Übernahme von Bußgeldern durch Arbeitgeber als Arbeitslohn
BFH-Urteil vom 14.11.2013, VI R 36/12
Übernimmt der eine Spedition betreibende Arbeitgeber die Bußgelder, die gegen bei ihm angestellte Fahrer wegen Verstößen gegen die Lenk- und Ruhezeiten verhängt worden sind, handelt es sich dabei um Arbeitslohn. Etwas anderes kommt nur dann in Betracht, wenn die Übernahme als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung einzustufen wäre und aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse des Arbeitgebers erfolgen würde.
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Problemstellung Eine internationale Spedition hatte Bußgelder, die gegen ihre Fahrer wegen Überschreitung von Lenkzeiten und der Nichteinhaltung von Ruhezeiten festgesetzt worden waren, für ihre Fahrer bezahlt, ohne dafür Lohnsteuer einzubehalten. Im Anschluss an eine Lohnsteuer-Außenprüfung erging ein Nachforderungsbescheid; die dagegen erhobene Klage hatte das Finanzgericht (FG) abgewiesen (zu den Gründen siehe EFG 2012, 518). Der BFH schloss sich dem an. Nach seiner Entscheidung führt die Zahlung der gegen die Arbeitnehmer der Spedition verhängten Bußgelder durch die Spedition bei deren Arbeitnehmern zu Arbeitslohn. Das Vorliegen von Arbeitslohn könne in solchen Fällen in der Besteuerungspraxis nur dann nicht angenommen werden, wenn sich die Zuwendungen bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweisen. Der BFH hält an seiner im Urteil vom 7.7.2004 (VI R 29/00, BStBl. II 2005, S. 367) vertretenen Auffassung, dass die Übernahme von Verwarnungsgeldern wegen Verletzung des Halteverbots im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegen kann, nicht weiter fest.
Lösung Die für vergleichbare Fälle entscheidende Abgrenzungsfrage besteht darin, unter welchen Umständen ein „ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse“ des Arbeitgebers zu unterstellen ist. Davon ist (aus BFH-Sicht) nur dann auszugehen, wenn im Rahmen einer Gesamtwürdigung aus den Begleitumständen der Zuwendung zu schließen ist, dass der jeweils verfolgte betriebliche Zweck im Vordergrund steht. In diesem Fall dürfe ein mit den Arbeitgeber-Interessen einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, vernachlässigt werden. In eine solche Gesamtwürdigung sind insbesondere als Kriterien einzubeziehen:
Kann im Rahmen einer solchen Argumentation ein erhebliches Interesse des Arbeitnehmers nicht ausgeräumt werden, so liegt die Vorteilsgewährung nicht im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers und führt zur Lohnzuwendung (vgl. insgesamt dazu Krüger, DStR 2013, 2029). Eindeutig kommt der BFH (auch in Abkehr von früherer Rechtsprechung, siehe oben) im Streitfall zu dem Ergebnis, dass gegen die Rechtsordnung verstoßende, mit Bußgeldern belegte rechtswidrige Weisungen des Arbeitgebers nicht zu den notwendigen Begleiterscheinungen betriebsfunktionaler Zielsetzungen zählen. Ungeachtet der Frage, ob der Arbeitgeber ein solches rechtswidriges Verhalten angewiesen hat und anweisen darf, sei es jedenfalls nicht statthaft, den Speditionsbetrieb auf einem solchen rechtswidrigen Tun auch nur teilweise basieren zu lassen; daher können insoweit keine beachtlichen betriebsfunktionalen Gründe vorliegen. Zu Recht habe das FG entschieden, dass generelle Weisungen an die Fahrer, Lenk- und Ruhezeiten zu überschreiten, zwar vorkommen mögen, aber gegebenenfalls steuerlich unbeachtlich seien.
Dipl.-Kfm. Dr. Hans-Jürgen Hillmer, Coesfeld
BC 2/2014 |