Praxis-Informationen zur Umsatzsteuer-Erhöhung
Bayerisches Landesamt für Steuern vom 1.9.2006 (o. Az.)
1. Allgemeines Der allgemeine Umsatzsteuersatz wird zum 1.1.2007 von derzeit 16% auf 19% angehoben. Die gesetzliche Grundlage dafür findet sich im Haushaltsbegleitgesetz 2006 vom 29.6.2006 (BStBl. 2006 Teil I, S. 410). Zur Klärung verschiedener Einzelfragen hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ein ausführliches Begleitschreiben herausgegeben (BMF-Schreiben vom 11.8.2006), das auf den Internet-Seiten des BMF (http://www.bundesfinanzministerium.de) unter der Rubrik Steuern – Veröffentlichungen zu Steuerarten – Umsatzsteuer – zum Download bereit steht (vgl. auch hier). Der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 UStG bleibt unverändert bei 7%. Grundsätzlich gilt: Wird die Leistung (der Begriff Leistung umfasst zum einen Lieferungen von Gegenständen, z.B. Verkauf eines Kfz, und zum anderen sonstige Leistungen, z.B. Dienstleistungen aller Art) nach dem 31.12.2006 ausgeführt, beträgt die Umsatzsteuer 19%. Dabei spielt der Zeitpunkt der Rechnungserteilung ebenso wenig eine Rolle wie der Zeitpunkt des Zahlungseingangs beim Unternehmer oder der Zeitpunkt der vertraglichen Vereinbarung. Entscheidend ist nur der Zeitpunkt der Leistungsausführung. Wann ist eine Leistung ausgeführt? Eine Lieferung ist ausgeführt, wenn ein Gegenstand vom Unternehmer auf den Abnehmer/Kunden wechselt und der Abnehmer/Kunde den Gegenstand zu seiner freien Verfügung verwenden kann (Fachbegriff: Verschaffung der Verfügungsmacht). Eine sonstige Leistung ist ausgeführt, wenn sie vollendet bzw. beendet ist. Die o.g. Grundsätze gelten auch für Unternehmer, die ihre Umsätze im Rahmen der Ist-Versteuerung nach § 20 UStG versteuern.
2. Anzahlungen Werden vor dem 1.1.2007 Voraus- oder Abschlagsrechnungen mit 16%igem USt-Ausweis erteilt und die Anzahlung vereinnahmt, während die entsprechenden Leistungen aber erst nach dem 31.12.2006 erbracht werden, ist die Differenz zwischen altem und neuem Steuersatz bei Leistungsausführung nachzuentrichten.
Beachte! Ob der Unternehmer die Umsatzsteuererhöhung selbst tragen muss oder ob er sie auf den Kunden abwälzen kann, ergibt sich aus der zivilrechtlichen Vereinbarung zwischen dem Unternehmer und dem Kunden (z.B. Kaufvertrag, AGBs). Bei Verträgen, die vor dem 1.9.2006 abgeschlossen wurden, kann der Unternehmer jedoch einen angemessenen Ausgleich in Höhe der umsatzsteuerlichen Mehrbelastung von dem Kunden nach § 29 UStG verlangen. Abweichende Vereinbarungen (z.B. Ausschluss dieser Vorschrift) sind allerdings zulässig. Bei Verträgen, die nach dem 31.8.2006 abgeschlossen wurden, muss der Unternehmer die Umsatzsteuersatzerhöhung tragen, soweit er keine andere vertragliche Regelung mit dem Kunden getroffen hat.
3. Teilleistungen
Werden statt einer Gesamtleistung Teilleistungen erbracht, kommt es für die Frage der Höhe des Steuersatzes (16% oder 19%) nicht auf den Zeitpunkt der Gesamtleistung an, sondern darauf, wann die einzelnen Teilleistungen ausgeführt werden. Teilleistungen sind wirtschaftlich abgrenzbare Teile einheitlicher Leistungen, für die das Entgelt gesondert vereinbart wird. Sie werden anstelle der Gesamtleistung geschuldet und gelten daher mit ihrer Erfüllung als ausgeführt.
Beachte! Werklieferungen oder Teile einer Werklieferung sind ausgeführt, wenn das fertig gestellte (Teil-)Werk vom Erwerber abgenommen wurde. Das bedeutet, dass der 16%ige Steuersatz nur noch solange angewendet werden kann, solange das (Teil-)Werk vor dem 1.1.2007 tatsächlich abgenommen wird. Wird das (Teil-)Werk nach dem 31.12.2006 abgenommen, gilt der 19%ige Steuersatz.
4. Rechnungsstellung Im Falle einer vor dem 1.1.2007 erteilten Anzahlungsrechnung über Leistungen, die nach dem 31.12.2006 ausgeführt werden, bestehen seitens der Finanzverwaltung keine Bedenken, dass bereits bei Stellung der Anzahlungsrechnung in 2006 der allgemeine Steuersatz von 19% ausgewiesen wird. Die ausgewiesene Umsatzsteuer in Höhe von 19% des vereinnahmten Teilentgelts muss der Unternehmer an das Finanzamt abführen, der Leistungsempfänger kann sich den entsprechenden Betrag unter den übrigen Voraussetzungen des § 15 UStG als Vorsteuer vom Finanzamt holen. Wird die Umsatzsteuer in vor dem 1.1.2007 ausgestellten Anzahlungsrechnungen dennoch mit 16% ausgewiesen, sind diese Rechnungen grundsätzlich zu berichtigen. Eine Berichtigung kann aber unterbleiben, wenn über die gesamte Leistung eine Schlussrechnung mit dem ab 1.1.2007 geltenden Steuersatz von 19% erteilt wird. Wird über eine nach dem 31.12.2006 ausgeführte Leistung, schon vor dem 1.1.2007 abgerechnet (Vorausrechnung), ist die Umsatzsteuer bereits in Höhe von 19 % auszuweisen. Die entsprechenden Bemessungsgrundlagen und Steuerbeträge sind in diesen Fällen in den Zeilen 29, 32 und 48 bis 50 der Umsatzsteuer-Voranmeldung für den maßgeblichen Voranmeldungszeitraum 2006 einzutragen. In der Umsatzsteuer-Jahreserklärung für das Jahr 2006 sind die entsprechenden Bemessungsgrundlagen und Steuerbeträge im Mantelbogen in den Zeilen 42, 48 und 51 sowie in der Anlage UR in den Zeilen 22 bis 26 einzutragen.
Wird die Rechnung für eine vor dem 1.1.2007 erbrachte Leistung erst im Jahr 2007 erstellt, ist der bis zum 31.12.2006 geltende Steuersatz von 16% anzugeben. Die bloße Entgeltvereinnahmung nach dem 31.12.2006 führt nicht zur Anwendung des erhöhten Steuersatzes.
5. Land- und Forstwirtschaft Für die Lieferungen bestimmter Sägewerkserzeugnisse, von Getränken und alkoholischen Flüssigkeiten im Rahmen der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG wird der geltende Steuersatz von bisher 16% auf 19% erhöht (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG). Daneben werden die Durchschnittssätze nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 UStG sowie die korrespondierenden Vorsteuerpauschalen (§ 24 Abs. 1 Satz 3 UStG) von 5% auf 5,5% bzw. von 9% auf 10,7% erhöht. Die oben ausgeführten Hinweise gelten entsprechend.
6. Einfuhrumsatzsteuer Der allgemeine Steuersatz von 19% ist auch bei der Berechnung der Einfuhrumsatzsteuer (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG) anzuwenden, und zwar auf Einfuhren, die nach dem 31.12.2006 vorgenommen werden.
7. Sonderregelungen
Ausführungen zu Besonderheiten, wie nachträglichen Entgeltsminderungen/-erhöhungen, Einlösen von Gutscheinen, Erstattung von Pfandbeträgen, Gewährung von Jahresboni u.ä., finden Sie im BMF-Schreiben vom 11.8.2006. Ebenso enthält dieses Schreiben Sonderregelungen für Telekommunikationsleistungen, Strom-, Gas- und Wärmelieferungen, Personenbeförderungen, Umsätze von Handelsvertretern, Handelsmaklern und im Gastgewerbe (in der Silvesternacht) sowie den Umtausch von Gegenständen.
Praxis-Info! Die Informationen des Bayerischen Landesamtes für Steuern greifen einige der wesentlichen Punkte zur Umsatzsteuer-Erhöhung ab 2007 auf, die in der Praxis zu Zweifelsfragen führen können; sie wurden bereits von Abel/Groß in BC 10/2006 (S. 254 ff.) ausführlich in Verbindung mit Fallbeispielen und Gestaltungsempfehlungen erörtert. Eine wichtige Ergänzung für Rechnungswesenpraktiker dürften hingegen die Erläuterungen und Umsetzungshilfen unter 4. zur „Rechnungsstellung“ darstellen. Zu den weiteren Punkten in Bezug auf die Umsatzsteuer-Erhöhung, die laut Schreiben der bayerischen Finanzverwaltung zu beachten sind, haben folgende besondere Bedeutung:
[Anm. d. Red.] BC 11/2006 |