RAin Dr. Anne Deike Riewe, München
Während dieser Text entsteht, verbreitet sich die Nachricht vom Tode Alexej Nawalnys. An vielen Stellen in Deutschland finden Demonstrationen für Vielfalt und Zusammenhalt statt. Im Gaza-Streifen verschärft sich die humanitäre Situation. Donald Trump stellt den Beistand in der Nato in Frage, wenn ein Krieg inmitten Europas wütet.
Kann man in solchen Zeiten seine Aufmerksamkeit dem Berufsrecht für Insolvenzverwalter in Deutschland widmen? Ja, auch. Denn Freiheit und Demokratie, für die in anderen Teilen der Welt blutig gekämpft wird und die wir auch mitten in Europa nicht für selbstverständlich nehmen dürfen, findet ihren Ausdruck gerade darin, wie wir ganz viele Fragen unseres Zusammenlebens gestalten. Mit Blick auf die Gesetzgebung fängt die Gestaltungsfreiheit bei der Frage an, ob wir eine neue Regelung benötigen. Schon darüber und erst recht über deren Inhalt können wir geteilter Auffassung sein und dürfen kontrovers diskutieren. In dieser Phase ist vermeintliche Alternativlosigkeit ein schlechtes Argument und Offenheit für unterschiedliche Perspektiven gefragt. Je wichtiger und je weniger drängend das Problem, desto mehr Zeit können wir der Diskussion einräumen.
Zur Demokratie gehört dann aber auch die Entscheidung und der Abschluss des Diskussionsprozesses. Und die Akzeptanz des beschlossenen Ergebnisses. Nein, ich muss nicht alles gut finden. Aber auch dann damit leben, wenn es für meine Position keine Mehrheit gegeben hat. Und ich kann dann überlegen, wie wichtig genau dieses Thema ist und ob es wert ist, eine neue Diskussionsphase anzustoßen, oder stattdessen Zeit, anderen Themen Raum zu widmen, in der öffentlichen Diskussion, im Parlament, aber auch in den Gesprächen und Auseinandersetzungen, die jeder individuell führt.
Ganz persönlich meine ich: Zumindest auf Verbandsebene wird schon seit Jahren über eine weitere Ausgestaltung der in der Insolvenzordnung sehr knapp gehaltenen rechtlichen Grundlage der grundsätzlichen Betätigung als Insolvenzverwalter gesprochen. Greifen wir diese Diskussion nun noch einmal auf, werden wir konkret und lassen wir praktische Erfahrungen und Erwartungen einfließen. Und so eine Lösung finden, die in der Umsetzung handhabbar ist und einen Mehrwert bringt. Damit Experten für wirtschaftliche Krisensituationen dann noch besser ihre Aufgaben bewältigen können. Denn ja, uns stellen sich viele wirtschaftliche und gesellschaftliche Herausforderungen. Aber im Zweifel gelingt deren Lösung nicht in einem großen Wurf, sondern durch viele konstruktive Bausteinchen.