Von Dr. K. Jan Schiffer, Stefan Wehner und Claus J. Peters
Wichtige Symptome für Unternehmenskrisen - Reaktionsmöglichkeiten
In Zeiten von Stagnation oder gar Rezession geraten Unternehmen zunehmend in die Krise. Sie werden u.a. gezwungen, ihre Kapazitäten anzupassen (zu reduzieren) oder die Herstellung von Produkten mit zu niedrigen Margen einzustellen. Rechnungswesen und Controlling haben dabei Führungsinformationen zu liefern, mit denen Unternehmenskrisen vorausschauend erkannt und rechtzeitig Gegenmaßnahmen ergriffen werden können.
Welche Früherkennungssignale gibt es für Unternehmenskrisen, und welche erfolgversprechenden Maßnahmen zur Firmensanierung können ergriffen werden? Mit einer kompakten Checkliste geben die Autoren hierzu handfeste Antworten für die Rechnungswesenpraxis.
Im Lebenszyklus eines Unternehmens gibt es drei verschiedene Phasen, die besonders krisenanfällig sind:
Betrachtet man die konkreten Ursachen für wirtschaftliche Zusammenbrüche, sind vor allem bei mittelständischen Unternehmen drei wesentliche Gründe für Unternehmenszusammenbrüche zu nennen (vgl. auch BC 3/1998, S. 49 f.):
Daraus ergeben sich wiederum drei verschiedene Krisenformen:
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Strategie-,
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Erfolgs- und
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Liquiditätskrisen.
Liquiditätskrise: Zu später Ansatzpunkt?
Der Sanierungsbedarf für ein Unternehmen wird häufig sehr spät erkannt. Erst wenn sich eine Liquiditätskrise, die letzte und am einfachsten zu erkennende Phase vor der Insolvenz, ankündigt, die mit zunehmendem Bedarf an Finanzierungsmitteln beginnt, ist man spätestens im Unternehmen alarmiert. Jetzt sollen in kürzester Zeit Gegenmaßnahmen getroffen werden, um einen drohenden Zusammenbruch zu verhindern.
Auch wenn bereits eine Liquiditätskrise droht oder besteht, gibt es dennoch erfolgversprechende Ansätze für eine Unternehmenssanierung.
Beispiele für solche Spätmaßnahmen, die sofort greifen müssen, sind:
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Forderungsverzichte von Gesellschaftern und Banken,
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engste Kostenbudgetierung,
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straffe Liquiditätsplanung und -kontrolle,
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Verabschiedung von Sozialplänen,
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Verkauf von Beteiligungen und Sachanlagen.
Der Zeitpunkt der Liquiditätskrise ist für eine Sanierung in vielen Fällen zu spät.
Nur das frühzeitige Erkennen von Insolvenzsymptomen und die Kenntnis der wesentlichen Insolvenzursachen kann betrieblichen Insolvenzen wirklich nachhaltig vorbeugen. Man kann dieses erfolgversprechende Frühwarnsystem mit einem strategisch ausgerichteten Scanner vergleichen. Alle strategischen Faktoren müssen sozusagen ständig im Hinblick auf Abweichungen „gescannt“ werden. Dies gilt insbesondere für die „schwachen Signale“ (Weak-Signals, z.B. steigende Zahl der Garantiefälle).
Voraussetzung für ein wirksames Frühwarnsystem ist mithin eine regelmäßige und systematische Beobachtung der Marktposition, des Wettbewerbsverhaltens sowie der Kundenerwartungen.
Unternehmern sowie deren leitenden Mitarbeitern und Beratern sollten deshalb die typischen Krisensymptome und mögliche Reaktionen immer gegenwärtig sein. Die nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick über solche wichtigen Symptome/Reaktionen.
Absatzmarkt |
Krisensymptome |
Mögliche Reaktionen |
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Stärken- und Schwächenanalyse hinsichtlich Altersstruktur, Programmbreite, -tiefe, Verfahrenstechnologie. Einsatz von Benchmarkingmethoden und Innovationsmanagement. |
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Distributionslückenanalyse erstellen; aufgrund von Portfolio-, und Deckungsbeitragsanalysen das Absatzprogramm optimieren; Ersatzprodukte bzw. Dienstleistungen entwickeln; durch Unternehmenskäufe Marktanteil erweitern; Werbung verstärkt auf unerschlossene oder absatzträchtige Zielgruppen ausrichten, z.B. aufgrund von Marktforschungsstudien. |
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Kontinuierliche Analyse der Standortfaktoren; Erstellen eines Markterschließungskonzepts (z.B. Land, Region); Standortverlagerung der Produktion in Nähe neuer Absatzmärkte, um Logistikaufwand zu minimieren. |
Beschaffungsmarkt |
Krisensymptome |
Mögliche Reaktionen |
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Beschaffungsmarktanalyse, z.B. Beauftragung eines externen Dienstleisters zur Ermittlung von optimalen Beschaffungspreisen mit Hilfe von Datenbanken; Überprüfen der Lieferantenvereinbarungen, Bildung von Beschaffungskooperationen, raschere Begleichung von Lieferantenrechnungen. |
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Eintreibung der Kundenforderungen forcieren oder sich des Factoring (Outsourcing des Debitorenmanagements) bedienen; Liquiditätsportfolio einführen, d.h., Segmentierung der Kunden nach Zahlungsverhalten und Anteil am Gesamtumsatz, da Lieferantenkredite sehr teuer sind (vgl. BiBu 7/1996, Seite 155 ff.). |
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Auftragssplitting, da größere Bestellsummen nicht mehr bezahlt werden können, d.h., die Bestellmengen werden kleiner. |
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Bei entsprechender Marktposition längere Zahlungsziele vereinbaren; ansonsten alle Möglichkeiten zur Liquiditätsverbesserung ausschöpfen, z.B. Kostensenkungsprogramm (Sparkurs), Einholen von Bankbürgschaften, Kapitalerhöhung, Gesellschafterdarlehen, Veräußerung von nicht betriebsnotwendigen Vermögensgegenständen. |
Mitarbeiter |
Krisensymptome |
Mögliche Reaktionen |
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Führungsstil, Betriebsklima, Krankenstände überprüfen; Motivation durch materielle und immaterielle Anreizsysteme erhöhen; Personalentwicklung verbessern: Zielgespräche führen, Weiterbildung fördern. |
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Unternehmensführung |
Krisensymptome |
Mögliche Reaktionen |
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Gezielte Unterrichtung der Anteilseigner, Führungskräfte, Arbeitnehmer, Gläubiger, d.h. benutzerorientiert zum richtigen Ort und zum richtigen Zeitpunkt nach Just-In-Time Regeln. |
Gläubiger |
Krisensymptome |
Mögliche Reaktionen |
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Finanz- und Rechnungswesen |
Krisensymptome |
Mögliche Reaktionen |
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Betriebliche Leistungsreserven erschließen und Kostensenkungspotentiale sinnvoll ausschöpfen, Verbesserung des Cash-Managements; Einleitung von Sofortmaßnahmen, z.B. Verwertung von Anlagevermögen (u.a. Sale-and-Lease-Back), Stundungsanträge beim Finanzamt, Forderungsverzichte der Gesellschafter, Factoring (vgl. oben „Beschaffungsbereich“), Sonderausverkäufe von Ladenhütern. |
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Steuerliche Optimierung von Geschäftsvorfällen zur Wahrung stiller Reserven ausloten, z.B. § 6 b EStG-Rücklage beim Anlagenverkauf oder beim Kauf und Verkauf von Unternehmen (vgl. BC 8/1997, Seite 182 ff.); Anhangangaben prüfen; Notveräußerungen vermeiden, da zumeist hohe Abschläge vom Marktpreis verhandelt werden. |
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Wirtschaftlichkeitsvergleich bei betriebsnotwendigem Vermögen anstellen, d.h. in der Regel Veräußerungserlös abzüglich aller Veräußerungskosten mit den Barwert der Mietkosten eines Anlagevermögensgegenstandes vergleichen (vgl. BiBu 8/1994, S. 173 ff.); Anhangangaben prüfen. |
Zu einer erfolgreichen Unternehmenssanierungs-Strategie gehören nicht nur betriebs- und finanzwirtschaftliche Maßnahmen, sondern auch konkrete rechtliche Schritte (z.B. Rankrücktrittserklärung). Handfeste Praxistipps hierzu finden Sie im Beitrag „Erfolgsfaktoren der Unternehmenssanierung“, der von den genannten Autoren in der PRINT-AUSGABE BC 3/1998 auf Seite 52 ff. erschienen ist. |
DIE AUTOREN
Dr. K. Jan Schiffer, Rechtsanwalt, Bonn (http://www.schiffer.de) und Claus J. Peters, Rechtsanwalt, Kleve, beide Partner der Beratungskanzlei SP§P Schiffer.Peters.Ziegler, sowie Dipl.-Kfm. Stefan Wehner, Wirtschaftsprüfer und Certified Fraud Examiner, eigene Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungskanzlei, Hanau-Mittelbuchen.
BC 12/2002
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