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Dr. Gernot SchillerProf. Dr. Matthias RossiHerzlich Willkommen

Liebe Leserinnen und Leser,

vor Ihnen liegt die Sonderausgabe der Zeitschrift für das gesamte Informationsrecht (ZGI). Sie gibt Ihnen einen Vorgeschmack auf eine neue Zeitschrift, die sich ab 2022 alle zwei Monate in drei bis vier Beiträgen, einer Dokumentation aktueller Rechtsprechung und entsprechenden Anmerkungen auf jeweils 48 Seiten mit den Themengebieten Informationsfreiheit, Datennutzung und Open Data befassen wird.

Es handelt sich um Bereiche, deren Grundlagen vor rund drei Jahrzehnten gelegt wurden. Mit dem unionsrechtlich determinierten Umweltinformationsrecht, den allgemeinen Informationsfreiheitsgesetzen im Bund und in den Ländern sowie mit dem Verbraucherinformationsgesetz sind voraussetzungslose Ansprüche gegenüber dem Staat – und zum Teil auch gegenüber privaten Unternehmen – auf Zugang zu den bei ihnen vorhandenen Informationen geschaffen worden. Sie treten neben die spezifischen Auskunftsansprüche von Medienangehörigen und wollen ausweislich ihrer Begründungen die Kontrolle der Verwaltung, die Partizipation an Verwaltungsentscheidungen und deren Akzeptanz verbessern. Andere Regelwerke zielen in erster Linie auf die explizit auch wirtschaftliche Nutzung des staatlichen Informationsbestands. Die INSPIRE-Richtlinie und ihre Umsetzung in Geodatenzugangsgesetzen setzten deshalb früh auf eine proaktive Bereitstellung von Daten – ein Weg, den auch Transparenzgesetze in einigen Bundesländern gegangen sind und den jüngst auch das Geologiedatengesetz gewählt hat.

Mit der zunehmenden Digitalisierung der Informationsbestände bei Behörden stellt sich die Frage nach einer antragsunabhängigen Veröffentlichung behördlicher oder staatlich finanzierter Daten etwa im Internet (Open Data bzw. Open Government Data). Transparenz und Offenheit im digitalen Bereich ermöglichen den Bürgerinnen und Bürgern mehr Teilhabe und eine intensivere Zusammenarbeit der Behörden mit der Zivilgesellschaft. Dem tragen das jüngst erlassene 2. Open-Data-Gesetz und das Datennutzungsgesetz (DNG) Rechnung. Umgekehrt setzen das Datenschutzrecht oder das kürzlich erlassene Geschäftsgeheimnisgesetz – beide unionsrechtlich determiniert – der Zugänglichkeit und Nutzbarkeit von Informationen Grenzen. Das Informationsrecht umfasst insofern nicht nur Regelungen, die auf Zugänglichkeit und Transparenz gerichtet sind, sondern ist gleichermaßen der Vertraulichkeit und dem Geheimnis verpflichtet.

Mit den nur beispielhaft genannten Rechtsgrundlagen ist das gesamte Informationsrecht bei weitem nicht umschrieben. Es ist insbesondere nicht nur öffentlich-rechtlich ausgestaltet, sondern umfasst natürlich auch privat- und strafrechtliche Aspekte und ist insgesamt als Querschnittsmaterie zu begreifen. Aber die knappe Aufzählung verdeutlicht bereits die Komplexität eines Rechtsgebiets, das nicht nur durch die Gesetzgeber auf den verschiedenen staatlichen Ebenen gestaltet, sondern in besonderem Maße durch die Rechtsprechung fortentwickelt wird. Sie hat sich immer wieder mit Einzelfragen der Zugänglichkeit und Nutzbarkeit von – insbesondere staatlichen – Informationen zu befassen und dabei unter Beachtung auch verfassungsrechtlicher Vorgaben einen Ausgleich zwischen den widerstreitenden Interessen zu finden.

Doch es griffe zu kurz, das Informationsrecht allein aus juristischer Perspektive zu betrachten. Vielmehr muss das Informationsrecht zunächst auch die Besonderheiten seines Gegenstands berücksichtigen, der Information. Deren Unkörperlichkeit bewirkt nicht nur ihre zeitliche und räumliche Ubiquität, sondern bereitet auch ihrer rechtlichen Einhegung erhebliche Schwierigkeiten. Und ihre Kontextabhängigkeit steht klaren und verlässlichen Qualitätsanforderungen prinzipiell entgegen, weshalb die meisten Informationsfreiheitsgesetze keine Gewähr für die Richtigkeit oder auch nur die Vollständigkeit von Informationen übernehmen. Vor allem ist der Umstand, dass preisgegebene Informationen nicht zurückgeholt werden können, bereits bei der Entscheidung über ihre Zugänglichkeit zu berücksichtigen.

Darüber hinaus ist das Informationsrecht in besonderer Weise technologieoffen und zugleich auch technologieabhängig. Mit der fortschreitenden technologischen Entwicklung der Digitalisierung wird auch das Recht über die Zugänglichkeit und Nutzbarkeit von Information stets neu gefordert. Längst gibt es Streit über die Frage, in welchen Formaten Informationen bereitgestellt werden müssen, und Einigkeit herrscht insoweit nur darüber, dass Informationen „lesbar“ sein müssen.

Schließlich muss das Informationsrecht auch die Ökonomie der Information berücksichtigen. Zu fragen ist insofern nicht nur, ob (und welche) Information als öffentliches oder privates Gut zu qualifizieren ist bzw. durch entsprechende rechtliche Regeln qualifiziert werden sollte. Vielmehr muss das Informationsrecht sich ganz pragmatisch auch mit den wirtschaftlichen Folgen einer Zugänglichkeit und Verwertbarkeit von Informationen befassen. Hier bestehen Berührungspunkte mit dem Recht des geistigen Eigentums.

Ein diesen tatsächlichen, technologischen und ökonomischen Bedingungen entsprechendes Informationsrecht bietet die Chance, mit der geregelten Zugänglichkeit und Nutzbarkeit der bei staatlichen Stellen vorhandenen Informationen nicht nur die Transparenz und Akzeptanz staatlicher Entscheidungen, sondern letztlich auch diese selbst zu verbessern. Damit dient der Informationszugang auch dem demokratischen Diskurs. Oder mit den Worten des Bundesverfassungsgerichts: „Die parlamentarische Demokratie basiert auf dem Vertrauen des Volkes; Vertrauen ohne Transparenz, die erlaubt, zu verfolgen, was politisch geschieht, ist nicht möglich.“

Eine Flut an Informationen birgt naheliegender Weise auch Herausforderungen: Wenn Informationen vom Nutzer nicht interpretiert und eingeordnet werden können, verharrt Transparenz in Intransparenz. Wenn Informationen aus ihrem Kontext gerissen werden, verändern sie ihre Bedeutung. Und generell und grundsätzlich darf eine Transparenz staatlicher Informationen nicht den Schutz privater Daten unterlaufen. So sind gegenläufige Rechte Dritter wie die informationelle Selbstbestimmung, das Recht auf Vertraulichkeit, die Achtung der Privatheit, der Schutz personenbezogener Daten und von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen abzuwägen und eine Überforderung staatlicher Stellen, die etwa aus der noch fehlenden Digitalisierung der bei ihnen vorhandenen Informationen resultiert, zu vermeiden.

Ein Grundkonflikt besteht dabei insbesondere zwischen einer generellen Zugänglichkeit von Informationen und dem Datenschutz. Das Verhältnis beider Aspekte ist mit dem überkommenen Bild der zwei Seiten einer Medaille nicht hinreichend umschrieben. Ebenso wenig ist die Informationsfreiheit nur die kleine Schwester des Datenschutzes. Vielmehr darf der Wunsch nach einer möglichst transparenten Verwaltung nicht zu gläsernen Grundrechtsberechtigten führen. Bereits früh hat namentlich Johannes Masing darauf aufmerksam gemacht, dass der Datenschutz auf die zweckgebundene, die Informationszugangsfreiheit auf die zweckfreie Verarbeitung von Daten zielt. Diesen Grundkonflikt gilt es zu lösen, nicht zu leugnen.

Wir sind stolz darauf, namhafte Persönlichkeiten aus Praxis und Wissenschaft als Herausgeberinnen und Herausgeber gewonnen zu haben, die bereit sind, ihre Expertise in die Zeitschrift für das gesamte Informationsrecht einzubringen. Sie will ein Forum bieten, über bestehende, absehbare oder anzustoßende Entwicklungen kontrovers zu diskutieren und Denkanstöße für die Zukunft zu geben.

Wir freuen uns auf anregende Diskussionen mit Ihnen, sind aber auch für Anregungen und Kritik offen (vorzugsweise an ZGI-Schriftleitung@beck.de).

Viel Vergnügen bei der Lektüre wünschen

Dr. Gernot Schiller und Prof. Dr. Matthias Rossi
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Dr. Gernot Schiller
RA/FA für Verwaltungsrecht und Partner in der Sozietät Redeker Sellner Dahs in Berlin und Schriftleiter der ZGI.

Prof. Dr. Matthias Rossi
Inhaber des Lehrstuhls für Staats- und Verwaltungsrecht, Europarecht sowie Gesetzgebungslehre an der Universität Augsburg und Schriftleiter der ZGI.

Ausgabe 1/2021 gratis lesen

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