Teilwertabschreibung auf Finanzanlagen
FG Köln, Urteil vom 24.8.2011, 13 K 1567/07
Bei einem Absinken des Börsenkurses am Bilanzstichtag um mehr als 20% unter den maßgeblichen Buchwert liegt eine dauernde Wertminderung vor, weshalb steuerbilanziell eine Teilwertabschreibung vorgenommen werden darf (Wahlrecht). [Leitsatz d. Verf.]
Praxis-Info!
Problemstellung Bei einer voraussichtlich dauernden Wertminderung darf (gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG) auf den Teilwert abgeschrieben werden. Insbesondere bei börsennotierten Finanzanlagen kommt es immer wieder zu Diskussionen zwischen Steuerpflichtigem und Finanzamt darüber, ob ein Absinken des Börsenkurses als dauernde Wertminderung einzustufen ist oder nicht.
Lösung Nach dem am 15.9.2011 veröffentlichten Urteil des FG Köln ist von einer dauernden Wertminderung auszugehen, wenn der Börsenkurs am Abschlussstichtag um mehr als 20% unter den maßgeblichen Buchwert gesunken ist. Das FG Köln bezieht sich in seiner Urteilsbegründung u.a. auf ein Urteil des FG Münster vom 31.8.2010 (9 K 3466/09 K,G). Neben einem Absinken des Börsenkurses um mehr als 20% an einem Bilanzstichtag gilt nach dem Urteil des FG Münster auch ein Absinken um mehr als 10% an zwei aufeinander folgenden Stichtagen als Kriterium für eine dauernde Wertminderung. Die beiden Finanzgerichte widersprechen damit den vom BMF in seinen Schreiben vom 26.3.2009 (IV C 6 – S 2171 – b/0 – siehe hier) und 5.7.2011 (IV C 1 – S 1980–1/10/10011 :006 – siehe hier) festgelegten Kriterien für eine dauernde Wertminderung.
Das Urteil des FG Münster ist zurzeit zur Revision beim BFH anhängig.
Konsequenzen für Bilanzierende Wie in der Tabelle zu sehen, weichen die Vorstellungen darüber, ab wann steuerrechtlich von einer dauernden Wertminderung auszugehen ist, zurzeit erheblich voneinander ab. Dem steuerlichen Abschreibungswahlrecht steht dabei ein handelsrechtliches Abschreibungsgebot (gemäß § 253 Abs. 3 Satz 3 HGB) gegenüber. Allerdings ist auch handelsrechtlich nicht genau definiert, ab wann von einer dauernden Wertminderung auszugehen ist. Insofern dürften die vom BMF bzw. den Finanzgerichten festgelegten Schwellenwerte auch in der handelsrechtlichen Bilanzierung Anwendung finden. Durch die Kombination von steuerlichem Wahlrecht und handelsrechtlicher Pflicht ergibt sich eine Reihe von Konsequenzen, die bei der Bilanzierung einer dauernden Wertminderung zu beachten sind.
Wie zu sehen, sind Teilwertabschreibungen (bzw. außerplanmäßige Abschreibungen auf den niedrigeren Wert) mit zusätzlichen Aufzeichnungspflichten verbunden. Das bestehende Wertaufholungsgebot schließt ein, dass entsprechende Verzeichnisse über die Abschreibung geführt werden, um künftig an jedem Bilanzstichtag den Fortbestand der Wertminderung prüfen zu können. Wird nun der Schwellenwert, ab welchem das Absinken des Börsenkurses eine dauerhafte Wertminderung anzeigt, zu niedrig gewählt, kann es bei volatilen (schwankungsanfälligen) Börsenkursen zu jährlichen Anpassungen kommen. Dies führt dazu, dass auch die Finanzanlagen de facto zu tagesaktuellen Marktwerten bilanziert werden.
Umgekehrt bewirkt ein zu hoher Schwellenwert, dass Verluste u.U. lange „verdeckt“ werden und in dem Jahr, in welchem der Schwellenwert überschritten wird, eine verzerrende Wirkung auf Bilanz und GuV haben.
Resümee Mangels handelsrechtlicher Konkretisierungen kommt der steuerrechtlichen Festlegung von Schwellenwerten für eine dauernde Wertminderung auch Bedeutung für die Handelsbilanz zu. Dabei sind bei der Berücksichtigung von voraussichtlich dauernden Wertminderungen bei börsennotierten Finanzanlagen verschiedene Dimensionen zu beachten. Neben den Auswirkungen auf Bilanz und GuV, dem tatsächlichen Steueraufwand und diversen im- und expliziten Aufzeichnungs-(und Aufbewahrungs-!)pflichten ist auch zu überlegen, ob die gewählte Bilanzierung noch ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögenslage liefert.
Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Operational Risk Manager Corporate Finance, London (E-Mail: Christian.Thurow@sc.com)
BC 10/2011 |