Nach Art. 107a EGInsO hat die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag bis zum 30.06.2024 zu berichten, wie sich die Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahren auf drei Jahre auf das Verbraucherverhalten ausgewirkt hat. Sofern sich die Notwendigkeit gesetzgeberischer Maßnahmen ergibt, soll die Bundesregierung diese vorschlagen. Die Evaluation gibt Anlass zu der Überlegung, ob es weitere Ansatzpunkte für eine Änderung bzw. Vereinfachung des Insolvenzrechts natürlicher Personen gibt (vgl. bereits Vallender/Laroche VIA 2012, 9):
Die in § 304 InsO genannten Kriterien dafür, ob ein Schuldner dem Regel- oder dem Verbraucherinsolvenzverfahren unterfällt, sind untauglich. So ist zB nicht einleuchtend, warum eine Person, die ihre selbstständige Tätigkeit bereits eingestellt und keine Verbindlichkeiten aus dieser hat, bloß deshalb ein Fall für das Regelinsolvenzverfahren sein soll, weil 20 oder mehr Gläubiger zu verzeichnen sind. Einfacher wäre es, darauf abzustellen, ob der Schuldner zum Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung noch einer selbstständigen Tätigkeit nachgegangen ist oder nicht.
In der Verbraucherinsolvenz kann das außergerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren flexibler gestaltet werden. Vorstellbar ist ein Verzicht auf die Durchführung des Verfahren, wenn es offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat (Stichwort Nullplan) und der Schuldner eine Aussichtslosigkeitsbescheinigung einer geeigneten Person oder Stelle iSd § 305 I Nr. 1 InsO beibringt.
Im eröffneten Verfahren erscheint eine Reform der Vorschriften zur Forderungsanmeldung wünschenswert. So könnten durch eine Ausschlussfrist für die Anmeldung, etwa nach dem Vorbild des § 14 I GesO, nachträgliche Prüfungstermine weitgehend vermieden werden. Unbefriedigend ist auch die Rechtslage betreffend schuldnerseitig bestrittene ausgenommene Forderungen iSd § 302 InsO. Wird der Gläubiger nicht tätig, entsteht ein Schwebezustand mit Rechtsunsicherheit für den Schuldner. Gesetzgeberisch könnte Abhilfe geschaffen werden, indem dem Gläubiger eine Ausschlussfrist gesetzt wird, den Ausnahmetatbestand gerichtlich feststellen zu lassen.
In zunächst masselosen Verfahren ist es denkbar, gänzlich auf Forderungsanmeldungen und -prüfungen zu verzichten. Stellt sich im späteren Verlauf des Verfahrens heraus, dass sich doch eine verteilungsfähige Masse ergibt, kann der Insolvenzverwalter das Gericht informieren und die Anberaumung eines Prüfungstermins beantragen, der im Insolvenzportal bekanntgemacht wird, verbunden mit einer Aufforderung an die Gläubiger, ihre Forderungen nun anzumelden. Mit der Zustellung eines entsprechenden Beschlusses kann auch der Verwalter beauftragt werden.
Unübersichtlich und überholt erscheint zudem die aktuelle Systematik der Versagungsgründe. Hier bietet sich eine Zusammenfassung der §§ 290, 295, 296 InsO zu einem einheitlichen Versagungskatalog an.
Man darf gespannt sein, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Gesetzgeber die anstehende Evaluation zum Anlass zu weiteren Arbeiten an der viel zitierten Dauerbaustelle nimmt.