Ausscheiden des Kommanditisten mit negativem Kapitalkonto (§ 15a EStG)FG Düsseldorf, Urteil vom 1.7.2021, 11 K 1039/21 F (Revision zugelassen)
Scheidet ein Kommanditist mit negativem Kapitalkonto aus einer Gesellschaft aus, führt dies bei unentgeltlicher Anteilsübertragung nicht zu einer Gewinnzurechnung gemäß § 15a Abs. 3 EStG beim Rechtsnachfolger.
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Problemstellung Die Möglichkeiten zum Ausgleich oder Abzug von steuerlichen Verlusten bei unentgeltlicher Übertragung von Sachgesamtheiten sind sehr umstritten. Seit der Rechtsprechungsänderung des Großen Senats des BFH ist in den prominenten Fällen der Erbfolge klar, dass ein Übergang von einkommensteuerlichen Verlusten (§ 10d EStG) auf den Erben nicht in Betracht kommt (BFH v. 17.12.2007 – GrS 2/04, DStR 2008, 545). Auch gewerbesteuerliche Fehlbeträge eines Einzelunternehmers unter § 10a GewStG sind von diesem Wegfall betroffen (GewStH 10a.3 Abs. 1, „Unternehmerwechsel“; Weiss in BeckOK GewStG, Jahndorf/Oellerich/Weiss, 1. Edition, Stand: 1.2.2022, § 10a, Rn. 760). Anders ist hingegen der besondere „Verlustverrechnungskreis“ des § 15a EStG zu betrachten. Nach § 15a Abs. 1 S. 1 EStG darf der einem Kommanditisten zuzurechnende Anteil am Verlust einer Kommanditgesellschaft weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden, soweit ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten entsteht oder sich erhöht. Er darf insoweit auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden. Soweit der Verlust danach nicht ausgeglichen oder abgezogen werden darf, mindert er die Gewinne, die dem Kommanditisten in späteren Wirtschaftsjahren aus seiner Beteiligung an der Kommanditgesellschaft zuzurechnen sind (§ 15a Abs. 2 S. 1 EStG). Sinn und Zweck des § 15a EStG ist es, dem Kommanditisten einen steuerlichen Verlustausgleich und -abzug nur insoweit zu gewähren, als er wirtschaftlich durch den Verlust belastet wird (BFH v. 1.3.2018 – IV R 16/15, DStR 2018, 1362, Rn. 21). Bei einer unentgeltlichen Übertragung des Mitunternehmeranteils, an dem die nur verrechenbaren Verluste „haften“, gehen diese entgegen den sonstigen Grundsätzen auf den Erwerber über (EStH 15a, „Unentgeltliche Übertragung“). Dabei muss es sich um eine Übertragung im Wege der Schenkung, d.h. ohne Gegenleistung, handeln. Die Übernahme eines negativen Kapitalkontos steht der Annahme der Unentgeltlichkeit insoweit nach der Rechtsprechung des BFH nicht entgegen. An einem Entgelt des Übernehmers fehlt es jedenfalls dann, wenn die anteiligen stillen Reserven einschließlich eines Geschäftswerts das übernommene negative Kapitalkonto übersteigen (BFH v. 1.3.2018 – IV R 16/15, DStR 2018, 1362, Rn. 26). Für die besondere Konstellation des § 15a Abs. 3 EStG musste das FG Düsseldorf jetzt entscheiden, wie mit einer unentgeltlichen Rechtsnachfolge in den Kommanditanteil umzugehen ist. § 15a Abs. 3 EStG ergänzt § 15a Abs. 1 EStG. Der Verlustausgleich des Kommanditisten wird auch dann als nicht gerechtfertigt angesehen, wenn das am Ende des Verlustjahres bestehende Eigenkapital der Gesellschaft alsbald wieder entzogen wird. Daher wird ein Betrag in Höhe der Einlageminderung als fiktiver (angenommener) Gewinn zugerechnet. In gleicher Höhe wird der früher ausgleichsfähige Verlustanteil in einen verrechenbaren Verlustanteil umgewandelt (BFH v. 20.11.2014 – IV R 47/11, DStR 2015, 814, Rn. 28). Kommt es zur unentgeltlichen Übertragung eines mit einer solchen Problematik behafteten Anteils, folgt das FG Düsseldorf nicht dem Finanzamt, das dem unentgeltlichen Rechtsnachfolger zum Ende des Wirtschaftsjahres der Übertragung einen Gewinn nach § 15a Abs. 3 S. 1 EStG aufgrund einer „Einlageminderung“ zurechnen wollte (zur verfahrensrechtlichen Umsetzung der Gewinnzurechnung BFH v. 20.11.2014 – IV R 47/11, DStR 2015, 814). Die Regelung des § 52 Abs. 33 EStG a.F. (heute: § 52 Abs. 24 EStG) findet dabei nach Auffassung des FG keine Anwendung, da ein unentgeltlicher Vorgang vorliegt. Das negative Kapitalkonto wird zunächst gewinnneutral vom Rechtsnachfolger fortgeführt. Erst in der Folge sind vom Rechtsnachfolger künftige Gewinne zu versteuern, die allerdings zur Auffüllung des negativen Kapitalkontos verwandt werden müssen, sodass keine Gewinnauszahlungsansprüche des unentgeltlichen Rechtsnachfolgers entstehen.
Dr. Martin Weiss, Steuerberater, Fachberater für Internationales Steuerrecht, Dipl.-Kfm., Verlag C.H.BECK, München
BC 6/2022 |