BVBC: Ehrenpreis-Vortrag zur Nachhaltigkeitsberichterstattung im MittelstandAnlässlich des diesjährigen BVBC-Bundeskongresses 2022 wurden nach zwei Jahren Corona-Pause wieder Preisverleihungen in Präsenz vorgenommen. Als Träger des aus dem BVBC-Stiftungspreis hervorgegangenen WIB-Ehrenpreises wurden für ihren in der Zeitschrift BC erschienenen Aufsatz über „Nichtfinanzielle Berichterstattung im Mittelstand“ Professor Dr. Stefan Müller, Sean Needham und Eddie Tijn ausgezeichnet.
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Hintergrund Auf dem BVBC-Bundeskongress wird in Fortführung des traditionell vergebenen Ehrenpreises der BVBC-Stiftung nunmehr der WIB-Ehrenpreis für Rechnungswesen und Controlling verliehen (WIB = Wissenschaftliches Institut des BVBC). Am Festabend (13.5.2022) des Kongresses erhielten gleich drei Autoren den Ehrenpreis 2022. Sie wurden damit für ihren in der Fachzeitschrift BC erschienenen Aufsatz über „Nichtfinanzielle Berichterstattung im Mittelstand“ (BC 2021, 266 ff., Heft 6) geehrt. Was heute in aller Munde zu sein scheint, war zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Beitrags keineswegs Allgemeingut (auch nicht unter Bilanzierungsexperten). Vielmehr sind die Autoren insbesondere auch deswegen als Vorreiter anzusehen, weil sie sich schwerpunktmäßig mit den enorm wichtigen Ausstrahlungen dieser Thematik auf den (direkt aktuell noch nicht betroffenen) Mittelstand beschäftigen.
Lösung In Anknüpfung an den ausgezeichneten BC-Beitrag stellte das Preisträger-Trio neue Entwicklungen vor. So erläuterte Prof. Dr. Stefan Müller grundlegende Berichterstattungsprinzipien und bezog sich auf den entsprechenden EU-Aktionsplan. Wie zu klassifizieren ist, regelt die EU-Taxonomie-Verordnung: Mit dieser sind Bewertungskriterien aufgestellt worden, mit denen bestimmt werden kann, inwieweit eine Wirtschaftstätigkeit einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leistet und ob diese Wirtschaftstätigkeit erhebliche Beeinträchtigungen der übrigen Umweltziele vermeidet. Unternehmen haben im Lagebericht Kennzahlen zu liefern, welcher Anteil des Umsatzes im nachhaltigen Bereich erzielt wird. Derzeit besteht die Verpflichtung nur indirekt: Banken sind aber schon entsprechend verpflichtet, solche Informationen von den Unternehmen anzufordern. Letztere zeigen sich überfordert. Ein weiteres Problem sind die Anforderungen des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG), das ab 1.1.2023 (2024) umzusetzende Sorgfaltspflichten der Unternehmen mit mehr als 3.000 (1.000) Beschäftigten vorgibt. Die Auswirkungen auf mittelständische Unternehmen wurden vom Co-Preisträger Needham näher erläutert. Viele werden mittelbar betroffen sein, so z.B. Anbieter von Immobilienfonds. Immobilien müssen Nachhaltigkeitsanforderungen erfüllen; Zulieferer, wie Toilettenhersteller, werden Informationen als Lieferanten zu Nachhaltigkeitsaspekten ihrer Produkte bereitstellen müssen. In einem Ausblick auf die für den Sommer 2022 angekündigte CSR-RL 2.0 (Corporate Sustainability Reporting Directive – EU-Richtlinienvorschlag zur nachhaltigkeitsbezogenen Unternehmensberichterstattung) wurde die Verpflichtung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung im Lagebericht erläutert. Es geht hierbei um die qualitative Verbesserung der bisherigen Berichterstattung mittels der verpflichtenden Beachtung von EU-Nachhaltigkeitsberichtsstandards, die noch nicht vorliegen, sondern in Kürze entwickelt werden müssen. Parallel arbeiten daran:
Beide arbeiten mit der GRI (Global Reporting Initiative) zusammen. Zu beachten sein wird auch die Sorgfaltspflichten-Richtlinie der EU, die strengere Vorgaben wie das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz enthalten wird und sich an haftungsbeschränkte EU-Unternehmen wendet (mehr als 500 Arbeitnehmer, bei Tätigkeiten in high-impact-sectors – Branchen mit großem (wirtschaftlichen) Einfluss – mit mehr als 250 Arbeitnehmern, wenn Umsatz > 40 Mio. €.). Für die Unternehmen ergibt sich daraus die Notwendigkeit, die CSR und das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz schon jetzt im Risikomanagementsystem (RMS) zu berücksichtigen. Der dritte Preisträger Tjin verwies auf Umsetzungsempfehlungen in der zwischenzeitlich gestarteten BC-Aufsatzreihe mit 8 Teilen:
Im Fazit betonten die Preisträger die indirekte Verpflichtung vieler kleinerer Unternehmen durch Einbezug in die Wertschöpfungsketten, sodass es auf die Schaffung der Strukturen im RMS, im internen Berichtswesen und in der Rechnungslegung schon jetzt ankomme. Derzeit sei schon die Orientierung an den GRI möglich, solange keine klaren EU-Vorgaben vorliegen. Jedenfalls bedingt die anstehende Regulierung eine zeitnahe Auseinandersetzung auch von KMU mit der Nachhaltigkeitsberichterstattung.
Dr. Hans-Jürgen Hillmer, BuS-Netzwerk Betriebswirtschaft und Steuern, Coesfeld
BC 6/2022
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