Zum Vorsteuerabzug bei einer (gemischten) Holding
BFH-Urteil vom 9.2.2012, V R 40/10
Praxis-Info!
Auffassung der Finanzverwaltung Die Finanzverwaltung hat mit BMF-Schreiben vom 26.1.2007 (IV A 5 – S 7300 – 10/07) zur Unternehmereigenschaft und zum Vorsteuerabzug bei einer Holding umfangreich Stellung bezogen. Das Schreiben wurde zwischenzeitlich in den Umsatzsteueranwendungserlass (UStAE) übernommen und in einigen Passagen an die aktuelle Rechtsentwicklung angepasst. Unternehmen, deren Zweck sich lediglich auf den Erwerb, die Verwaltung oder Veräußerung von gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen beschränkt und die keine Leistungen gegen Entgelt erbringen (sog. Finanzholdings), sind keine umsatzsteuerlichen Unternehmer nach § 2 UStG. Erbringt eine Holding jedoch Leistungen an ihre Beteiligung, z.B. im Sinne einer Management- oder Beratungstätigkeit gegenüber Tochtergesellschaft(en), liegt eine sog. Führungs- oder Funktionsholding vor, die unternehmerisch tätig und somit Unternehmer im Sinne der Umsatzsteuer ist. Wird eine Holding nicht gegenüber sämtlichen Tochtergesellschaften unternehmerisch tätig (sog. gemischte Holding), hat die Holding sowohl einen unternehmerischen als auch einen nichtunternehmerischen Bereich, wenn die Beteiligungen an den übrigen Tochtergesellschaften lediglich gehalten und verwaltet werden. Noch immer gibt es Klärungsbedarf zum Umfang des Vorsteuerabzugs. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer – hier eine Führungsholding oder gemischte Holding – die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen zulässigerweise in Rechnung gestellte Vorsteuer grundsätzlich abziehen, soweit der Unternehmer die Eingangsleistungen für sein Unternehmen und damit für seine wirtschaftlichen Tätigkeiten zur Erbringung entgeltlicher Ausgangsleistungen zu verwenden beabsichtigt. Verwendet der Unternehmer die Eingangsleistung zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist § 15 Abs. 4 UStG analog anzuwenden: Danach ist derjenige Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Die nicht abziehbaren Teilbeträge können (analog zu § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG) im Rahmen einer sachgerechten Schätzung durch den Unternehmer ermittelt werden.
Ausgangspunkt: Entscheidung des Finanzgerichts München Das aktuelle Urteil des BFH ist eine Folgeentscheidung zum Urteil des Finanzgerichts München (FG) vom 28.1.2009 (3 K 3141/05), in dem dieses den durch das Finanzamt – lediglich – begrenzt anerkannten Vorsteuerabzug aufseiten der Holding für rechtens erklärt hatte. Gemäß FG war der begrenzte Vorsteuerabzug zulässig, da die Eingangsleistungen aus Allgemeinkosten sowohl für den wirtschaftlichen als auch für den nicht-wirtschaftlichen Teil verwendet worden seien. Aus den Entscheidungsgründen des FG ging allerdings nicht eindeutig hervor, ob die Holding auch Beteiligungen hielt, an die sie keine Leistungen erbracht hat. Wie der BFH-Entscheidung zu entnehmen ist, war dies aber der Fall, und die Holding hatte nur gegenüber zwei Beteiligungen Leistungen erbracht. Zugleich hatte die Holding jedoch an 50 weiteren Beteiligungen Anteile gehalten, an die keine Leistungen erbracht wurden. Der BFH hat entschieden – und das wohl zu Recht –, dass in diesem Fall ein Vorsteuerabzug mit über 50% nicht gerechtfertigt sei und damit das Finanzamt mit 75% bereits einen höheren Vorsteuerabzug gewährt habe, als es nach sachgerechter Schätzung rechtens wäre.
Dipl.-Betriebsw. (FH) Erwin Herzing, Steuerberater, Prokurist der Dr. Kleeberg & Partner GmbH WPG StBG, München (Internet: www.kleeberg.de, E-Mail: erwin.herzing@kleeberg.de) Kathrin Korherr, Bachelor of Arts (Wirtschaft), Mitarbeiterin der Dr. Kleeberg & Partner GmbH WPG StBG, München (Internet: www.kleeberg.de, E-Mail: kathrin.korherr@kleeberg.de)
BC 4/2012 |