket lobt, aber einen teilweise „dysfunktionalen“ Gesetzesvollzug in den Ländern beklagt. Ausgerechnet der zuständige Bundesminister, der den von der Ampel versprochenen Bund-Länder-Pakt für einen besser aufgestellten Rechtsstaat in Kenntnis aller Probleme bis heute nicht umsetzt, weil seine FDP das von der Prioritätenliste gestrichen hat, rügt jetzt Defizite in der Rechtsdurchsetzung. Nun ja.

Es könne nicht sein, dass der Bund immer neue Aufgaben mit immer detaillierteren Gesetzen auf die Bundesländer übertrage, die Umsetzung dann aber allein den Ländern überlasse, kritisiert die Vorsitzende der Justizministerkonferenz, Niedersachsens Ressortchefin Kathrin Wahlmann (SPD), diese Untätigkeit in der DRiZ. „Auch das Sicherheitspaket der Ampel blendet die Frage der Rechtsdurchsetzung und damit die hohe Arbeitsbelastung und die personellen Probleme vieler Staatsanwaltschaften und Gerichte leider weitgehend aus“, so Wahlmann.

Dass bei gutem Willen auch gute Ergebnisse zu finden sind, belegt derweil die Initiative der Ampel und der Union zum Schutz des Bundesverfassungsgerichts. Die Regelungsvorschläge sollen das Gericht besser gegen gezielte Eingriffe und Blockaden durch antidemokratische und illiberale Kräfte sichern. Das gelungene Paket sollte aber noch um den Vorschlag der Länder ergänzt werden, nach dem künftig auch der Bundesrat bei Änderungen (zentraler Vorschriften) des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes zustimmen muss. Kein großer Wurf ist das Ende September verabschiedete Gesetz zur Einführung eines Leitentscheidungsverfahrens beim Bundesgerichtshof. Es wird die Ziviljustiz nicht spürbar von Massenverfahren entlasten, so Matthias Engelhardt. Er vermisst ein schlüssiges Gesamtkonzept.

Viel Spaß beim Lesen wünscht

Sven Rebehn,
Chefredakteur

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