Sanierung & Restrukturierung: Trendradar 2023Was sind die für Sanierungs- und Restrukturierungsexperten angesagten Themen im Jahr 2023? Klar ist, dass die Zukunftsfähigkeit des Geschäftsmodells als Problemfeld Nr. 1 auf den Prüfstand gehört. Mit Blick auf die Finanzierungsnotwendigkeiten kommt es darauf an, im Bereich Private Equity/Debt Sanierungskonzepte als Entscheidungsgrundlage in den Mittelpunkt zu stellen. Mit gleicher Gewichtung wird empfohlen, das Sanierungshindernis (Minderheits-)Gesellschafter in den Blick zu nehmen.
Praxis-Info!
Problemstellung Im aktuellen Krisenumfeld ist das Themenfeld „Sanierung & Restrukturierung“ für 2023 von besonders großer Bedeutung. Die Münchener Experten der Dr. Wieselhuber & Partner GmbH sehen in ihrem kürzlich veröffentlichten Trendradar 2023 die Zukunftsfähigkeit des Geschäftsmodells als Top-Thema an: Es komme darauf an, jetzt aktiv zu gestalten und Finanzierungsrisiken zu vermeiden. Private Equity/Debt (privates Beteiligungskapital/Fremdkapital) wird als Themenfeld Nr. 2 genannt. Mit gleicher Gewichtung wird empfohlen, das Sanierungshindernis (Minderheits-)Gesellschafter in den Blick zu nehmen. Was das konkret für den Handlungsbedarf in 2023 bedeutet, wird nachfolgend anhand eines Wieselhuber-Thesenpapiers vom 8.12.2022 skizziert.
Lösung (1) Zukunftsfähigkeit des Geschäftsmodells: Eine Sanierung oder Restrukturierung über ambitionierte Vertriebsplanungen ist unverändert unglaubwürdig. Anhaltende operative Verluste, alte ineffiziente Geschäftsprozesse und Kommunikation über intransparente Reporting-Kanäle werden auch im Jahr 2023 nicht fremdfinanziert. Damit das Geschäftsmodell als zukunftsfähig gelten kann, muss es den Effekten der geopolitischen und finanzwirtschaftlichen Herausforderungen der Gegenwart Rechnung tragen, aber auch den Anforderungen in Bezug auf Nachhaltigkeit (ESG), Wettbewerbsfähigkeit und Profitabilität genügen. Das bedeutet: Effiziente Prozesse und schlanke Organisationsstrukturen sind zu verbinden mit einer transparenten (automatisierten) Berichterstellung und einer engen Vertriebssteuerung, um über adaptive (anpassungsfähige) Mengen-/Preisgerüste die eingepreisten Risikofaktoren z.B. in Beschaffung, Energie und Personal auszugleichen. Die aktive Gestaltung der notwendigen Transformation oder Restrukturierung entscheidet, denn „was gestern richtig war, kann schon heute falsch sein“. (2) Private Equity/Debt: Die Forderung der Wieselhuber-Experten – namentlich als Mitglieder der Geschäftsleitung insbesondere Daniel Emmrich und Matthias Müller (Letzterer begleitet Unternehmen bei der finanziellen Sanierung an der juristisch-betriebswirtschaftlichen Nahtstelle) –, Sanierungskonzepte als Entscheidungsgrundlage in den Mittelpunkt zu stellen, hat folgenden Hintergrund: Bis zum Februar 2022 waren M&A-Transaktionen (Mergers & Acquisitions – Fusionen & Unternehmenserwerbe) durch hohe Multiples (Multiplikatoren u.a. zu Umsatz, Ergebnis) und ambitionierte Geschäftsplanungen gekennzeichnet. Die Finanzierung des Kaufpreises erfolgte häufig zu mindestens 50% über die Bilanz des gekauften Unternehmens, was zu sehr hohen Verschuldungswerten führte. Durch die Entwicklungen des Jahres 2022 sinkt die Ertragsqualität deutlich, und die Durchfinanzierung ist dann auch aufgrund der hohen Zins- und Tilgungszahlungen gefährdet. Ebenso zeigt sich, dass die Rückkehr in stabile Verschuldungsrelationen einige Jahre in Anspruch nehmen wird. Um wieder ins Geld zu kommen, wird häufig ein Haircut verlangt werden. Erwartet wird, dass alternativ verstärkt Debt-to-equity-Swaps (Umwandlung von Kreditforderungen gegenüber einem Schuldnerunternehmen in Eigenkapital bzw. Anteilsrechte) vonseiten der Kaufpreis-Gläubiger zu beobachten sein werden. Zur Haftungsverringerung und auch zur Entscheidungsfindung wird hier ein Sanierungskonzept (gemäß IDW S6) als neutrale Entscheidungsgrundlage im Mittelpunkt des Sanierungsprozesses stehen. Notwendig ist – so betonen Emmrich/Müller – ein nachvollziehbares Zahlengerüst als Basis von umsetzungsorientierten und konsensfähigen Handlungsoptionen, vor allem im Kontext der aktuellen geopolitischen Spannungen. (3) Sanierungshindernis (Minderheits-)Gesellschafter: Häufig befinden sich die Gesellschafter im Rahmen einer Sanierung im Konflikt. Die Hintergründe sind so vielfältig und mehrschichtig, weshalb es fast immer zu massiven Blockaden in der Fortentwicklung des Unternehmens kommt. Ein zentraler Erfolgsfaktor in der Sanierung & Restrukturierung ist deshalb ein schneller und stabiler Konsens über die ausgewogenen und verursachungsgerechten Beiträge zur Bewältigung der Krise. Vorgelagert ist dabei der Erkenntnisprozess über die tatsächliche wirtschaftliche Position im Rahmen der Sanierung sowie – gerade in volatilen Zeiten – die Fähigkeit zur schnellen Handlungsfähigkeit. Nicht nur dann, wenn einer oder mehrere Gesellschafter „aus dem Geld sind“, zeigen sich Konflikte, welche eine erfolgreiche Sanierung verhindern. Klassische Anlässe sind dabei Nachfolgethematiken und komplexe Gesellschafterstrukturen (z.B. Stiftungen). Sehr häufig erschwert ein obstruierender (verhindernder) Minderheitsgesellschafter den Sanierungserfolg. Neben den klassischen Lösungsoptionen IPO, M&A, Treuhand hat sich nun das StaRUG als praxisbewährtes Lösungsinstrumentarium für solche Konflikte gezeigt. Der Rat von Emmrich/Müller lautet: Je früher man sich als Gesellschafter mit diesen Fragen beschäftigt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass man nach der Restrukturierung auch noch Gesellschafter ist.
Dr. Hans-Jürgen Hillmer, BuS-Netzwerk Betriebswirtschaft und Steuern, Coesfeld Daniel Emmrich, Mitglied der Geschäftsleitung bei W&P, berät Unternehmen bei der operativen Sanierung und Restrukturierung – vom Konzept bis zur Umsetzung. Matthias Müller, Mitglied der Geschäftsleitung bei W&P, begleitet Unternehmen bei der finanziellen Sanierung an der juristisch-betriebswirtschaftlichen Nahtstelle.
BC 1/2023
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