Rechnungszinsfuß bei Pensionsrückstellungen
Stellungnahme der Bundesregierung (BT-Drucksache 16/1091 vom 30.3.2006)
Wird eine betriebliche Altersversorgung über eine Pensionszusage (Direktzusage) eingeräumt, besteht für die Unternehmen die Pflicht zur Passivierung entsprechender Pensionsrückstellungen, die eine sofortige Minderung des steuerlichen Gewinns und damit eine niedrigere Steuerlast nach sich zieht. Es entsteht ein in der Regel langfristig wirkender Steuerstundungseffekt. Der (steuerbilanzielle) Ausweis der Pensionsrückstellungen richtet sich nach § 6a Abs. 3 Satz 3 EStG. Dabei ist ein Rechnungszinsfuß von 6% zugrunde zu legen: Dieser wird in letzter Zeit vermehrt als unrealistisch zu hoch kritisiert (vgl. z.B. IDW-Pressemitteilung vom 16.1.2006); eine realistische mehrjährige durchschnittliche Kapitalmarktrendite sieht das Institut der Wirtschaftsprüfer derzeit bei 4%. Je niedriger der Zinsfuß, desto höher die in der Bilanz ausgewiesenen Pensionsrückstellungen. Darüber hinaus dürfen bei der steuerlichen Bewertung der Pensionsverpflichtungen nur biometrische Rechnungsgrundlagen verwendet werden, die auf anerkannten versicherungsmathematischen Grundsätzen beruhen. In der Praxis werden dabei in der Regel die von Prof. Dr. Klaus Heubeck veröffentlichten „Richttafeln“ zugrunde gelegt. Diese Tabellen berücksichtigen die aktuelle durchschnittliche Lebenserwartung. In der Handelsbilanz bestehen beim Ausweis der Pensionsrückstellungen bestimmte Passivierungswahlrechte. Auf eine Kleine Anfrage der Abgeordneten Thiele, Schäffler, Solms (sowie weiterer Abgeordneter und der FDP-Fraktion) zur Höhe des Rechnungszinssatzes – die hier zusammenfassend wiedergegeben wird – antwortet die Bundesregierung wie folgt:
Auch nach Auffassung der Bundesregierung ist die durchschnittliche Kapitalmarktrendite der letzten Jahre geringer als der bei der bilanzsteuerrechtlichen Bewertung von Pensionsrückstellungen maßgebende Rechnungszinsfuß. Allerdings handle es sich bei Pensionsrückstellungen um sehr langfristige Verpflichtungen. Für derartige ungewisse Verbindlichkeiten ist ein höherer Zinssatz gerechtfertigt, da der langfristige Kapitalmarktzins in der Regel über dem kurzfristigen liegt. Neben dem Zinssatz langfristiger Kapitalanlagen orientiert sich der Gesetzgeber bei der Festlegung des Rechnungszinsfußes auch an der Prognose über die Kapitalrendite von Unternehmen mit Pensionsverpflichtungen.
Zwischen dem bilanzsteuerlich zu berücksichtigenden Rechnungszinsfuß und der Finanzierung der Versorgungsverpflichtung besteht kein unmittelbarer Zusammenhang. Die Bildung einer Pensionsrückstellung nach § 6a EStG erfolgt unabhängig von der Frage, ob und wie der Arbeitgeber tatsächlich Versorgungskapital zur Abdeckung seiner Pensionszusagen anspart. Eine Gefahr für die Erfüllung der Versorgungszusagen ist schon durch die Einrichtung des Pensionssicherungsvereins ausgeschlossen.
Nach § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 4 EStG können am Bilanzstichtag ungewisse Erhöhungen oder Verminderungen von Pensionsleistungen erst berücksichtigt werden, wenn sie eingetreten sind. Somit sind erwartete, aber tatsächlich noch nicht vereinbarte künftige Renten- und Gehaltsentwicklungen bei der Bewertung von Pensionsrückstellungen unbeachtlich. Dieser Grundsatz entspricht dem bilanzsteuerrechtlichen Stichtagsprinzip zur periodengerechten Gewinnermittlung. Hinreichende Gründe, die bei Pensionsrückstellungen eine abweichende Regelung rechtfertigen würden, sind aus Sicht der Bundesregierung nicht erkennbar.
Praxis-Info! Nach Auffassung des Instituts der Wirtschaftsprüfer (vgl. Pressemitteilung vom 16.1.2006) spiegeln die steuerlichen Regelungen bei der Passivierung von Pensionsrückstellungen nicht die tatsächliche wirtschaftliche Belastung der Unternehmen zutreffend wider. Damit wird steuerlich ein zu hoher Gewinn ermittelt, dessen Besteuerung den Unternehmen Substanz entzieht, die zur Erfüllung der gegenüber den Arbeitnehmern eingegangenen Verpflichtungen erforderlich wäre. Wesentliche Ursache: Der Zinssatz von 6% liege bereits seit einigen Jahren deutlich über der laufzeitadäquaten Kapitalmarktrendite. Dies führe zu einem zu geringen Rückstellungsansatz. Auch bei bestimmten versicherungsmathematischen Faktoren – beispielsweise bei der Berücksichtigung der Fluktuation von Beschäftigten – orientiere sich die steuerliche Regelung nicht an realistischen Erwartungsgrößen.
Eckpunkte eines neuen Bewertungskonzepts Um zu einer betriebswirtschaftlich angemessenen Rückstellungshöhe zu gelangen, biete sich eine Orientierung an international anerkannten Rechnungslegungsstandards, insbesondere an IAS 19, an. Folgende Eckpunkte kennzeichnet das Bewertungskonzept des IDW:
Dieses Bewertungskonzept sollte uneingeschränkt für alle Direktzusagen gelten, die nach In-Kraft-Treten einer Gesetzesänderung erteilt werden.
Notwendige Übergangsregelungen Bei Pensionsrückstellungen, die aus Direktzusagen seit dem In-Kraft-Treten des Bilanzrichtliniengesetzes in 1987 stammen, kämen folgende Übergangsregelungen in Betracht (verträglicher Übergang auf neue Bewertungsgrundsätze sowohl für die Unternehmen als auch für den Fiskus):
[Anm. d. Red.] BC 6/2006 |