Anerkennung von Steuererstattungsansprüchen: Bilanzierungszeitpunkt
BFH-Urteil vom 31.8.2011, X R 19/10
Steuererstattungsansprüche sind häufig Gegenstand eines Streits zwischen Steuerpflichtigem und Finanzamt. Nicht selten wird dieser Streit vor einem Finanzgericht entschieden. Hierbei stellt sich die Frage, zu welchem Zeitpunkt bislang bestrittene Steuererstattungsansprüche zu bilanzieren sind, nachdem diese von den Finanzgerichten anerkannt wurden.
Praxis-Info! Im Ausgangsfall ging es um Umsatzsteuer-Erstattungsansprüche im Zusammenhang mit dem Betrieb von Geldspielautomaten. Diese entstanden, da der Kläger in den Jahren 1996 bis 2001 seine Umsätze aus dem Betrieb der Geldspielautomaten als steuerpflichtige Umsätze erfasste. In 2001 und 2003 beantragte der Kläger, mit Blick auf ein beim EuGH anhängiges Verfahren, eine Änderung der Steuerfestsetzung wegen Steuerfreiheit der Umsätze. Sowohl EuGH als auch BFH entschieden im Jahr 2005 zugunsten des Klägers. Das Finanzamt erkannte daraufhin in 2006 die Erstattungsansprüche an. Der Kläger ging davon aus, dass die Steuererstattungsansprüche erst mit Anerkennung der Ansprüche durch das Finanzamt zu aktivieren sind. Aus Sicht des Finanzamtes hatte eine Aktivierung aber bereits mit Verkündung des BFH-Urteils zu erfolgen. Das erstinstanzliche Finanzgericht (FG) gab dem Kläger Recht. In seiner Urteilsbegründung führte das FG aus, eine bestrittene Forderung sei erst dann zu aktivieren, wenn sie rechtskräftig zuerkannt wurde oder der Schuldner sein Bestreiten aufgibt und sie anerkennt. Im Falle von Steuererstattungsansprüchen ist dies erst mit der Änderung der Bescheide oder mit der Mitteilung des Finanzamts, die Bescheide ändern zu wollen, gegeben. Bei der Änderung der Bescheide handelt es sich somit um ein wertbegründendes Ereignis. Folglich konnten im Ausgangsfall die Umsatzsteuer-Erstattungsansprüche erst im Jahr 2006 aktiviert werden.
Lösung In seinem am 21.12.2011 veröffentlichten Urteil widerspricht der BFH der Urteilsbegründung des Finanzgerichts. Hierzu führt der BFH im Wesentlichen drei Argumente an:
Somit stand bereits im Jahr 2005 fest, dass das Finanzamt die Umsatzsteuer-Erstattungsansprüche anerkennen muss. Der Erlass der geänderten Steuerbescheide stellt somit nur einen wirtschaftlich unbedeutenden, formalrechtlichen Akt dar. Er hat also lediglich eine werterhellende Wirkung. Insofern sind im Ausgangsfall die Umsatzsteuer-Erstattungsansprüche bereits im Jahr 2005 zu aktivieren.
Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Operational Risk Manager Corporate Finance, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)
BC 1/2012 |