Zweifelsfragen zum Investitionsabzugsbetrag
BMF-Schreiben vom 20.11.2013, IV C 6 – S 2139-b/07/10002
Mit der Aktualisierung seines grundlegenden Anwendungsschreibens vom 8.5.2009 hat das Bundesfinanzministerium zu einer Vielzahl von Zweifelsfragen zum Investitionsabzugsbetrag Stellung genommen. Dies betrifft insbesondere die Abgrenzung der begünstigten Wirtschaftsgüter, die Gewährung von Investitionsabzugsbeträgen in den Fällen der unentgeltlichen Betriebsübertragung, Besonderheiten bei Betriebsneugründungen, die Anwendung auf Photovoltaikanlagen sowie Auswirkungen auf Steuerrückstellungen.
Praxis-Info!
Problemstellung Beabsichtigt der Steuerpflichtige die Anschaffung eines abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens (z.B. eines Pkw), so hat er die Möglichkeit, bis zu 40% der voraussichtlichen Anschaffungskosten bereits vor der tatsächlichen Anschaffung steuermindernd geltend zu machen. Nach der Ablösung der insoweit früher ansetzbaren Ansparabschreibung durch den Investitionsabzugsbetrag (gemäß § 7g Abs. 1 bis 4 und 7 EStG) hatten sich in der Praxis verschiedene Zweifelsfragen ergeben.
Um hier mehr Rechtssicherheit zu schaffen, hat das Bundesfinanzministerium (BMF) nun mit dem oben genannten Schreiben vom 20.11.2013 sein grundlegendes Anwendungsschreiben vom 8.5.2009 (BStBl. I 2009, S. 633) insbesondere hinsichtlich bestimmter Sachverhalte aktualisiert.
Lösung Nachfolgend werden sechs wichtige Bereiche aufgeführt, zu denen das BMF Ergänzungen vorgenommen hat (bis auf redaktionelle Anpassungen so vom BMF formuliert). Dabei wird jeweils auf die von der Änderung betroffene Randnummer im BMF-Schreiben vom 20.11.2013 verwiesen:
1. Begünstigte Wirtschaftsgüter (ergänzte Rdn. 3): Für immaterielle Wirtschaftsgüter, wie z.B. Software, kann § 7g EStG nicht in Anspruch genommen werden. Das gilt aber nicht für sog. Trivialsoftware, die nach R 5.5 Abs. 1 EStR zu den abnutzbaren beweglichen und selbständig nutzbaren Wirtschaftsgütern gehört (Computerprogramme, deren Anschaffungskosten nicht mehr als 410 € netto betragen).
2. Investitionsabsicht (neue Rdn. 18): In den Fällen der unentgeltlichen Betriebsübertragung nach § 6 Abs. 3 EStG oder der Buchwerteinbringung nach §§ 20, 24 UmwStG verkürzt das im Übertragungsjahr regelmäßig entstehende Rumpfwirtschaftsjahr nicht den maßgebenden Investitionszeitraum. Erfolgt die Übertragung beispielsweise im letzten Wirtschaftsjahr der Investitionsfrist für ein Wirtschaftsgut, für das der Rechtsvorgänger einen Investitionsabzugsbetrag beansprucht hat, kann der Rechtsnachfolger die Investition noch bis zum Ende der regulären Investitionsfrist steuerbegünstigt durchführen.
3. Betriebsneugründung (neue Rdn. 29): Bei der Neugründung eines Betriebs ist eine besondere Prüfung der Investitionsabsicht erforderlich, da eine Plausibilitätskontrolle am Maßstab eines bislang verfolgten Betriebskonzepts nicht möglich ist. Der Steuerpflichtige hat anhand geeigneter Unterlagen, wie z.B. Kostenvoranschlägen, Informationsmaterial, konkreten Verhandlungen oder verbindlichen Bestellungen, die Investitionsabsicht am Bilanzstichtag darzulegen. Gewichtige Indizien, die für das Vorliegen der Investitionsabsicht bei einem in Gründung befindlichen Betrieb sprechen, können darin gesehen werden, dass der Steuerpflichtige im Rahmen der Betriebseröffnung bereits selbst und endgültig mit Aufwendungen belastet ist oder dass die einzelnen zum Zweck der Betriebseröffnung bereits unternommenen Schritte sich als sinnvolle, zeitlich zusammenhängende Abfolge mit dem Ziel des endgültigen Abschlusses der Betriebseröffnung darstellen. Allein die Einholung von unverbindlichen Angeboten sowie Kostenvoranschlägen oder die Teilnahme an Informationsveranstaltungen reichen jedoch nicht als Nachweis der Investitionsabsicht aus, da diese ersten Vorbereitungshandlungen für den Steuerpflichtigen in der Regel kostenfrei und risikolos sind. Ergänzend ist die weitere Entwicklung nach dem Ende des Gewinnermittlungszeitraums oder des Bilanzstichtags in einem Zeitraum, der den bei ernsthaft geplanten Investitionen üblichen Rahmen nicht überschreitet, dahingehend zu prüfen, ob sich die Durchführung der geplanten Investition weiter konkretisiert. Als ein den üblichen Rahmen nicht überschreitender Zeitraum kann regelmäßig das auf das Jahr der Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags folgende Kalender- oder Wirtschaftsjahr angesehen werden.
4. Photovoltaikanlagen / Blockheizkraftwerke (neue Rdn. 41): Wird eine Photovoltaikanlage gewerblich betrieben, ist der private Verbrauch des Stroms keine schädliche außerbetriebliche Nutzung im Sinne des § 7g EStG, sondern eine Sachentnahme des produzierten Stroms, auch soweit für den selbst verbrauchten Strom keine Vergütung mehr gezahlt wird. Für die Frage der Nutzung kommt es auf die unmittelbare Verwendung des Wirtschaftsguts „Photovoltaikanlage“ an. Der erzeugte „Strom“ ist lediglich dessen Produkt. Dagegen ist bei sog. Blockheizkraftwerken die Wärmeerzeugung eine Nutzung, so dass es in diesen Fällen darauf ankommt, ob und ggf. in welchem Umfang die mit Wärme versorgten Gebäude oder Einrichtungen zum Betriebsvermögen gehören. Wird die vom Blockheizkraftwerk erzeugte Wärme für den Privathaushalt oder für andere außerbetrieblich genutzte Gebäude oder Einrichtungen des Steuerpflichtigen genutzt, liegt insoweit eine schädliche Nutzung im Sinne des § 7g EStG vor.
5. Steuerrückstellungen (neue Rdn. 65): Steuerrückstellungen sind auf der Grundlage objektiver, am Bilanzstichtag vorliegender Tatsachen aus der Sicht eines sorgfältigen und gewissenhaften Kaufmanns zu bewerten. Aufgrund bestehender Investitionsabsicht geltend gemachte Investitionsabzugsbeträge sind demzufolge bei der Berechnung der Steuerrückstellungen mindernd zu berücksichtigen. Die Verhältnisse aus Sicht des Bilanzstichtags ändern sich nicht, wenn beanspruchte Investitionsabzugsbeträge zu einem späteren Zeitpunkt nach § 7g Abs. 3 oder 4 EStG rückgängig gemacht werden. In diesen Fällen sind die Steuerrückstellungen daher nicht zu erhöhen.
6. Anhängige BFH-Verfahren (neue Rdn. 69): Zur Berücksichtigung von Investitionsabzugsbeträgen im Zusammenhang mit unentgeltlichen Betriebsübertragungen nach § 6 Abs. 3 EStG und Buchwerteinbringungen nach §§ 20, 24 UmwStG sind beim BFH Revisionsverfahren anhängig (Az.: GrS 2/12 und IV R 14/12). Diese Entscheidungen bleiben zunächst abzuwarten.
Dipl.-Kfm. Dr. Hans-Jürgen Hillmer, Coesfeld
BC 1/2014 |