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23. Leipziger Insolvenzrechtstag (LIT) 28.02.2022, hybrid - NZI 7/2022

Von RAin Dr. Anne Deike Riewe, München | Mrz 24, 2022
Zum 23. Mal fand am 28.02.2022 der Leipziger Insolvenzrechtstag statt. Durchgeführt wurde die Veranstaltung in diesem Jahr hybrid im Leipziger Kubus wie auch per Online-Teilnahme, wovon etwa ein Drittel der Teilnehmer Gebrauch machte. Als Gastgeber drückte Prof. Dr. Christian Berger seine Freude über die wieder gegebene Möglichkeit des persönlichen Austauschs aus.

Aktuelles Insolvenzanfechtungsrecht in der höchstrichterlichen Rechtsprechung

Zum aktuellen Insolvenzanfechtungsrecht konzentrierte sich Prof. Dr. Heinrich Schoppmeyer im ersten Vortrag auf die Tatbestände der §§ 133, 134 InsO. Zur Anfechtung wegen Unentgeltlichkeit hob er zunächst die nach dem Grundverständnis der Rechtsprechung erforderlich Unterscheidung zwischen Zwei- sowie Dreipersonenverhältnissen hervor (grdl. BGH NZI 2017, 68). Der für die Beurteilung der Unentgeltlichkeit maßgebliche Zeitpunkt ergebe sich aus § 140 InsO. Für die Feststellung einer Schuldnerleistung sei der objektive Empfängerhorizont maßgeblich (BGH NZI 2018, 699). Bei der Feststellung der Unentgeltlichkeit im Sinne der Norm sei zu berücksichtigen, dass diese nicht darauf ziele, alle wirtschaftlich nachteiligen Geschäfte ex post rückabwickeln zu können. Daher sei die Unentgeltlichkeit von der bloßen wirtschaftlichen Nachteiligkeit abzugrenzen, wobei nach der Gesetzessystematik der Akzent auf dem Element des Fortgebens liege. Werde zwischen den Beteiligten ein Austauschgeschäft vorgenommen, versuche demgegenüber jede Seite eine Bewertung der ausgetauschten Leistungen vorzunehmen. Dies führe zu der den Insolvenzverwalter treffenden Darlegungslast, weshalb gleichwohl Unentgeltlichkeit im konkreten Fall anzunehmen sein soll. Dabei bestehe jedenfalls dann kein Zugang zur Schenkungsanfechtung, wenn kein objektives Missverhältnis vorliege. Ergebe sich ein objektives Missverhältnis, erfasse die Darlegungs- und Beweislast auch die negative Tatsache, dass keine objektiven Umstände vorgelegen haben, die die Annahme eines gleichwertigen Leistungsaustauschs rechtfertigen. Dem Insolvenzverwalter obliege es, sich mit diesbezüglichem Tatsachenvortrag des Anfechtungsgegners auseinanderzusetzen und diesen gegebenenfalls zu widerlegen. Im Zusammenhang mit einen Grundstücks„verkauf“ an den Sohn (BGH NZI 2021, 26 mAnm d’Avoine NZI 2021, 29) habe der BGH hierzu insbesondere vier Elemente der Sachverhaltswürdigung herangezogen. Relevant sei danach, ob es sich um ein Marktgeschäft oder um ein solches unter Verwandten handelt. Eine etwaig vorliegende gutachterliche Bewertung müsse hinsichtlich ihrer Aussagekraft eingeordnet werden. Einzubeziehen seien weiterhin Vorgeschichte und Anlass des Geschäfts, ebenso aber auch des Verhaltens der Parteien nach Vertragsabschluss, insbesondere mit Blick auf die tatsächliche Erbringung der Gegenleistungen, weil sich hieraus eine verschleierte Schenkung ableiten lassen könne. Schoppmeyer erklärte abschließend, er verstehe es als Aufgabe der Rechtsprechung, Abgrenzungen in Grenzbereichen zu finden, worum es sich im Hinblick auf die Anfechtung wegen Unentgeltlichkeit bei Austauschgeschäften handle. Als weitere Fallgruppe sprach Schoppmeyer sog. „Scheingewinne“ an, zu welchen der BGH zuletzt insbesondere in Fällen betreffend die Anleger der Infinus-Gruppe entschieden hat (NZI 2021, 30 mAnm Meyer NZI 2021, 35; NZI 2021, 973 mAnm Lütcke NZI 2021, 979). Auf ein Vorliegen eines „Schneeballsystems“ könne insoweit nicht abgestellt werden, da es sich dabei nicht um einen juristischen Begriff handle. In den Blick zu nehmen sei vielmehr die Struktur des jeweiligen Geschäfts. Auf eine erstellte Bilanz könne sich der Schuldner grundsätzlich verlassen. Das gelte aber dann nicht, wenn eine Vielzahl von (zweifelhaften) Zuordnungen und Bewertungen vorgenommen worden sei sowie auch bei einem betrügerischen Geschäftsmodell. Das Themenfeld abschließend ging Schoppmeyer knapp auf Fragen zum Dreipersonenverhältnis ein (aktuell BGH NZI 2021, 727 mAnm Wolff NZI 2021, 729).

Auch zur Thematik der Vorsatzanfechtung begann Schoppmeyer mit einer Zusammenfassung der Grundsätze. Er hob hierbei zum einen hervor, dass es sich um keine verlängerte Deckungsanfechtung handle, da die Vorsatzanfechtung nicht auf dem Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung, sondern auf der Beeinträchtigung der prinzipiell gleichen Befriedigungschancen beruhe. Zum anderen dürfe es keine schematische Anwendung der einzelnen Beweisanzeichen geben. Zur Wirkung der Verkürzung der Anfechtungsfrist bei Deckungshandlungen iRv § 133 II InsO auf vier Jahre verwies Schoppmeyer auf die zur Parallelregung im AnfG getroffene Entscheidung vom 25.03.2021 (NZI 2021, 577 mAnm Riewe NZI 2021, 581). Zur Neuausrichtung der Vorsatzanfechtung mit Urteil vom 06.05.2021 (NZI 2021, 720 mAnm Ganter NZI 2021, 725 sowie Riewe NJW 2021, 2619) nahm Schoppmeyer zunächst Bezug auf die von ihm bereits in WM 2018, 301 (353 ff.) und ZIP 2009, 600 ff. dargestellte Systematik der Anfechtungstatbestände. Beachtung zu schenken sei dem Umstand, dass es bei der nachträglichen Beurteilung der Voraussetzungen für den Benachteiligungsvorsatz zu Rückschaufehlern kommen könne. Welche Bedeutung dem Vorliegen einer Antragspflicht nach § 15a InsO im Rahmen der Feststellung der Anfechtungsvoraussetzungen zukomme sei Gegenstand eines aktuellen Verfahrens mit Entscheidungsverkündung am 03.03.2022. Zur Reichweite der Neuausrichtung wies Schoppmeyer darauf hin, dass diese nur die Vorsatzanfechtung bei kongruenten Deckungen betreffe. Von den möglichen Indizien thematisierte Schoppmeyer die Zahlungseinstellung, deren Voraussetzungen präzisiert werden müssten. Ausgegangen werden müsse hier vom „Normalfall“ einer Eigenerklärung über die finanzielle Leistungsfähigkeit. Für sich allein nicht als Indiz tauge eine lediglich drohende Zahlungsunfähigkeit.

Abrundend befasste sich Schoppmeyer mit Fragen zum Gesellschafterdarlehen und erläuterte insbesondere die Entscheidungen zur Einordnung einer Auszahlung aus einer Gewinnrücklage auf Grund eines Beschlusses der Alleingesellschafterin als darlehensgleiche Leistung (BGH NZI 2021, 980 mAnm Primozic/Ruf NZI 2021, 983) sowie zur Anfechtung bei freigewordener Gesellschaftersicherheit (BGH NZI 2022, 221 mAnm Wazlawik NZI 2022, 224).

In seinem zur Diskussion überleitenden Co-Referat warf Dr. Jürgen Spliedt zu den von Schoppmeyer adressierten Anfechtungsnormen zahlreiche noch offene Fragen auf. Er erinnerte dabei einleitend daran, dass es trotz entsprechender Normen faktisch zu Zeiten der Konkursordnung eine Anfechtung wegen Benachteiligungsvorsatz oder Unentgeltlichkeit nicht gegeben habe. Spliedt vertrat etwa die Auffassung, dass im Rahmen der Anfechtung nach § 134 InsO eine Nachbesicherung nicht mit der Tilgung einer Schuld gleichgestellt werden und als anfechtbar eingeordnet werden sollte. Er stellte die Frage, ob für den Anfechtungsgegner die Möglichkeit besteht, eine Anfechtung durch Ausgleich der Wertdifferenz zum Verkehrswert abzuwenden. Auf die Frage nach der Möglichkeit einer Teilanfechtung auch außerhalb von § 134 InsO erläuterte Schoppmeyer, dass nach seinem Verständnis ein Vorsatz anders als die Entgeltlichkeit nicht teilweise gegeben sein könne. Eine höchstrichterliche Entscheidung zu dieser Frage liege mangels bisheriger Entscheidungserheblichkeit nicht vor.

Masseverbindlichkeiten – Zivilrecht/Arbeitsrecht

VorsRiOLG Dr. Dietmar Onusseit ging zunächst auf die Grundlagen der Einordnung von Forderungen als Masseverbindlichkeiten ein. Er verwies auf die Ausschließlichkeit der neben den Aus- und Absonderungsrechten bestehenden drei Forderungskategorien (Insolvenzforderungen, Masseverbindlichkeiten sowie Forderungen gegen das freie Vermögen). Es bestehe eine Versuchung der Fachgerichtsbarkeiten, zugunsten ihrer „Klientel“ Masseverbindlichkeiten zu „finden“, § 55 InsO stelle jedoch kein Auffangbecken dar.

Aus dem Zivilrecht befasste sich Onusseit mit Ansprüchen aus Mietverhältnissen in der Insolvenz des Mieters. Er vertrat hier zunächst die grundsätzliche Auffassung, dass im Rahmen der Abgrenzung von Insolvenzforderungen und Masseverbindlichkeiten nach §§ 55 I Nr. 2, 55 II InsO sowie von Alt- und Neumasseverbindlichkeiten nach § 209 II Nr. 3 InsO eine systematische Gleichbehandlung geboten sei. Konkret gelte für den Mietzins für den Monat der Verfahrenseröffnung, dass dieser in dem Umfang Masseverbindlichkeit sei, der dem ab Verfahrenseröffnung verbleibenden Teil des Monats entspreche, im Übrigen Insolvenzforderung (BGH NZI 2021, 431). Onusseit betrachtete weiterhin den Räumungsanspruch. Anders als der Rückgabeanspruch aus § 546 I BGB, der ein Aussonderungsrecht begründe, werde der Räumungsanspruch allein unter den Voraussetzungen des § 55 InsO zur Masseverbindlichkeit und sei ansonsten als Insolvenzforderung mit dem Schätzwert zur Insolvenztabelle anzumelden. Zustimmend äußerte sich Onusseit insoweit zu der vom BGH vorgenommenen Beurteilung, dass die Entfernung einer (werthaltigen) Leichtbauhalle unter Zurücklassung des Fundaments als teilweise Erfüllung der als Insolvenzforderung bestehenden Räumungspflicht keine weitergehende Masseverbindlichkeit begründe (s. BGH NZI 2020, 995).

Zum zweiten Themenfeld Arbeitsrecht ging Onusseit insbesondere auf die Einordnung des Anspruchs auf Urlaubsgewährung in besonderen insolvenzrechtlichen Situationen ein. Äußerst kritisch betrachtete er die Einordnung des Urlaubsabgeltungsanspruchs eines während der vorläufigen Insolvenzverwaltung zunächst weiterbeschäftigten Arbeitnehmers, der dann aber noch vor Verfahrenseröffnung wirksam fristlos gekündigt hatte, in vollem Umfang als Masseverbindlichkeit (s. BAG NZI 2021, 323; nachgehend BAG BeckRS 2021, 41268). Auf die Rechtsprechungshistorie blickend stelle diese Entscheidung einen Rückfall auf die Rechtsprechung aus dem Jahr 2012 dar (vgl. BAG NZI 2013, 357 mAnm Lohmann NZI 2013, 359). Nach Darstellung der Entscheidungsgründe erläuterte Onusseit sein Verständnis, wonach der Urlaubsanspruch ausgehend von der Teilurlaubsregelung des § 5 BUrlG durchaus einzelnen Zeitabschnitten zuzuordnen sei. Schon arbeitsrechtlich sei daher von Teilbarkeit auszugehen. Wenn man ihn nicht abschnittsweise betrachte, müsse der Urlaubsanspruch insgesamt als Insolvenzforderung angesehen werden, da er gem. § 4 BUrlG am 01.01.des Jahres entstehe und damit auch iSv § 38 InsO begründet sei. Das gelte erst recht für den Urlaubsabgeltungsanspruch. In der insolvenzrechtlichen Argumentation der Entscheidung bekomme das „soweit“ in §§ 55 I Nr. 2, 55 II 2, 209 II Nr. 3 InsO die Bedeutung von „wenn“ bzw. „für den Fall“, wofür aber keine nachvollziehbare Begründung gegeben werde. In der Gesamtwertung verwies Onusseit darauf, dass erst die quotale Behandlung sämtlicher Aspekte des Urlaubsanspruchs zur Gleichbehandlung aller Gläubiger führe.

Das Ko-Referat von RiBGH Volker Sander widmete sich ergänzend der Haftung für Masseverbindlichkeiten. Im Ausgangspunkt führe die Befriedigung nach Rangfolge im Fall der Masseunzulänglichkeit nach § 209 I InsO für die Altmassegläubiger zu einer Gefährdung ihres Anspruchs, weshalb sich für diese die Frage nach alternativen und zusätzlichen Zugriffsmöglichkeiten stelle. Soweit der Gläubiger über eine Aufrechnungsposition verfüge, sei fraglich, ob die Aufrechnung über eine analoge Anwendung der an Insolvenzgläubiger gerichteten Verbote nach § 96 I Nr. 1 bis 3 InsO ausgeschlossen sei (wie von BGH NJW 1995, 2783 Rn. 49 bejaht zu § 55 Nr. 1 KO; aktuell auch für § 96 I Nr. 3 InsO von FG Nürnberg NZI 2021, 85 mAnm Meyer NZI 2021, 87). Eine weitere Befriedigungsmöglichkeit könne sich bei bestehender Nachhaftung des Schuldners ergeben. Deren Umfang sei vom BGH bislang offen gelassen worden, allerdings unter Feststellung, dass eine Haftungsbeschränkung jedenfalls für oktroyierte Masseverbindlichkeiten sowie für solche, deren Entstehung auf eine freie Entscheidung des Schuldners zurückzuführen ist, nicht in Betracht komme (vgl. BGH NZI 2021, 440 mAnm Schmidt/Glasmacher NZI 2021, 443). Zur Haftung des Gesellschafters verwies Sander schließlich auf die neue Rechtsprechung des II. und IX. Zivilsenats, wonach die persönliche Haftung des Kommanditisten nach §§ 171, 172 IV, 161 II, 128 HGB bei Insolvenz der Gesellschaft jedenfalls für solche Gesellschaftsverbindlichkeiten bestehe, die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet worden sind (NZI 2021, 494 mAnm Gehrlein NZI 2021, 501; NZI 2021, 440). Offen sei damit die Haftung für „liquidationsbedingte Verbindlichkeiten“ sowie für Verfahrenskosten (abl. jeweils BGH NZI 2009, 841 mAnm Ries NZI 2009, 844).

Geschäftsführerhaftung und Anfechtung in Corona-Insolvenzverfahren

Prof. Dr. Christoph Thole ging zunächst auf die Haftungs- und Anfechtungsregelungen des COVInsAG ein. Er wies darauf hin, dass zwar die Aussetzungsregelungen zur Insolvenzantragspflicht in ihrem zeitlichen Anwendungsbereich abgelaufen seien, auch derzeit und zukünftig vorgenommene Rechtshandlungen aber noch einem Anfechtungsschutz unterfallen könnten. Thole gab einen umfassenden und vertieften Überblick über die differenzierten Voraussetzungen der Privilegierungsregelungen in § 2 COVInsAG und erläuterte unterschiedliche Fallkonstellationen in der zeitlichen Entwicklung der Aussetzungsregelungen zwischen 1.3.2020 und 30.4.2021. Im Rahmen des Schutzes von Deckungen im Aussetzungszeitraum nach § 2 I Nr. 4 COVInsAG sei davon auszugehen, dass auch § 133 InsO ausgeschlossen werde, dies jedoch nicht im Fall von Vermögensverschiebungen. Daher komme auch insoweit der Abgrenzung von Deckung und Vermögensverschiebung Bedeutung zu (vgl. dazu BGH NZI 2021, 577 mAnm Riewe NZI 2021, 581). 

Thole erörterte anschließend weitere Fragestellungen, die sich im Zusammenhang mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie im Hinblick auf die allgemeinen Voraussetzungen der Haftungs- und Anfechtungsnormen ergeben. Im Rahmen der Feststellung der Zahlungsunfähigkeit sei dabei etwa die Nichtzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen weiterhin ein Indiz für Zahlungseinstellung (AG Ludwigshafen NZI 2021, 673). Auch Gelder aus Corona-Hilfsprogrammen gehörten grundsätzlich zur Masse, selbst wenn der Auszahlungsanspruch zweckgebunden und die Verwendung an bestimmte Auflagen gebunden war. Jegliche, auch zweckkonforme Zahlungen aus diesen Mitteln begründeten daher eine Gläubigerbenachteiligung iSv § 129 InsO (dazu Thole ZIP 2022, 97).

Angesichts der praktischen Bedeutung sowie der hierzu bereits ergangenen ersten Entscheidungen vertiefte Prof. Dr. Torsten Martini in seinem Ko-Referat die bereits von Thole angerissene Frage nach dem Schutz von Zwangsgläubigern im Rahmen des § 2 I Nr. 4 COVInsAG. Das LG Hamburg (NZI 2022, 28 mAnm Bork NZI 2022, 30) hatte hierzu einen typischen Fall zu entscheiden, in welchem nach Eigenantrag auf Eigenverwaltung und Bösgläubigmachung der Sozialversicherungsträger weiter Sozialversicherungsbeiträge gezahlt und nach Verfahrenseröffnung vom klagenden Sachwalter angefochten worden waren. Das Gericht habe eine teleologische Reduktion der den Anfechtungsgegner schützenden Norm abgelehnt, da die Antragstellung, insbesondere im Fall der Eigenverwaltung, kein Scheitern der Sanierung bedeute. Martini teilt insoweit die Auffassung von Bork, wonach dennoch eine teleologische Reduktion auf Vertragsgläubiger vorzunehmen sei (so auch Bork ZRI 2021, 1033 (1035 f.)). In einem vom Sachverhalt her vergleichbaren Fall habe demgegenüber das LG München I zur Anfechtung von Lohnzahlungen sowohl den sachlichen wie auch den persönlichen Schutzbereich des § 2 I Nr. 4 COVInsAG als nicht eröffnet angesehen. Zur Übertragbarkeit der Rechtsgrundsätze der Nr. 4 auf Nr. 5 würden unterschiedliche Auffassungen vertreten. Thole erläuterte insoweit den nach seinem Verständnis bestehenden Auslegungszusammenhang vor dem Hintergrund, dass der in Nr. 5 geregelte Fall ursprünglich ebenfalls in Nr. 4 enthalten gewesen sei (vgl. Thole ZIP 2022, 97 (105); anders in HmbKomm-InsO/Schmidt, 9. Aufl. 2022, § 2 Rn. 135; vermittelnd Klinck ZIP 2021, 541 (545), der eine Anwendung bei Stundung im vorläufigen (Eigenverwaltungs-)Verfahren verneint).

Aktuelles zum Verbraucher- und Restschuldbefreiungsrecht

Den Abschluss des Veranstaltungstages bildete das Forum zum Verbraucher- und Restschuldbefreiungsrecht. Die im Gegensatz zu den übrigen Referenten digital zugeschaltete Sylvia Wipperfürth führte dabei durch vielfältige Entscheidungen des vergangenen Jahres zum pfändbaren Einkommen und stellte die maßgeblichen Änderungen durch das Pfändungsschutzkonto-Fortentwicklungs-Gesetz vor. Sie wies auf die fehlende Berechtigung zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen den Insolvenzschuldner durch den Insolvenzverwalter hin (BGH NZI 2022, 118 mAnm Abel NZI 2022, 120) und behandelte Fragen der Freigabe im Zusammenhang mit Giroverträgen (vgl. BGH NZI 2021, 1015 mAnm Schönfelder NZI 2021, 1017). Ebenfalls betrachtet wurden aktuelle Aspekte aus dem Insolvenzsteuerrecht sowie zur Restschuldbefreiung und der Verwaltervergütung (s. etwa BGH NZI 2022, 92).

Berger entließ die Präsenz- wie Onlineteilnehmer abschließend mit dem Wunsch, viele zum 24. LIT, der traditionsgemäß am Rosenmontag, dem 20.02.2023, stattfinden wird, wieder begrüßen zu können.
 

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