Verluste aus der Vermietung von Gewerbeobjekten auch bei Leerstand ansetzbar?
BFH-Urteil vom 19.2.2013, IX R 7/10
Bei Gewerbeimmobilien ist – anders als bei zu Wohnzwecken vermieteten Immobilien – stets im Einzelfall festzustellen, ob beabsichtigt ist, auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung einen Einnahmenüberschuss zu erzielen. Nur soweit die Einkünfteerzielungsabsicht hinsichtlich dieses Objekts erkennbar aufgenommen und später nicht aufgegeben worden ist, können auch Aufwendungen für ein nach Anmietung leerstehendes Gewerbeobjekt als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar sein.
Praxis-Info!
Problemstellung In dem vom BFH zu entscheidenden Streitfall ging es um eine gepachtete Gewerbeimmobilie (Pächterin war eine GbR, Verpächterin eine personenidentische GmbH). Es handelte sich um ein mit einer Halle und einem (schadhaften) Bürogebäude bebautes Grundstück, das bereits drei Jahre leer stand. Die pachtende GbR hatte nur einzelne Teilflächen vermieten können und daraus in den Streitjahren (1999 bis 2005) lediglich Einnahmen von ca. 8.000 € erzielt, denen Werbungskosten von ca. 116.000 € gegenüberstanden. Zu entscheiden war vom BFH, ob bei der GbR steuerlich berücksichtigungsfähige Verluste vorlagen.
Lösung Der BFH schloss sich – wie schon das Finanzgericht (FG) – der ablehnenden Sichtweise der Finanzverwaltung an und versagte den begehrten Ansatz der entstandenen Verluste. Zwar können regelmäßig Aufwendungen im Zusammenhang mit der beabsichtigten Vermietung eines leerstehenden Grundstücks, die anfallen, bevor Einnahmen erzielt werden, nach allgemeinen Grundsätzen als vorab entstandene Werbungskosten abgezogen werden. Während jedoch bei dem langjährigen Leerstand von Wohnungen der Werbungskostenabzug möglich ist, solange eine Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht nicht festgestellt werden kann (Grundsatzurteil vom 11.12.2012, IX R 14/12, BStBl. II 2013, 279), sind bei Gewerbeimmobilien die vom BFH für Wohnobjekte in der vorgenannten Leitentscheidung aufgestellten typisierenden Vermutungen nicht anwendbar. Hier kann die Einkünfteerzielungsabsicht eben nicht typisierend unterstellt werden, sondern ist im Fall einer Gewerbeimmobilie originär festzustellen. Die Beweislast dafür, ob tatsächlich Überschusserzielungsabsicht besteht, trifft den Steuerpflichtigen. Stellt dieser fest, dass die Immobilie nicht oder kaum vermietbar ist, muss er konkrete Maßnahmen ergreifen, um die Aufnahme oder Fortdauer seiner Vermietungsabsicht zu untermauern. Untätigkeit spricht gegen den Entschluss zu vermieten bzw. für die Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht.
Dipl.-Kfm. Dr. Hans-Jürgen Hillmer, Coesfeld
BC 6/2013
|