Prof. Dr. Heinz Vallender, Erftstadt
Inzwischen ist das eingetroffen, was von vielen Experten bereits seit Langem prognostiziert worden war. Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen ist im Jahre 2023 dramatisch angestiegen.
Der Verband der Vereine Creditreform nennt in seinem Bericht vom 04.12.2023 einen Anstieg von 23,5%. Hatten die Gerichte 2022 noch 14.660 Verfahren zu bearbeiten, waren es ein Jahr später bereits 18.100. Wirft man einen Blick auf die großen Unternehmensinsolvenzen des vergangenen Jahres, fällt auf, dass sich unter den fünf mitarbeiterstärksten Betrieben drei Krankenhausbetriebe mit ca. 9.600 Mitarbeitern befinden. Diese Zahl ist alarmierend, denn es geht dabei nicht nur um hohe Gläubigerschäden, sondern neben wirtschaftlichen und sozialen Problemen von entlassenen oder freigestellten Mitarbeitern auch um die Sicherstellung der Versorgung von Patienten. Laut einer Umfrage von Business Insider Deutschland aus Dezember 2023 drohen in diesem Jahr so viele Klinik - Insolvenzen wie noch nie. Vor allem die Schieflage zwischen steigenden Kosten, aber gleichbleibenden Preisen führt nach Angaben der Deutschen Krankenhausgesellschaft vermehrt zu Insolvenzen und Schließungen.
Besonders problematisch gestaltet sich die Abwicklung einer Krankenhausinsolvenz, wenn der Betrieb eingestellt werden muss, weil sich angesichts explorierender Kosten im Krankenhauswesen kein Investor findet. Im Falle der Masselosigkeit muss der Insolvenzverwalter nicht nur um eine angemessene Vergütung bangen, sondern sieht sich nach Beendigung des Verfahrens insbesondere mit dem Problem der Aufbewahrung von Patientenakten konfrontiert. Geld für die sichere Aufbewahrung der Unterlagen ist nicht vorhanden, der Schuldner ist regelmäßig nicht bereit, die Akten in Verwahrung zu nehmen und für Ordnungsbehörden und den zuständigen Datenschutzbeauftragten, dessen Aufgabe die Wahrung des Rechts der informationellen Selbstbestimmung der Patienten ist, liegt es nahe, bei etwaiger „Herrenlosigkeit“ der Akten den Insolvenzverwalter heranzuziehen. Für einen Ausweg aus dieser Misere haben einige Bundesländer zwar insoweit gesorgt, als sie die Ärztekammern zur Aufbewahrung der Akten verpflichten. Fehlt es indes an einer entsprechenden gesetzlichen Grundlage, sieht sich der Insolvenzverwalter unter Umständen mit Ordnungsverfügungen und Bußgeldern konfrontiert.
Dabei hätten die politischen Entscheidungsträger bereits vor vielen Jahren, als sich erste Anzeichen einer Krankenhauskrise zeigten, um eine flächendeckende Lösung bemühen können. An Warnrufen hat es nicht gefehlt. So hatte der Autor dieser Zeilen 2013 in einem Beitrag in dieser Zeitschrift auf die besonderen Schwierigkeiten bei der Aufbewahrung von Patientenunterlagen hingewiesen und eine Versicherungspflicht des Krankenausträgers angeregt. Nunmehr zeigt sich das Problem angesichts weiterer drohender Krankenhausschließungen in aller Schärfe. Es geht nicht an, den Insolvenzverwalter mit den sich aus der Aufbewahrungspflicht ergebenden Problemen allein zu lassen. Rechtlich oder tatsächlich Unmögliches kann von ihm nicht verlangt werden. Es besteht dringender Handlungsbedarf.