Gewerbesteuerliche Hinzurechnung bei Aufwendungen für SponsoringNiedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 11.11.2021, 10 K 29/20 (Revision eingelegt, Az. BFH: III R 5/22)
Aufwendungen für die Überlassung von Werbeflächen (im Streitfall u.a. Bande und Trikots) sowie für die Überlassung eines Vereinslogos für Werbezwecke unterliegen der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG bzw. § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG.
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Problemstellung Die Gewerbesteuer soll nach ihrem „Objektsteuercharakter“ das Steuerobjekt – den Gewerbebetrieb – mit der ihm eigenen Ertragskraft ohne Rücksicht auf die persönlichen Merkmale des Steuersubjekts und seine persönliche Beziehung zum Steuerobjekt erfassen (BFH Urt. v. 1.9.2021 – III R 20/19, BeckRS 2021, 35779, Rn. 21). Durch § 7 GewStG übernimmt das Gewerbesteuergesetz die Ermittlung des Gewinns aus dem Gewerbebetrieb des Einkommen- oder Körperschaftsteuergesetzes, der dieser Anforderung noch nicht vollumfänglich gerecht wird. Diese Ausgangsgröße wird durch besondere Regelungen des § 7 GewStG zunächst zurechtgestutzt. Dabei fallen etwa Veräußerungs- und Aufgabegewinne bei Mitunternehmerschaften (§ 16 Abs. 1 EStG) aus dem Gewerbeertrag heraus (§ 7 S. 2 GewStG), soweit sie unmittelbar von natürlichen Personen erzielt werden. Durch die Hinzurechnungen und Kürzungen der §§ 8, 9 GewStG wird der Objektsteuercharakter des Gewerbeertrags als Besteuerungsgrundlage (§ 6 GewStG) dann weiter umgesetzt. Die prominente Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG für Zinsen und zinsähnliche Aufwendungen soll dabei der Finanzierungsneutralität dienen. Der Ertrag des im Betrieb arbeitenden Kapitals soll in vollem Umfang der Besteuerung nach dem Gewerbeertrag unterworfen werden, ohne Rücksicht darauf, ob die Kapitalausstattung des Betriebs mit Eigen- oder Fremdkapital finanziert wurde (BFH Urt. v. 14.6.2018 – III R 35/15, BStBl. II 2018, 662, Rn. 18). Neben einfachen Zinsen sind daher auch andere Aufwendungen, die Finanzierungsbestandteile aufweisen, in gewissem Umfang hinzuzurechnen. Für die insgesamt vorzunehmende Hinzurechnung wird ein Freibetrag gewährt, der zum Erhebungszeitraum 2020 auf 200.000 € verdoppelt wurde. Miet- und Pachtzinsen sowie Leasingraten für die Benutzung von beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, werden dabei durch die Buchstaben d und e des § 8 Nr. 1 GewStG abgedeckt. Den enthaltenen Finanzierungsanteil typisiert der Gesetzgeber dabei rechtsfolgenseitig mit 20% bzw. 50%. Insbesondere die Formulierung „Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens“ hat dabei in der Vergangenheit Unsicherheit ausgelöst. Nach der BFH-Rechtsprechung muss die Frage des „Anlagevermögens“ (§ 247 Abs. 2 HGB) „fiktional“ (auf einer Annahme beruhend) anhand des konkreten Geschäftsgegenstands des mietenden Unternehmens geprüft werden (BFH Urt. v. 25.10.2016 – I R 57/15, DStR 2017, 24). Auch die Frage, ob es sich um einen von der Vorschrift umfassten Miet-, Leasing- oder Pachtvertrag handelt, hat dabei für Aufregung gesorgt. Einen neuen Aspekt dieser Debatten hatte jetzt das FG Niedersachsen zu entscheiden. Die Klägerin hatte Aufwendungen für Sponsorenrechte geleistet. Insbesondere erhielt sie dadurch die Gelegenheit zur Nutzung des Vereinslogos für Werbezwecke, zur Präsentation des Firmenlogos des Sponsors auf den Trikots und anderer Sportbekleidung sowie zur Bandenwerbung. Das Finanzamt sah darin einen „gemischten Vertrag“ und rechnete die Entgelte dem Gewerbeertrag teilweise nach § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG (Banden- und Trikotwerbung) und teilweise nach § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG (Aufwendungen für Bildmaterial) hinzu.
Lösung Das FG Niedersachsen hat dem Finanzamt recht gegeben. Der Sponsoringvertrag lasse sich den Leistungspflichten nach trennen und enthalte wesentliche Elemente eines Mietvertrags, soweit der Klägerin Flächen und Trikots sowie andere Bekleidungsstücke zumindest zeitweise überlassen würden, damit die Klägerin dort ihr Firmenlogo zu Werbezwecken präsentieren könne. Da die Klägerin die angemieteten Werbeträger im Rahmen der Sponsoringvereinbarung langfristig für Werbezwecke nutze, dienten sie dem Geschäftszweck der Klägerin nach ihrer unternehmerischen Entscheidung langfristig und seien damit „fiktional“ Anlagevermögen. Die Entgelte für die Überlassung des Vereinslogos für Werbezwecke seien nach § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG hinzuzurechnen. Dabei handele es sich um ein urheberrechtlich geschütztes Werk, das zudem im Rahmen einer befristeten Überlassung durch Einräumung eines zeitlich begrenzten Nutzungsrechts genutzt wurde.
Dr. Martin Weiss, Steuerberater, Fachberater für Internationales Steuerrecht, Dipl.-Kfm., Verlag C.H.BECK, München
BC 5/2022
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